Eishockey:Mehr Licht

Eishockey DEL2 13. Spieltag im Städtischen Kunsteisstadion in Bayreuth Saison 2019-2020 Bayreuth Tigers gegen EV Landsh

Rangelei auf Eis: Am Sonntag ging der EV Landshut (im Bild rutscht Max Brandl im weißen Trikot vor Bayreuths Torwart Timo Herden) seiner in dieser Saison bislang häufigsten Beschäftigung nach – er spielte auswärts.

(Foto: Peter Kolb/imago)

Weil zunächst die Halle ein neues Dach erhalten musste, hat der EV Landshut in der DEL2 sein erstes Heimspiel mit fünf Wochen Verspätung erlebt. Jetzt ist muss er eifrig Partien nachholen.

Von Johannes Kirchmeier

Als sie sich am Freitag im Landshuter Eisstadion am Gutenbergweg umschauten, da waren fast alle überrascht. "So hell?", fragten die Menschen ihre Nebenleute. Derart illuminiert hatten sie einen Eishockey-Abend nicht in Erinnerung - aber es hat sich in den 173 Tagen zuvor eben einiges verändert in ihrem Wochenend-Wohnzimmer. Mit fünf Wochen Verspätung startete der Aufsteiger EV Landshut in der zweithöchsten deutschen Eishockey-Liga DEL2 am Freitag in sein erstes Heimspiel, weil der Stadionbetreiber, die Stadt Landshut, über den Sommer ein neues Dach samt LED-Leuchten auf die Halle gesetzt hatte. Die Spielbilder flimmerten vom neuen Videowürfel. Als das Spiel begann, roch es noch nach Baustellenstaub. Am Hallenende vor dem Vip-Raum stand noch ein Bau-Container.

Die prägenden Spieler Landshuts waren einst Alois Schloder und Erich Kühnhackl

An die Umstände und das Licht haben sich die Landshuter aber schnell gewöhnt, ihr Testlauf nach einer Vorbereitung und fünf DEL2-Wochenenden ohne Heimspiel ist geglückt. "Tor", hallte es knapp vier Stunden nach dem Einlass durchs Stadion, Robbie Czarnik traf sechs Sekunden vor dem Spielende zum umjubelten 4:4, am Ende verlor der EVL das erste DEL2-Heimspiel nach vier Oberliga-Jahren 4:5 nach Penaltyschießen gegen die Eispiraten Crimmitschau. Nach dem folgenden 2:3 am Sonntag in Bayreuth, bei dem Verteidiger Josh McFadden einen Kreuzbandriss erlitt, weswegen er wohl ein halbes Jahr ausfallen wird, steht an diesem Dienstag der zweite Heim-Auftritt gegen die Lausitzer Füchse an. "Gänsehaut pur", hat der EVL-Trainer Axel Kammerer bei der Premiere verspürt.

"Es ist ein Privileg, vor diesem großartigen Publikum zu spielen." Auch ohne Heimspiel haben sich seine Landshuter ganz gut akklimatisiert in der neuen Liga, in fünf von acht Spielen gepunktet. Vor der Saison hatte Kammerer etwas Sorge, dass sich die Euphorie beim Aufsteiger verflüchtigen könnte, wenn er wochenlang nur Auswärtsspiele bestreitet, und ob der ausgefallenen Heimspiele wohl auch auf dem letzten Tabellenplatz der neuen Liga steht. Doch statt der Euphorie verflogen die Sorgen, als sich Kammerer umschaute in der Halle. Zum Song "Feuer frei" der Band Rammstein liefen seine Spieler aufs Eis - sofort war es laut, 4203 Zuschauer feuerten die Landshuter in der fast vollen Arena an. Eine Zahl im Übrigen, die auch die mancher Erstligisten schlägt. Als sie der Stadionsprecher verkündete, sangen die Fans: "Der EVL ist wieder da!" Mit vier bzw. fünf weniger absolvierten Spielen als der Rest ist er derzeit Letzter, aber als 14. auch nur einen Sieg vom Elften weg.

Das Spiel am Freitag ging nicht so los, wie es sich die Zuschauer wohl erhofft hatten mit ihrem "Auf geht's, Landshut, schieß' ein Tor." Auf dem Eis waren zunächst mehr Hakeleien als schöne Spielzüge zu sehen - und dann führte auch noch das Gästeteam 2:0. Die Erlösung kam erst im zweiten Drittel, als Tadas Kumeliauskas und Robbie Czarnik per Doppelschlag ausglichen - und es in der Halle richtig laut wurde. "Tor für den Eislaufverein...", schrie der Stadionsprecher. "Landshut!", antworteten die Fans. Das war wieder ihr EVL! "Der Meister von 1970 und 1983", wie der Sprecher vor der Partie gleich zweimal ins dann knarzende Mikrofon brüllte - vielleicht war auch der Ton für die neuen Lautsprecher am Dach noch nicht ganz genau ausgepegelt.

Man merkte den Zuschauern an, was ihnen ihr EVL bedeutet. Da bevölkerten nicht nur eine Masse an Menschen oder Stadiontouristen wie andernorts die Halle, während im Hintergrund der "Hockey Song" von Stompin' Tom Connors lief, sondern leidenschaftliche Fans. In Rot und Weiß, den Farben der Stadtflagge. Sie sind halt eishockeyverrückt, die Niederbayern.

Die prägenden Figuren bei den deutschen Meisterschaften waren Alois Schloder und natürlich der deutsche Eishockeyspieler des Jahrhunderts: Erich Kühnhackl. Heute sind sie Nachbarn in der Bezirkshauptstadt, die Grenze ihrer Grundstücke verläuft durch einen gemeinsamen Pool. Kühnhackl feierte am Tag vor der Wiedereröffnung des Stadions seinen 69. Geburtstag. Recht viel besser hätte der Spieltagsplaner der DEL2 die Ansetzung nur noch hinbekommen können, wenn er als Gegner nicht die Eispiraten Crimmitschau eingeladen hätte - sondern die Erzrivalen Straubing Tigers oder Eisbären Regensburg. Aber gut, das konnte man ihm nicht vorwerfen. Die Tiger spielen eine Etage höher, die Eisbären eine tiefer.

Die Landshuter haben immer noch eine der besten Nachwuchsschulen Deutschlands

Anders als die Straubinger haben die Landshuter immer noch eine der besten Nachwuchsschulen Deutschlands, was sie am Freitag zeigten. Ihre junge Mannschaft flitzte übers Eis und schaffte das 3:2 durch den hoch talentierten Alexander Ehl. Ehe sie das Spiel gegen die Gäste noch aus der Hand gab. "Es ist schon ärgerlich, wenn man das dann nicht nach Hause bringt", fand Kammerer. "Wir machen noch zu viele leichte Fehler, die müssen wir abstellen."

Die härteste Prüfung steht ihm und den Eishockey-Fans noch bevor. Dieser Sommer war ja nur der Anfang, bis 2022 soll das gesamte Stadion für etwa 22 Millionen Euro saniert werden. In der kommenden Saison wird es dabei zu mehr Einschränkungen kommen. Dann wird auch ein Teil der 60 Meter langen, stimmungsvollen Stehplatztribüne gesperrt sein. Aber vielleicht fragen sich die Menschen in Landshut dann auch nur, wieso es auf der Haupttribüne plötzlich so laut geworden ist.

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