Die ersten Tage nach einem Playoff-Ausscheiden sind meist emotionaler Natur. Zum einen haben Spieler und Verantwortliche mit dem Frust des Scheiterns zu kämpfen, und zum anderen kommen die sogenannten „Exit-Gespräche“ ins Spiel, jene Gespräche, in denen mit jedem einzelnen Spieler die persönliche Saison aufgearbeitet wird – und sich daraus seine sportliche Zukunft ergibt. Christian Winkler hat in den vergangenen Tagen viele dieser Gespräche geführt, und die seien teilweise hart und von Tränen begleitet gewesen, erzählte er am Samstag, als der EHC Red Bull seine Saisonabschluss-Veranstaltung im SAP Garden beging – viel zu früh nach dem eigenen Geschmack. Denn das Aus hatte die Münchner in den Playoffs der Deutschen Eishockey Liga (DEL) ja bereits im Viertelfinale ereilt.
Tobias Rieder sprach von einem „wilden Jahr“, in dem die „ganzen Trainerwechsel“ (drei Trainer waren es insgesamt) „natürlich nicht geholfen“ hätten. Unter solchen Umständen sei es schwierig, ein System zu perfektionieren, „gefühlt ist uns am Schluss ein bisschen die Zeit davongelaufen“, fand der frühere NHL-Angreifer. Kapitän Patrick Hager hat als Hauptgrund für die mit Hauptrundenplatz fünf und dem Viertelfinal-Aus enttäuschende Spielzeit die fehlende Konstanz ausgemacht. Und er gestand ein, dass sich nach der langjährigen Ägide von Trainer Don Jackson, die 2023 zum letzten Münchner Meistertitel geführt hatte, „jeder den Umbruch leichter vorgestellt“ habe.

Apropos Umbruch: Der vom Klub angekündigte „größere Umbruch“ im Kader mutet aktuell eher wie ein Umbrüchlein an. Der EHC gab bisher die Trennung von den Stürmern Andreas Eder, Nicolas Krämmer und Filip Varejcka sowie den Verteidigern Dominik Bittner, Emil Johansson und Jakob Weber bekannt. Damit bleibt auch die Führungs-Hierarchie in der Kabine um den 36-jährigen Hager und die allesamt 32 Jahre alten Maximilian Kastner, Konrad Abeltshauser, Yasin Ehliz und Rieder so gut wie unangetastet.
„Wenn man da oben stehen will, musst du gegen die Alphatiere gewinnen“, betont Spieler Kastner
Am Samstag machte der Klub auch noch die Verpflichtungen der zwei Stürmer Luis Schinko (kommt aus Wolfsburg) und Brady Ferguson (wechselt von Rögle BK aus Schweden) offiziell. Der 24-jährige Schinko habe sich in den letzten Jahren „enorm entwickelt“, sagte Winkler. Schinko sagte, München sei „eine der besten, wenn nicht sogar die beste Adresse im deutschen Eishockey“. Von der DEL-Spitze ist der EHC seit zwei Jahren allerdings ein Stück entfernt, was für Kastner auch damit zusammenhängt, dass die meisten „Top-Team-Spiele“, wie er die Partien gegen die führenden Teams nannte, verloren gingen. „Wenn man da oben stehen will, musst du gegen die Alphatiere gewinnen“, betonte er.

„Gemeinsam mit dem Trainerteam für die nächste Spielzeit“ werde auch über den „Verbleib des einen oder anderen Spielers der Saison 2024/25 beraten“, sagte Winkler. Spieler wie die Verteidiger Jonathon Blum, 36, und Will Butcher, 30, oder der 33-jährige Angreifer Trevor Parkes, der die ganze Saison verletzungsbedingt verpasst hatte, jetzt aber wieder fit ist und auf dem Weg, einen deutschen Pass zu bekommen – was seine Verhandlungsposition verbessern würde. Im Angriff scheint der Handlungsspielraum ziemlich klein zu sein: Rechnet man noch Nürnbergs 28-Tore-Mann Jeremy McKenna hinzu, dessen Verpflichtung nach SZ-Informationen auch bereits fix ist, stehen bereits 13 Angreifer im Kader.
Die große Frage, wer in der kommenden Saison hinter der EHC-Bande stehen wird, wurde allerdings noch nicht beantwortet. Winkler sprach von „zwei, drei Gedankenspielen“. Eines davon sei, dass der 68-jährige Don Jackson weitermacht. Wer auch immer es werde: Die Fähigkeiten, „als Autoritätsperson eine Mannschaft zusammenzubringen“, über die Jackson verfüge, „so etwas brauchen wir natürlich“, sagte Kastner, der seit zehn Jahren beim EHC ist und die Kabine bestens kennt. Wer auch immer es wird, der wird auch auf einen selbstbewussten Kader treffen. Kastner formulierte es so: „Wir haben genügend Typen drin, die so viel Erfahrung haben und auch schon Meisterschaften gewonnen haben, dass wir uns auch ein bisschen ohne Trainer gegenseitig coachen können.“