Eishockey-Nationalspieler Dominik Kahun:Erst Olympia-Silber, nun NHL

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Hat das Interesse der NHL-Klubs geweckt: Münchens Stürmer Dominik Kahun. (Foto: David W. Cerny/Reuters)
  • Münchens Stürmer Dominik Kahun, 22, steht vor dem Sprung in die NHL, die beste Eishockey-Liga der Welt.
  • Für das deutsche Eishockey wäre der Wechsel eine Auszeichnung: Junge Spieler empfehlen sich in der DEL höchst selten für NHL-Klubs.
  • Beim EHC München steht Kahuns Reihe stellvertretend für das schnelle und dominante Spiel des Meisters.

Von Christian Bernhard, München

Kurz vor dem Start der Playoffs öffnete der EHC Red Bull München die Türen zu seiner Umkleidekabine. 30 Minuten lang durften die Pressevertreter von Spielerspind zu Spielerspind rutschen und mit jedem Profi des Meisters der Deutschen Eishockey Liga (DEL) plaudern. Open Locker Room heißt dieses Prozedere in Nordamerika, offene Umkleidekabine.

Einer der gefragtesten Gesprächspartner war Dominik Kahun - und der 22-Jährige gewährte dabei Einblicke in sein Profi-Leben. "Mein Anspruch ist es, jeden Tag hier reinzukommen und der Beste zu sein", erzählte der Stürmer. Er habe hohe Erwartungen an sich selbst und sei selten zufrieden, damit mache er es sich nicht immer leicht. Aber: "Ich will allen zeigen, dass ich der Beste sein kann. Tag für Tag."

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Diesem Ziel ist Kahun ziemlich nahe gekommen. Der Nationalspieler, der mit dem EHC am Donnerstag in die Halbfinalserie gegen die Adler Mannheim startet, hat sich so stark entwickelt, dass für ihn offene Umkleidekabinen bald schon zum Alltag gehören dürften - in Nordamerika werden die Türen nämlich nach jedem Spiel für die Presse geöffnet. Anscheinend hat sich Kahun mit seinen beeindruckenden Leistungen in Pyeongchang, die mit der olympischen Silbermedaille belohnt wurden, eine Zukunft in der NHL gesichert. Sein früheres Pech ist dabei sein heutiges Glück: Kahun war bereits als 17-Jähriger für zwei Jahre nach Übersee gegangen, aufgrund seiner schmächtigen Statur nahmen die NHL-Klubs damals aber Abstand davon, sich frühzeitig die Transferrechte an ihm zu sichern. Dadurch konnte er jetzt frei mit allen interessierten Teams verhandeln. Zehn an der Zahl sollen Interesse gezeigt haben, das Rennen haben anscheinend die Chicago Blackhawks gemacht.

Ein Zweijahresvertrag sei bereits ausgehandelt, heißt es, offiziell kann der Vertrag aufgrund eines Abkommens zwischen der NHL und dem Eishockey-Weltverband IIHF erst nach der Saison unterschrieben werden. Den Segen seines Nationaltrainers hat Kahun dagegen schon. "Ich bin mir sicher, dass er es in der NHL packen würde", sagte Marco Sturm der Hamburger Morgenpost. Der Stürmer habe dieses Jahr einen enormen Schritt gemacht, er sei viel stabiler und reifer geworden. Für Franz Reindl, den Präsidenten des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB), ist Kahun sogar "ein Weltklassespieler, der in jeder Liga spielen kann".

Für das deutsche Eishockey wäre Kahuns Wechsel in die beste Liga der Welt eine Auszeichnung. Normalerweise werden NHL-Geschichten in der DEL ja rückwärtsgewandt erzählt, sie handeln meist von Spielern höheren Alters, die zum Ende der Karriere nach Deutschland wechseln. Der umgekehrte Weg gelingt höchst selten.

Noch liegt Kahuns Fokus aber auf München. "Wir wollen den dritten Meistertitel in Folge. Das wäre etwas ganz Besonderes", sagt er. Wie wichtig er dafür ist, zeigte der gebürtige Tscheche im Viertelfinale gegen Bremerhaven. Kahun bildete zusammen mit Silber-Kollege Frank Mauer und dem Dänen Mads Christensen die gefährlichste Angriffsreihe des Meisters. Acht Tore spielte das Trio, das bereits in den letztjährigen Playoffs über das Eis gewirbelt war, heraus - zusammen verbuchte es in fünf Spielen beeindruckende 21 Scorerpunkte. "Wir drei verstehen uns blind", sagt Mauer, der Kahun umfassende Fähigkeiten bescheinigt: "Es gibt nichts, was ihm fehlt."

Die Kahun-Formation steht stellvertretend für das schnelle und dominante Spiel, das Trainer Don Jackson seiner Mannschaft eingeimpft hat. "Wir wollen die Scheibe, wir wollen das Spiel machen. Wir wollen aggressiv sein", betont Mauer. Mannheims Trainer Bill Stewart findet: "Wenn München spielt, schläfst du nie ein." Das Problem der Gegner: Es reicht nicht, die Kahun-Reihe auszuschalten.

"Wenn die eine Angriffsreihe nicht so dominant auftritt, springt halt die nächste Reihe ein", sagt Bremerhavens Thomas Popiesch, der vor dem Playoff-Start zum Trainer des Jahres gekürt wurde, über die Münchner. "Man muss sich auf die ganze Mannschaft konzentrieren." Dank des höchsten Etats der Liga leistet sich der EHC eine besonders im Sturm prominent besetzte Mannschaft. "Unsere Stärke ist die Tiefe im Kader", sagt Nationalspieler Patrick Hager. "Wir haben vier Reihen, die unglaubliches Tempo gehen können."

Für Kahun wird die Serie gegen Mannheim auf jeden Fall eine besondere. Er war als 13-Jähriger in die Mannheimer Adler-Jugend gekommen und spielte dort lange Zeit zusammen mit dem gleichaltrigen Leon Draisaitl. Als sein Kumpel, der seit 2014 in der NHL spielt, im vergangenen August einen mit 68 Millionen Dollar dotierten Achtjahresvertrag bei den Edmonton Oilers unterschrieb, gratulierte ihm Kahun zu diesem "Mega-Kontrakt". Das sei "super für ihn und super für das deutsche Eishockey", sagte der EHC-Spieler, der als Kind oft mit einem Eishockey-Helm ins Bett ging. Super für Kahun wäre es, als dreimaliger deutscher Meister in der NHL aufzukreuzen.

© SZ vom 29.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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