Dass das, was da auf dem Eis passierte, nicht nach Geschmack der Kurve war, wurde vergangenen Freitag spätestens in der 51. Minute klar. Da hallte es aus der Nordkurve des SAP Gardens in München „Wir wollen euch kämpfen sehen“ in Richtung der Spieler des EHC Red Bull München.
Diese verloren ihr Heimspiel gegen den Tabellenletzten der Deutschen Eishockey Liga (DEL), die Düsseldorfer EG, die in den sieben vorigen Spielen zwei Pünktchen geholt hatte, trotzdem mit 1:2 nach Penaltyschießen. Bereits in der fünfminütigen Verlängerung waren die Münchner den Rheinländern deutlich unterlegen und hatten sich nur aufgrund mehrerer Paraden von Nationaltorhüter Mathias Niederberger ins Penaltyschießen gerettet.
Die Misere liege nicht an einer Person, sondern auch am Umfeld, sagt der Manager
Der EHC ist gerade in ein neues Zeitalter aufgebrochen, das wurde zuletzt von unterschiedlichen EHC-Akteuren immer wieder betont. Ende September fand unter großem Brimborium gegen die Buffalo Sabres die Einweihung des SAP Garden statt, doch die Eröffnungsmagie ist schnell verflogen. Die dritte Niederlage in Serie - allesamt im neuen Zuhause - wurde Trainer Toni Söderholm, 46, jetzt zum Verhängnis. Samstagmittag teilte der Klub mit, dass der ehemalige Bundestrainer mit sofortiger Wirkung freigestellt worden sei.
Manager Christian Winkler sprach von „einer der schwersten Entscheidungen überhaupt“, doch man habe in der Vorbereitung und im Saisonverlauf „nicht die Veränderungen wahrgenommen, die aus unserer Sicht nach der letzten Saison notwendig gewesen wären“. Diese hatte der EHC mit Söderholm, der in die großen Fußstapfen von DEL-Rekordtrainer Don Jackson getreten war, nur auf einem fünften Hauptrundenplatz beendet, gefolgt von einem Halbfinal-Aus gegen Bremerhaven.
Bremerhaven war auch der Gegner am Sonntag, die Münchner siegten knapp mit 5:4 durch Penalty. Interimsweise stand dort der bisherige Co-Trainer Max Kaltenhauser, 42, hinter der Bande, assistiert von Pierre Allard und Patrick Dallaire. Interimsweise stand dort der bisherige Co-Trainer Max Kaltenhauser, 42, hinter der Bande, assistiert von Pierre Allard und Patrick Dallaire.
Vor dem Bremerhaven-Spiel sagte Winkler zur Trennung von Söderholm: Es sei manchmal „leider wie im normalen Leben, man weiß nicht warum, aber es funktioniert nicht“. Der Manager wies auch darauf hin, dass es nicht nur an einer Person liege – und nahm dabei neben dem „Umfeld“ auch sich selbst mit rein: „Es hat nicht gepasst, das müssen wir uns auch selbst auf die Fahnen schreiben.“
Söderholm rettete auch nicht, dass sein EHC die ersten vier DEL-Spiele allesamt gewonnen hatte und zu jenem Zeitpunkt alleiniger Tabellenführer war. Probleme unterschiedlicher Natur waren immer wieder aufgeblitzt: Fehlte es in einigen Partien an der Balance zwischen Offensive und Defensive, was zu spektakulären Ergebnissen führte (7:5, 7:4, 4:6), war es zuletzt die Offensive, die schwächelte. „Wir sind von den Situationen an der Bande nicht vors Tor gekommen, wie wir es uns gewünscht haben“, sagte Söderholm nach der Pleite gegen den Tabellenletzten am Freitag.
Nachfolger Kaltenhauser ist ein „Eishockey-Nerd im positiven Sinn“, sagt ein langjähriger Begleiter
Der Druck auf den Finnen war schon nach der Vorbereitung, in der sechs von sieben Spielen verloren wurden, spürbar gewesen - auch bei ihm selbst. „Natürlich ist da Druck“, sagte Söderholm kurz vor dem Saisonstart Mitte September im Gespräch mit der SZ, dafür müsse er keine Zeitung lesen. Er sei einer von denen, „die liefern müssen“. Auf die Frage, wie er damit umgehe, sagte Söderholm, dass es verschiedene Wege dafür gebe. Er spreche mit Leuten an seiner Seite darüber, auch mit einem Mentaltrainer. Er bemängelte, dass der Resonanzkörper für Leute, die eine „unglaublich wichtige Meinung“ hätten, durch die sozialen Medien größer geworden sei. Davor müsse man sich teilweise auch schützen, betonte er. Wenn man sich jeden Tag damit beschäftigen würde, bekäme man schnell graue Haare. In diesem Sinn sei dieses Geschäft, in dem oftmals jene „Leute, die was wissen, nichts sagen, aber die, die was sagen, nichts wissen“, wie er es nannte, „gesund und ungesund“.
Interimstrainer Max Kaltenhauser ist einer der Senkrechtstarter im deutschen Eishockey. Vergangene Saison führte er die Eisbären Regensburg überraschend zum Zweitliga-Meistertitel, dann folgte der Wechsel nach München. Für Regensburgs Geschäftsführer Christian Sommerer ist Kaltenhauser ein Arbeitstier und „Eishockey-Nerd im positiven Sinn“, der Dinge in der Kabine „unglaublich gut anmoderieren“ könne. Manchmal, so Sommerer, müsse man ihn „fast bremsen, um ihn vor sich selbst zu schützen“. Jetzt soll Kaltenhauser, den Winkler für „einen der aufstrebendsten deutschen Trainer“ hält, wieder Schwung in den EHC-Laden bringen. Wie lange, ließ Winkler am Sonntag offen: „Wir schauen, was passiert“, im Hintergrund würden „unsere Hausaufgaben“ gemacht, sprich der Trainermarkt sondiert. Aber „aktuell“ sei das kein Thema.
In die Pflicht geraten jetzt aber auch die Spieler der nach Winklers Einschätzung „top besetzten Mannschaft“.[