Putin und die Eishockey-WM:Nehmt ihm den Lutscher weg!

Putin und die Eishockey-WM: Biedermann und Brandstifter: Russlands Präsident Wladimir Putin (rechts) und sein weißrussischer Amtskollege Alexander Lukaschenko im Februar 2020 bei einem Eishockey-Freundschaftsspiel.

Biedermann und Brandstifter: Russlands Präsident Wladimir Putin (rechts) und sein weißrussischer Amtskollege Alexander Lukaschenko im Februar 2020 bei einem Eishockey-Freundschaftsspiel.

(Foto: Mikhail Metzel/Itar-Tass/Imago)

Eine Eishockey-WM ohne Russland? Richtig so. Sportverbände werden Wladimir Putin zwar nicht zur Umkehr bewegen - aber sie können Zeichen setzen.

Kommentar von Johannes Schnitzler

Man kann sich das vielleicht so vorstellen: Ein Kleinkind hockt mit einem großen, bunten Lutscher in der Hand auf dem Boden - in der anderen Hand hält es einen Flammenwerfer. Jedem Feuerstoß schickt es ein Glucksen hinterher, fasziniert davon, wie schön das faucht und zischt. Um das Schlimmste zu verhindern, dass der Kleine das ganze Haus abfackelt, eilen nun die Erwachsenen herbei - und nehmen dem Kind den Lutscher weg.

Grotesk? Sicher. Aber gar nicht so surreal wie die Vorstellung vom Kind mit dem Flammenwerfer in der Hand. Man muss dem Kind nur den Namen Wladimir geben. Der Lutscher ist Eishockey.

Russlands Präsident Wladimir Putin, 69, und sein Verbündeter, der belarussische Diktator Alexander Lukaschenko, 67, sind die obersten Eishockey-Fans in ihren eishockeyverrückten Staaten. Wann immer sie konferieren, verabreden sie sich zu einem Spielchen, als wären sie zwei ganz normale berufstätige Biedermänner, die sich abends bei den Alten Herren die von der Vorstandsarbeit müden Knochen ausschütteln.

Die WM 2022 ist gelaufen. Ob das Turnier 2023 in Sankt Petersburg stattfinden kann, ist noch offen

Die Bilder sehen immer gleich aus: Wenn der Präsident am Puck ist, treten die Gegenspieler dezent zur Seite. Zuletzt ergab sich die Gelegenheit im Dezember, Putin traf sieben Mal, und, ach ja, man plane im neuen Jahr ein gemeinsames Militärmanöver. Vergangene Woche überfielen Putins Truppen dann die Ukraine. Zum Angriff formiert hatten sie sich auch in belarussischen Aufmarschgebieten.

Nun hat sich die Eishockey-Welt dazu entschlossen, nicht mehr zur Seite zu treten und wegzusehen: Alle russischen und belarussischen Mannschaften sind "bis auf Weiteres" von internationalen Wettkämpfen ausgeschlossen, erklärte der Weltverband IIHF. Bei der WM im Mai in Finnland ist die Tür für den Rekordchampion zu, ob die WM 2023 daheim in Sankt Petersburg stattfinden kann, ist offen. Das lettische Team aus Riga erklärte seinen Rückzug aus der russisch verwalteten Profiliga KHL, der deutsche Zweitligist Frankfurt - hin- und hergerissen zwischen Aufstiegsambition und moralischer Integrität - kündigte das Sponsoring durch die russische Staatsbank VTB.

Symbolpolitik, sicher. Sportverbände werden Putin nicht zur Umkehr bewegen. Aber wer Nachbarn grundlos mit Feuer überzieht, soll nicht noch am Lutscher lecken dürfen. Die Hoffnung ist, dass jeder noch so kleine Nadelstich helfen kann, den Brennstoffschlauch zu perforieren, mit dem der kleine Wolodja gerade das europäische Haus in Brand setzt.

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