Der Schaden war angerichtet, und so schwärmten die Reparaturtrupps aus, um zu glätten, was zu glätten war – die einen mit Schneeschaufel und Feuerlöscher, die anderen mit Worten. Das 2:6 der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft gegen die Slowakei beim Deutschland Cup in Landshut hatte ein paar tiefe Schrammen hinterlassen, auf dem Eis und auch im Selbstverständnis der Spieler. „Wir waren nicht gut genug, in sämtlichen Bereichen“, sagte Stürmer Lean Bergmann: „Um ehrlich zu sein, hat mich das an Olympia erinnert.“ Bei den Spielen 2022 in Peking hatte die deutsche Mannschaft 0:4 gegen die Slowakei verloren und war als Silbermedaillengewinner von 2018 schon vor dem Viertelfinale ausgeschieden. Am Samstag nun waren die Slowaken „einfach schneller, giftiger“. Bundestrainer Harold Kreis teilte Bergmanns Urteil: „Sie waren einen Tick aggressiver als wir, läuferisch und auch körperlich.“
Zwei Tage nach dem 5:6 gegen Dänemark war damit schon vor dem abschließenden 6:0 am Sonntag gegen Österreich klar, dass die deutschen Männer ihr Ziel, das Heimturnier zum vierten Mal in Serie zu gewinnen, nicht erreichen würden. Ohne NHL-Profis und ohne die meisten Spieler der Champions-League-Teilnehmer aus Berlin, Bremerhaven und Straubing offenbarte die Nationalmannschaft vor allem defensiv große Defizite. „Wir spielen manchmal zu verschnörkelt“, sagte Kapitän Patrick Hager. „Wir hätten etwas mehr Gummi Richtung Tor schießen müssen“, sagte Kreis.
Das Spiel gegen die Slowakei hatte holperig begonnen. Schon nach 44 Sekunden musste die Partie unterbrochen werden, weil sich an mehreren Stellen tiefe Furchen im Eis gebildet hatten. Exakt eine Stunde dauerte es, bis die Eismeister die Spielfläche neu bereitet hatten, mit Maurerkellen, um Schneematsch in die tiefsten Löcher zu klatschen, und CO₂-Löschern zu deren Vereisung. Selbst die Schiedsrichter beteiligten sich an den Spachtelarbeiten. Zwischendurch stand sogar der Spielabbruch zur Diskussion. Nach einer Beratung mit den Kapitänen der beiden Mannschaften und torlosen ersten 60 Minuten konnte die Partie schließlich fortgesetzt werden. Für das DEB-Team sollte es ein rumpeliger Abend bleiben.
„Wir haben ein paar ungünstige Gegentore bekommen, denen wir nachlaufen mussten“, sagte Kreis. Das galt noch viel mehr für das Auftaktspiel gegen die Dänen, in dem Andreas Eder unbedrängt seinen eigenen Torhüter zum 0:1 überwunden hatte. Ein Fauxpas, der ein Team knicken kann. Aber zwölf Gegentore in zwei Spielen sind nicht allein auf Pech zurückzuführen. „Wir müssen lernen, dass man auf dem Level relativ wenig Zeit hat“, sagte Kapitän Hager, „und geradliniger spielen“. So wie beim finalen 6:0 gegen Österreich, in dem die DEB-Auswahl Härte, Tempo und Zielstrebigkeit zu einem überzeugenden Ganzen bündelte. „Das Turnier ist nicht so gelaufen, wie wir uns das vorgestellt hatten“, gab Bundestrainer Kreis zu, „aber es geht gut zu Ende. Die Reaktion heute hat uns sehr gefallen.“
„Das Gifthaferl kommt immer noch manchmal raus. Wenn es rumpelt, bin ich mit dabei.“
Der Münchner Hager, der erstmals seit Olympia 2022 wieder für das DEB-Team auflief, ist ein Spezialist darin, Scharten auszuwetzen. Gegen Dänemark erzielte er auf den Knien rutschend einen Treffer der Kategorie dreckiges Tor. „Unterschreibe ich. Reingearbeitet. Bissl Glück war auch dabei“, sagte Hager. Gegen die Slowakei führte der 36-Jährige dann als Mittelstürmer eine Reihe mit dem Debütanten Markus Schweiger und dem international noch recht unerfahrenen Philipp Krauß an. „Ich kann von erster Reihe offensiv bis vierte Reihe Shutdown alle Rollen spielen, das bringt eine gewisse Flexibilität, die nicht alle Spieler mitbringen“, sagt Hager. Deswegen holte ihn Kreis, seit Januar 2023 Bundestrainer, für dieses Turnier zurück – und um ihn erstmals in der Kabine zu erleben. Hager sei ein „Führungsspieler und Vorbild“, sagt Kreis, ein Spieler mit der Erfahrung von mehr als 150 Länderspielen. Aber auch ein Spieler, dem ein Ruf vorauseilt.
„Es zeichnet mich aus, dass ich dahin gehe, wo es weh tut“, sagt Hager. Früher habe er dabei oft Grenzen überschritten, „weil ich zu aggressiv war, weil ich mich selbst zu hoch geschossen habe, weil ich zu viel wollte“. In Landshut präsentierte er sich als umsichtiger Anführer. „Das Gifthaferl kommt immer noch manchmal raus. Wenn es rumpelt, bin ich mit dabei. Der Unterschied ist, dass ich gelernt habe, gewisse Emotionen zu kontrollieren.“
Das rüde Foul von Lean Bergmann im Spiel gegen Dänemark, für das der Berliner vorzeitig vom Eis musste, hätte ihm „in jüngeren Jahren auch passieren können“, sagt Hager. Zu seiner Verteidigung sagte Bergmann, sein Gegner habe im Moment der Attacke „eine Körperspannung wie eine gekochte Nudel“ gehabt, er gab aber zu, dass er selbst wohl „etwas übermotiviert“ war. Genau um diesen Lernprozess gehe es, sagt Hager. „Wenn du es nicht schaffst, konstant wie ein Roboter dein Ding durchzuspielen, hast du diese Ausschläge.“ Als Spieler wie als Mannschaft.
Hager weiß, wovon er spricht, seit seinem Debüt 2008 hat er alle Höhen und Tiefen mit dem DEB-Team durchlaufen: den sportlichen Abstieg bei der WM 2009, der nur deshalb zur Bewährung ausgesetzt wurde, weil Deutschland im Jahr darauf Ausrichter der Weltmeisterschaft war (und dort ins Halbfinale einzog); zweistellige Niederlagen in den Jahren danach; die verpasste Olympia-Qualifikation 2014; und den Aufschwung seit 2015 mit der Silbermedaille 2018 in Pyeongchang als Höhepunkt, als er bester Scorer des deutschen Teams war. „Ich hatte das Glück, in meiner Karriere unglaubliche Momente erleben zu dürfen. Jetzt bin ich in einer Phase: Ein paar Jahre sind noch drin, aber wahrscheinlich nicht mehr viele.“ Die Vorstellung, nach zwei Turnieren in Fernost noch einmal bei Olympia antreten zu können, 2026 in Mailand, „vor der Haustür“ und mit allen NHL-Profis, im Alter von dann bald 38 Jahren Teil der wahrscheinlich besten deutschen Mannschaft der Geschichte zu sein, mit Spielern wie Leon Draisaitl, JJ Peterka oder Tim Stützle mit ihrer „extremen Extraklasse“, das sei ein Traum. „Die Herausforderung ist, einen Slot zu finden, in dem du unverzichtbar bist.“ Aber irgendwo ist schließlich immer ein Loch zu stopfen.