Eishockey:Die Götter müssen verrückt sein

05.01.2020 - Eishockey - Saison 2019 2020 - DEL - 35. Spieltag: Thomas Sabo Ice Tigers Icetigers Nürnberg - ERC Ingolsta

Zeit für Notizen: Ingolstadts Trainer Doug Shedden hat einigen Verbesserungsbedarf.

(Foto: Thomas Hahn/imago)

Binnen zwei Wochen abgestürzt: Der ERC Ingolstadt ist ein gutes Beispiel dafür, wie schnell sich in der DEL die Gemütslagen verändern können.

Von Christian Bernhard

Doug Shedden holte etwas aus, als er auf dem Pressekonferenz-Podium in der Berliner Arena seine Spielanalyse begann. Was er zu erzählen hatte, war unterhaltsam und eignete sich bestens, um den Kreis zu schließen. Der Trainer des ERC Ingolstadt sprach am vergangenen Sonntag über das Spiel seiner Mannschaft gegen die Eisbären Berlin - allerdings nicht über das gerade zu Ende gegangene. Er begann mit jener "aufregenden" Partie, die sein Team an einem Mitte-Januar-Freitag an derselben Stelle 5:4 nach Penaltyschießen gewonnen hatte. Shedden erinnerte daran, wie hart sein Team damals gespielt und gekämpft habe. Das ließ bereits erahnen, dass er das diesmal nicht behaupten konnte. Dann kam er zum unterhaltsamen Teil. Nach jener Partie seien seine Spieler in eine US-amerikanische Schnellrestaurantkette zum Burgeressen gegangen. Was in diesen Burgern drin gewesen sei, wisse er nicht, "aber seitdem", betonte er, "sind wir nicht mehr dasselbe Team".

Die Zahlen geben ihm recht. Das aktuelle 2:6 gegen die Berliner vom Sonntag war die vierte Niederlage in den vergangenen fünf Partien seit dem gemeinschaftlichen Burgeressen. Einzig ein 2:1-Sieg nach Verlängerung gegen den Tabellenvorletzten Iserlohn sorgte in dieser laut Shedden "schweren Zeit" für ein kurzes Aufflackern. Das letzte Spiel vor der Länderspielpause war für die Ingolstädter schon Mitte des zweiten Drittels gegessen, Berlin führte da bereits 5:1. Zwei Gegentore in Unterzahl und eines in Überzahl hatten den Oberbayern alle Hoffnungen auf einen Punktgewinn genommen.

"Aus irgendwelchen Gründen haben wir unseren Willen und Wettkampf-Level verloren", sagte Shedden, was sich für einen Trainer nicht gut anfühle. "Das müssen wir uns zurückholen", betonte er - und fügte an, dass die Länderspielpause deshalb "vielleicht genau richtig" komme.

Die Ingolstädter sind ein gutes Beispiel dafür, wie schnell sich in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) die Gemütslagen verändern können. Mitte Januar, nach dem von Shedden thematisierten Berlin-Spiel, belegte der ERC punktgleich mit den Berlinern Rang vier. Zweieinhalb Wochen später hat er neun Punkte weniger als die Eisbären, die auch noch ein Nachholspiel zu absolvieren haben, und ist nur noch Tabellen-Siebter. Dieser reicht am Ende der Hauptrunde nicht für die direkte Playoff-Viertelfinal-Teilnahme. Jochen Reimers Aussage vor dem Sonntagsspiel ("Es ist immer besser, wenn man sich nach vorne orientiert und sich nicht so sehr darauf konzentriert, was hinter einem passiert") muss womöglich überdacht werden. Denn die direkt hinter dem ERC platzierten Wolfsburger, Nürnberger und Augsburger sind nur noch wenige Punkte entfernt.

Nach dem verlorenen Derby in Nürnberg hatte Shedden kürzlich auch die "Eishockeygötter" ins Spiel gebracht. Diese seien im Moment "einfach nicht mit uns", sagte er. Es ist aber mehr, was dem ERC zu schaffen macht. Die Ingolstädter, die über weite Strecken der Saison eines der spektakulärsten Offensiv-Teams der Liga waren, haben ihren Offensivschwung verloren. Daran änderten auch zusätzliche Abschluss-Trainingseinheiten und der Versuch, "die Eishockeygötter mitzunehmen", wie Angreifer Tim Wohlgemuth es ausdrückte, kaum etwas - die Götter müssen verrückt sein. Sieben Tore in den fünf Spielen vor der Länderspielpause, von denen einige auch erst fielen, als die Partien bereits entscheiden waren, reichen nicht aus, um verlässlich Spiele zu gewinnen. Die Beinverletzung von Neun-Tore-Angreifer Jerry D'Amigo, die er sich in Nürnberg zugezogen hatte und die ihn mindestens fünf weitere Wochen zum Zuschauen verdammt, ist diesbezüglich selbstredend auch nicht hilfreich.

Die Pause sei nun wichtig, sagte Ingolstadts Torhüter Timo Pielmeier, der hofft, dass im Heimspiel am 14. Februar gegen die sechstplatzierte Düsseldorfer EG "der ein oder andere" Verletzte wieder mit dabei sei. Einen Extratag Pause haben sich die Ingolstädter Spieler in Berlin allerdings selbst verspielt. Bei einem Sieg hätte ihnen Shedden einen zusätzlichen freien Tag gegeben, aufgrund der Niederlage müssen sie nun mit sechs Tagen Pause auskommen.

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