Eishockey:Eine Ahnung von "awesome"

EHC Red Bull München - Nürnberg Ice Tigers

Hauchdünn zum Sieg: Der EHC München gewinnt eineinhalb Sekunden vor Ende der Verlängerung dank des Treffers von Brooks Macek (Mitte) mit 3:2.

(Foto: dpa)

Die DEL braucht einen spannenden Meisterschaftskampf - und es sieht danach aus, dass sie ihn mal wieder bekommt. Im Spitzenspiel in München verlieren die Nürnberg Ice Tigers zwar - doch beweisen ihre Stärke.

Von Christian Bernhard, München

Thomas Sabo war am Samstagnachmittag nicht in der Münchner Olympiahalle. Völlig überraschend war das nicht, der Hauptsponsor und Namensgeber der Nürnberg Ice Tigers ist nicht bei jedem Auswärtsspiel seines Eishockey-Personals an Ort und Stelle. Diesmal hinderte ihn ein Südafrika-Urlaub daran. Sabo wäre aber mit Sicherheit gerne anwesend gewesen. Nicht nur, weil die Anreise nach München für die Franken zu den kürzeren in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) gehört. Sondern weil er wohl das DEL-Spiel dieser Saison verpasste: Meister gegen Tabellenführer - und das vor 10.000 Zuschauern in der altehrwürdigen Münchner Olympiahalle.

Sabo verpasste ein spannendes und enges Spitzenspiel, das die Münchner eineinhalb Sekunden vor Ende der Verlängerung dank des Treffers von Brooks Macek mit 3:2 (1:1, 0:1, 1:0) für sich entschieden. Für Macek war es der 100. DEL-Treffer seiner Karriere. Damit endete auch Münchens sechs Spiele andauernde Niederlagenserie gegen die Franken. Tabellenführer bleiben aber die Nürnberger, zwei Punkte vor den Münchnern und den Eisbären Berlin.

Thomas Sabo hat es mit seinem gleichnamigen Schmuck-Unternehmen zu viel Geld gebracht, mittlerweile gehört es zu den führenden Schmuckmarken weltweit. Teile dieses Geldes investiert er in sein Lieblingsspielzeug: Die Nürnberg Ice Tigers. Wie emotional er die Spiele seiner Ice Tigers verfolgt, wurde vor etwas mehr als einem Jahr deutlich, als die Nürnberger in einer legendären Partie gegen den amtierenden Meister aus München noch gewannen, obwohl sie bereits 0:4 zurückgelegen waren. Sabo war nach Spielschluss immer noch so aufgewühlt, dass ihm zwei Wörter ausreichten, um die Partie zu beschreiben: "Fucking awesome".

Die Liga wünscht sich Spannung - und Sabo wünscht sich den Titel

Das Problem, nicht nur für Sabo, einen der lautesten Kämpfer für den Wert des Eishockeys in Deutschland, für dessen Akzeptanz hinter dem Fußball, neben Handball und Basketball: Das Jahr danach verlief nicht ganz so awesome. Die Münchner dominierten, sie beendeten die Hauptrunde als Erster, verloren in den Playoffs nur zwei Spiele und waren am Ende wieder Meister, zum zweiten Mal in Serie.

Die Liga wünscht sich seitdem nicht vieles sehnlicher als Spannung, und in diesem Jahr ist es wieder etwas wahrscheinlicher, dass dieser Wunsch in Erfüllung geht. Denn Sabo wünscht sich seit einem Jahr nicht vieles sehnlicher als den Meistertitel. In der 23-jährigen DEL-Geschichte hat Nürnberg diesen noch nie geholt, die zwei Final-Teilnahmen 1999 und 2007 endeten mit dem Triumph der Adler Mannheim. Doch der aktuelle Ice-Tigers-Jahrgang lässt Sabo mehr denn je vom Titel träumen, trotz der knappen Niederlage am Samstag.

Die Nürnberger zeigten von Beginn an, warum sich die Münchner zuletzt so schwer gegen sie taten. Unaufgeregt und aufmerksam gingen sie im eigenen Drittel zu Werk und ließen dem EHC so wenig Platz. Torchancen waren in den ersten Minuten Mangelware, am gefährlichsten waren die Versuche von Nürnbergs Phil Dupuis (5.) und Münchens Jon Matsumoto (8.). Steve Pinizzotto, der so wie seine Teamkollegen Jason Jaffray und Jerome Flaake sein Comeback feierte, fügte sich mit einem krachenden Check gegen Nichlas Torp ein. Mitte des Startdrittels traf Matsuomoto in Überzahl nach schönem Querpass von Liga-Topscorer Keith Aucoin zum 1:0 für die Hausherren (10.), nur 38 Sekunden später glich Taylor Aronson schon zum 1:1 aus (10.).

"Uns motiviert es sehr, wenn mal andere vor uns sind"

Im Mitteldrittel hatten die Gäste früh sehr gute Chancen zur Führung: John Mitchell lief zweimal alleine auf Leggio zu, vergab aber beide Möglichkeiten (22., 25.). Gegen Brett Festerlings Schuss war der Münchner Torwart aber machtlos, zu viel Verkehr war vor seinem Tor (38.). Das 2:1 machte die Franken noch gelassener, lange Zeit hatten sie im Schlussdrittel wenig Probleme mit der EHC-Offensive. Dann brachten sie sich mit zwei Strafzeiten selbst in Bedrängnis - und das nutzten die Münchner: Yannic Seidenberg traf bei Fünf gegen Drei mit einem satten Schuss zum 2:2 (54.). In der Verlängerung hatten beide Teams die Möglichkeit zum Sieg, Macek nutzte die allerletzte. "Du darfst gegen München keine Strafen im dritten Drittel nehmen", erklärte Nürnbergs Trainer Rob Wilson.

Damit bleibt es an der Tabellenspitze weiter eng. Nürnberg, München und die Eisbären, die am Samstag 2:3 gegen die Düsseldorfer EG verloren, ziehen dort seit Wochen unbedrängt ihre Kreise an der Tabellenspitze und wechseln sich dabei regelmäßig ab. Wilson schob die Favoritenrolle elegant an die Münchner: "Wir versuchen, so gut wie sie zu sein." Einen so spannenden Dreikampf um Platz eins gab es in den vergangenen Hauptrunden-Jahren nicht, die drei Konkurrenten stacheln sich gegenseitig an. "Uns motiviert es sehr, wenn mal andere vor uns sind", sagte Münchens Dominik Kahun kürzlich, "da ist die Motivation viel größer."

Nürnbergs Kapitän Patrick Reimer hatte bereits vor dem Spiel in die Zukunft geblickt. Die wichtigen Spiele, sagte er, kommen im April - da komme es darauf an. Gut möglich, dass sich die Münchner und Nürnberger dort, in den Playoffs, wiedersehen. Gut möglich, dass es "awesome" wird.

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