Eishockey:Im Schaufenster

NHL: Chicago Blackhawks at Edmonton Oilers

Leon Draisaitl feiert das Erreichen der 30-Tore-Marke.

(Foto: Perry Nelson/USA Today Sports)

"Er hat alles, was man braucht": Leon Draisaitl trifft in der laufenden NHL-Saison so oft wie noch nie zuvor, kein Deutscher war je besser. Doch in Edmonton sind seine Chancen auf einen Titel dennoch eher gering.

Von Sina Götz

Rund drei Minuten waren im ersten Drittel der Partie zwischen den Edmonton Oilers gegen die Chicago Blackhawks noch zu spielen, als Leon Draisaitl die Faust in seinem Handschuh ballte und sich von seinen Mitspielern auf den Helm klopfen ließ. Es war ein sehr gewöhnlicher Jubel über ein durchaus außergewöhnliches Tor. In Überzahl hatte er einen Abpraller zum 1:1 über die Linie geschoben - so weit, so normal. Doch er hatte am 53. Spieltag als erster Deutscher in der Geschichte der besten Eishockeyliga der Welt die 30-Tore-Marke erreicht.

Inzwischen, nach 54 Spielen, hat Draisaitl, 23, bereits 32 Tore erzielt. In der NHL gehört er damit zusammen mit Patrick Kane von den Chicago Blackhawks, Jeff Skinner von den Buffalo Sabres und Stanley-Cup-Sieger Alex Owetschkin von den Washington Capitals zu den treffsichersten Stürmern der Liga.

"Das deutsche Eishockey kann stolz sein, einen so talentierten Spieler noch lange in der NHL sehen zu dürfen", sagte der damalige Bundestrainer Marco Sturm bereits, nachdem Draisaitl ihm 2017 den Titel der meisten Tore eines deutschen Spielers in einer NHL-Spielzeit abnahm. In seiner besten Saison 2002/03 erzielte der heute 40-Jährige 28 Tore.

Die ganz großen Statistik-Rekorde von Sturm hat Draisaitl allerdings noch lange nicht erreicht. Sturm machte in seinen 15 regulären NHL-Saisons 938 Spiele, schoss 242 Tore und gab 245 Vorlagen. Der gebürtige Bayer kam mit 19 Jahren in die NHL und galt lange Zeit als der beste deutsche Stürmer der Geschichte. Doch Draisaitl ist ihm dicht auf den Fersen. Mit 18 Jahren wurde er 2014 von den Oilers gedraftet. 2017 erhielt er einen mit rund 57,7 Millionen Euro dotierten Achtjahresvertrag bei den Kanadiern. Seit fünf Jahren spielt er in der NHL, in 323 Spielen schoss er 107 Tore.

In Edmonton nennen sie ihn schon "German Gretzky"

Wie auch Sturm (1999) durfte Draisaitl beim NHL-Allstar-Game teilnehmen. Nach Uwe Krupp (1991), und Olaf Kölzig (1998, 2000) war er erst der vierte Deutsche, dem diese Ehre zu Teil wurde. Über ein weltweites Zuschauervoting bekam er einen Platz in dem prestigeträchtigen Showmatch Ende Januar in San José. Auch der Deutsche Eishockey-Bund hatte in den sozialen Netzwerken zur Abstimmung aufgerufen. Obwohl den Oilers wieder einmal das Verpassen der Playoffs droht und diese Saison wegen anhaltender Erfolglosigkeit bereits Trainer und Manager den Verein verlassen mussten, trifft Draisaitl munter weiter. Nationalspieler Dominik Kahun, vor dieser Saison aus München zu den Chicago Blackhawks gewechselt, wurde in einem Interview auf der Franchise-Webseite gefragt, wie es möglich sei, Draisaitl zu stoppen. "Es ist fast unmöglich", sagte Kahun. "Er hat alles, was man braucht."

Draisaitl selbst sieht sich da ein wenig kritischer: "Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit - ich denke, als ganzer Spieler kann ich mich noch um einiges verbessern", sagte er. In Edmonton - dort, wo Eishockey die Sportart Nummer eins ist - haben ihm Fans und Medien den Spitznamen "German Gretzky" gegeben, in Anlehnung an die Oilers-Legende und wohl besten Eishockey-Spieler der Geschichte. "In fast jedem Schaufenster sieht man irgendwas mit einem Oilers-Logo", beschrieb Draisaitl einmal in einem Interview mit dem Sport-Informationsdienst die Eishockeybegeisterung in Edmonton. In der Provinz Alberta trägt der Deutsche 19 Jahre nach dem letzten Stanley-Cup-Sieg viele Hoffnungen. Zusammen mit seinem Teamkollegen und Kapitän Connor McDavid soll er an die Erfolge der Zeiten von Gretzky und dem Finnen Jari Jurri anknüpfen. Fünf Stanley-Cups holten die Oilers zwischen 1984 und 1990.

Diesen ganz großen Erfolg, den Stanley-Cup zu gewinnen, hat Sturm, der jetzt Co-Trainer bei den Los Angeles Kings ist, nie geschafft. In dieser Saison wird es auch für Draisaitl eher nichts. Doch er hat ja noch eine Menge Zeit.

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