Eishockey:Graue Adler

HC Mountfield - Adler Mannheim

„Wir haben die teuerste Mannschaft, die teuersten Spieler“: Aber Geld schießt keine Tore, wie Mannheims Coach Pavel Gross feststellen muss.

(Foto: David Taneèek/dpa)

Aus in der Champions Hockey League: Während Augsburg mit Applaus verabschiedet wird, sucht Meister Mannheim weiter seine Form.

Von Johannes Schnitzler

Noch zwei Minuten auf der Uhr, ein Tor Rückstand, Powerplay: Also tat Pavel Gross, was alle Eishockey-Trainer in so einer Situation tun würden - er nahm die letzte Option wahr und seinen Torwart Dennis Endras vom Eis, um mit einem sechsten Feldspieler noch mehr Druck auf den Gegner ausüben zu können. Doch der Gegner hielt dem Druck stand und schoss den Puck zweimal ins nun leere Mannheimer Tor. So war das am vergangenen Freitag, als die Adler in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) bei den Augsburger Panthern 1:4 verloren.

An diesem Dienstag - noch zwei Minuten zu spielen, ein Tor aufzuholen, Powerplay - tat Pavel Gross, was alle Trainer in seiner Situation getan hätten: Er nahm seine letzte Option wahr und Dennis Endras vom Eis. Der Gegner schoss zwar keine zwei Pucks ins leere Mannheimer Tor, nicht einmal einen; es blieb beim 1:1. Doch in Addition von Rückspiel und Hinspiel (0:1) verloren die Adler 1:2 gegen den tschechischen Klub Mountfield HK und verpassten wieder einmal das Viertelfinale der Champions Hockey League (CHL).

Auch für die Augsburger Panther war am Dienstag in der Runde der letzten 16 Schluss. Das Team von Trainer Tray Tuomie unterlag beim EHC Biel in der Schweiz nach Verlängerung 1:2 (Hinspiel 2:2). Doch während Augsburg, Tabellenzwölfter der DEL, von mehr als 1200 mitgereisten Anhängern nach Spielschluss wie der Sieger gefeiert wurde, steckt Mannheim tief im Novembergrau. Der deutsche Meister, in der DEL auf Platz drei, aber 20 Punkte hinter Tabellenführer München und noch viel weiter hinter seinen eigenen Ansprüchen zu finden, sucht weiter seine Form. Dabei wirken die Kurpfälzer zunehmend erratisch. Am Sonntag, nach dem 3:0 gegen Bremerhaven, dem ersten Sieg nach fünf Pflichtspielniederlagen, dachten sie, sie hätten einen "Befreiungsschlag" gelandet, wie die Presseabteilung der Adler schwer keuchend mitteilte. Am Dienstag, nach dem nächsten Rückschlag, stellte Gross leise fest: "Wir hatten genug Chancen, um dieses Spiel zu gewinnen." Unter anderem aber habe "unser Powerplay nicht so funktioniert". Um genau zu sein: gar nicht. Sieben Mal agierten die Adler in Überzahl, sieben Mal war der Ertrag gleich null. Beispielhaft für den Mannheimer Chancenwucher war Borna Rendulic, 27, Kapitän der kroatischen Nationalmannschaft mit NHL-Erfahrung. In der DEL hat Rendulic in 17 Partien immerhin sechs Treffer erzielt, in acht CHL-Spielen: einen. Am Dienstag vergab er zwei Großchancen. "Zweimal vor dem leeren Tor", wie Gross anmerkte.

Am Freitag in Augsburg, als sich die Adler darin übertroffen hatten, beste Möglichkeiten auf groteske Art auszulassen, hatte Gross gesagt: "Das müssen Tore sein. Wir sind die teuerste Mannschaft in der Liga, wir haben die teuersten Spieler. Da erwarte ich, dass wir diese Chancen einfach reinschieben." Der Trainer nimmt die Sache allmählich persönlich. Dass sein Team es nicht schaffe, ein Spiel über 60 Minuten nach Hause zu bringen, bezeichnete Gross als "für mich enttäuschend". Das Tor am Dienstag für die Tschechen durch Matej Chalupa (40.) fiel wie so viele in letzter Zeit aus einem Konter, der Ausgleich durch Phil Hungerecker (50.) war zu wenig. "Wir haben gewusst: Wer das erste Tor schießt, wird einen mentalen Vorteil haben", sagte Gross. "Und das waren die Gäste."

In Biel lagen die Gäste beim hohen Favoriten nach 22 Minuten 0:1 zurück. Doch Augsburg kämpfte sich zurück, angefeuert von 1200 Fans, die wieder mit einem Sonderzug angereist waren, und erzielte durch Drew LeBlanc den Ausgleich (38.). Ihren einzigen Aussetzer leisteten sich die Panther ausgerechnet in der Verlängerung, als alle drei Augsburger gleichzeitig zum Wechsel fuhren und dem finnischen Weltmeister Toni Rajala den Weg zum 2:1 (64.) frei machten. Es war das abrupte Ende einer CHL-Saison, die von den Debütanten so niemand erwartet hatte. Keines ihrer acht Spiele verloren die Panther in der regulären Spielzeit. "Wir haben uns das Herz herausgespielt", sagte Tray Tuomie und deutete auf die AEV-Fans, die nach dem Spiel sangen und ihre Schals schwenkten: "Die Champions League war eine unglaubliche Erfahrung." Allerdings kehren sie mit einer schweren Hypothek in den Alltag zurück: Ihr überragender Torhüter Olivier Roy musste in der 56. Minute verletzt vom Eis. Dabei bräuchte der Überraschungsdritte der vergangenen DEL-Saison in der Liga dringend einen Befreiungsschlag. Zufall oder nicht: Am Freitag kommt Bremerhaven.

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