Eishockey:Smartes Raubein

30 11 2016 Eishockey Saison 2016 2017 DEL Training Neuverpflichtung Thomas Sabo Ice Tige

539 Einsätze in der NHL, 125 Tore, 300 Kämpfe, die meisten davon gewonnen: Brandon Prust.

(Foto: Zink/imago)

Brandon Prust schreckt auf dem Eis vor keinem Kampf zurück - mit seiner Härte will er die Nürnberg Ice Tigers zum Titel führen.

Von Christian Bernhard

"Der Moment, in dem die Handschuhe fallen, lässt alles andere langsam verklingen. Du hörst die Fans nicht mehr. Du hörst den Schiedsrichter nicht mehr. Da ist nur noch Stille." Brandon Prust weiß, wovon er spricht. Der 32-jährige Eishockey-Angreifer hat in seiner Profikarriere mehr als 300 Faustkämpfe auf dem Eis bestritten. Die meisten davon hat er gewonnen.

Wer sich Prust, der am Freitag im Heimspiel gegen den ERC Ingolstadt (19.30 Uhr) sein Debüt für die Nürnberg Ice Tigers in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) feiern wird, nun als Kampfmaschine auf Kufen vorstellt, liegt gewaltig daneben. Prust ist "nur" 1,82 Meter groß, er ist modebewusst und smart. Abseits des Eises.

Auf die Beschreibung von Nürnbergs Sportdirektor Martin Jiranek hin, Prust sei ein "Hybrid aus Brandon Segal (aktueller Ice-Tigers-Angreifer, Anm. d. Red.) und Colin Fraser", der in der vergangenen Saison die Gegner mit seiner harten, unangenehmen Spielweise aus dem Konzept gebracht hatte, Nürnberg aber schon im November 2015 aus privaten Gründen wieder verlassen hatte, schaltete sich jener Fraser via Twitter ein und betonte, Prust sei "deutlich härter als ich". Prust habe ihn zweimal zu einem Kampf aufgefordert, erzählte Fraser, seine Antwort lautete: "No thanks!" Nein danke.

"In der DEL brauchst du Männer. Prust ist ein Mann."

Prust sagt über sich selbst, er sei ein emotionaler Spieler, seine Emotionen hätten ihn überhaupt erst in die NHL gebracht. Sätze wie diese führen direkt zu Steve Pinizzotto. Auch der 32-jährige Kanadier kam vor etwas mehr als einem Jahr mit dem Raubein-Stempel aus Übersee in die DEL. Seinen Ruf bestätigte er in München, innerhalb weniger Monate etablierte er sich als gefürchtetster Spieler der DEL. Doch Pinizzotto ist mehr als nur ein Kämpfer, er war Münchens bester Playoff-Scorer auf dem Weg zur Meisterschaft. "Pinizzotto war ein großer Grund dafür, dass München letzte Saison den Titel geholt hat", sagte Nürnbergs Trainer Rob Wilson.

Wie bei Pinizzotto in München weisen auch die Nürnberger Verantwortlichen vehement darauf hin, dass Prust mehr als nur ein Schläger sei. Noch bevor die Verpflichtung in trockenen Tüchern war, hatte Jiranek erklärt, Prust sei "nicht nur ein Kämpfer", sondern "auch ein guter Schlittschuhläufer und sehr stark in Unterzahl". Anders als Pinizzotto, der es nur auf 37 NHL-Spiele gebracht hat, setzte sich Prust in der NHL zudem durch: 539 Einsätze und 125 Scorerpunkte in der besten Liga der Welt können sich sehen lassen. Eishockey-Trainer lieben Spieler mit solchen Eigenschaften. "In den Playoffs brauchst du Männer. Prust ist ein Mann. Er hat Titel gewonnen und NHL-Finalserien bestritten", sagte Wilson den Nürnberger Nachrichten.

Auf die Frage, worauf er sich in Nürnberg am meisten freue, antwortete Prust: "Teil von etwas zu sein." Der Angreifer erzählte, dass er dieses Gefühl über ein Jahr lang nicht mehr hatte - weder in Vancouver, noch zuletzt in Toronto, wo er nur mittrainierte. Wie wichtig er als "Teil von etwas" sein kann, hat er im Jahr 2010 gezeigt, als er während der Saison zu den New York Rangers gewechselt war. Deren damaliger Trainer John Tortorella erzählte hinterher, er habe zu diesem Zeitpunkt "so gut wie nichts" über Prust gewusst, außer dass er ein harter Spieler mit Hang zum Kämpfen sei. Dennoch sei Prusts Verpflichtung ein "großartiger Deal für uns" gewesen, sagte Tortorella, "denn als er kam, hat er unsere Kabine mit seiner Persönlichkeit verändert". Den Rangers, die damals Spielergrößen wie Henrik Lundqvist und Chris Drury im Kader hatten, habe zu jenem Zeitpunkt in Sachen Charakter etwas gefehlt - "und er hat es uns gegeben."

Jetzt kommt Prust in eine gut funktionierende, auf Rang zwei liegende Mannschaft. "Ich werde versuchen, der Mannschaft zu helfen, ihr großes Ziel zu erreichen: den Titelgewinn", sagte er. "Wenn du in den Playoffs weit kommen willst, brauchst du diese Körperpräsenz, diese harten Nüsse", betonte Jiranek. Gut möglich, dass Prust zur härtesten aller DEL-Nüsse wird.

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