Eishockey: Deutschland Cup:Die Olympiasieger-Besieger

Die deutsche Auswahl bezwingt beim ersten Spiel des Deutschland Cups Olympiasieger Kanada mit 4:3 - und hält durch ihren engagierten und spielfreudigen Auftritt die heimische Eishockey-Begeisterung aufrecht.

Jürgen Schmieder

Als Alexander Weiß in der 15. Spielminute das 3:0 für die deutsche Auswahl erzielte, da waren sich die Zuschauer in der Olympiahalle in München gewiss, dass dieser Freitagabend ein erfolgreicher sein würde für das deutsche Eishockey. Am Ende wurde es noch eine packende und spannende Partie, die 4:3 endete - und der Gegner war kein geringerer als "Team Canada", aktueller Olympiasieger. Dass bei der kanadischen Auswahl kein Spieler der Mannschaft von Vancouver dabei war, sollte der Begeisterung in der Arena keinen Abbruch tun.

Deutschland-Cup - Deutschland - Kanada

 Alexander Weiss freut sich über sein sein Tor zum 3:0 im ersten Drittel der Partie gegen Kanada - und die Fans in der Münchner Olympiahalle freuen sich mit ihm.

(Foto: dpa)

Schon vor dem Spiel herrschte in der Olympiahalle eine großartige Stimmung. Es wurden Rasseln verteilt und Tröten und Papphelme, auf dem Eis spielte nach dem Aufwärmen eine Rockband. Die Menschen trugen die Trikots von DEL-Vereinen und vom deutschen Team, fast jeder hatte einen schwarz-rot-goldenen Schal um den Hals geschwungen. 7500 Zuschauer waren gekommen zu dieser Partie, die in den Tagen zuvor in München offensiv mit dem Spruch "Eishockey der Spitzenklasse" beworben wurde.

Bei der Weltmeisterschaft vor wenigen Monaten in Deutschland hatte es eine eindrucksvolle Vorstellung davon gegeben, wie geschicktes Marketing und sportlicher Erfolg enormes Zuschauerinteresse generieren können. Zum Eröffnungsspiel in der Arena auf Schalke zwischen Deutschland und den USA waren 77.000 Zuschauer gekommen, 1,15 Millionen Menschen hatten vor dem Fernseher zugesehen. Die deutsche Mannschaft spielte bei diesem Turnier famos, wuchs bisweilen über sich hinaus - und beim Halbfinale gegen Russland waren es plötzlich 2,5 Millionen Fernsehzuschauer. Die Strategie des Deutschen Eishockey-Bundes hatte funktioniert.

Ein erfolgreiches Abschneiden beim Deutschland Cup wäre aus Marketing-Gesichtspunkten keine schlechte Sache, doch muss Bundestrainer Uwe Krupp dieses Turnier quasi mit einer B-Mannschaft bestreiten. Zwölf Spieler haben verletzt abgesagt, und angeschlagene Spieler nominiert Krupp grundsätzlich nicht. Die deutschen Profis aus der National Hockey League (NHL) fehlen ohnehin. Von der erfolgreichen WM-Mannschaft sind nur noch acht Spieler dabei. Krupp darf also neue Spieler ausprobieren, unter anderem den jungen Münchener Martin Buchwieser. Krupp ist sich aber auch bewusst, dass ein gutes Turnier die Begeisterung hierzulande noch ein wenig befeuern könnte.

Bedröppelter Nationaltrainer

Zu dieser Begeisterung trug auch die prominenteste Person der kanadischen Delegation bei der Partie am Freitagabend bei - obwohl sie an der Seitenlinie stand. Mark Messier, sechsmaliger Stanley-Cup-Gewinner und 15-maliger All-Star in der NHL, ist der Nationaltrainer Kanadas. "Ein Glücksfall für dieses Turnier", sagt DEB-Sportdirektor Franz Reindl. Es gab zwar Befürchtungen, dass allein die Anwesenheit der NHL-Legende die ohnehin begabten Kanadier zusätzlich motivieren könnte. Doch ein Sieg gegen eine von Mark Messier betreute Auswahl lässt sich freilich besser vermarkten als ein Erfolg gegen eine C-Mannschaft, die von einem C-Trainer betreut wird.

Formidable Leistung

Dieser Mark Messier stand dann während des ersten Drittels ziemlich bedröppelt an der Bande, er stützte sich auf seinem rechten Knie ab. Uwe Krupp dagegen gestikulierte wild, hin und wieder lächelte er. Seine Mannschaft bot im ersten Abschnitt eine formidable Leistung, sie störte früh und aggressiv und erspielte sich zahlreiche Gelegenheiten. Patrick Hager (9.), Kai Hospelt (12.) und Alexander Weiß erzielten die drei ansehnlichen Treffer, die Defensive sorgte dafür, dass Dennis Endras, wertvollster Spieler bei der WM im Mai und womöglich bald NHL-Profi bei den Minnesota Wild, ein relativ ruhiges Drittel erlebte. "Wir haben am Anfang zu viele Fehler gemacht", sagte Messier nach dem Spiel. "Wir haben falsche Entscheidungen getroffen und den Puck nicht gut verwaltet."

Dass diese Partie überhaupt noch einmal spannend wurde, war der Unerfahrenheit der deutschen Mannschaft und einigen Unaufmerksamkeiten geschuldet. Erst vergab Kapitän Michael Wolf einen Penalty, danach wehrten sich die Kanadier vehement gegen eine Blamage und erzielten innerhalb von sechs Minuten drei Treffer - und plötzlich stand Mark Messier aufrecht an der Bande. "Wir haben uns in dieses Spiel zurückgekämpft", sagte er nach der Partie.

Die Frage war nun, wie das deutsche Team mit diesen Rückschlägen umgehen würde: Mit Respekt vor dem großen Namen des Gegners oder gar Angst? Die Antwort gab die junge Mannschaft nur 16 Sekunden später. Patrick Reimer bekam den Puck, umspielte zwei Gegenspieler und schob das Spielgerät durch die Beine des kanadischen Torhüters. "Wir haben uns gewehrt und sind dafür belohnt worden", sagte der Torschütze nach dem Spiel.

Werbung für sich selbst

Auch im Schlussdrittel agierte die deutsche Mannschaft engagiert, sie muss sich nur vorwerfen lassen, die Partie angesichts zahlreicher Gelegenheiten und minutenlanger Überzahl nicht eher entschieden zu haben. Statt dessen durften sich die Kanadier bis zum Ende Hoffnungen machen auf den Ausgleichstreffer, Dennis Endras durfte mehrmals seine Klasse unter Beweis stellen.

"Wir haben gewonnen, weil wir es mehr wollten", sagte Michael Wolf nach dem Spiel. "Wir haben eine überragende WM gespielt - und es war wichtig, diesen Eindruck auch mit dieser neuen Mannschaft zu bestätigen." Sein Trainer Uwe Krupp ergänzte: "Wir haben hart gekämpft, sind schnell gelaufen - und Dennis Endras war immer da, wenn wir ihn gebraucht haben. Wir sind bereit für die kommenden beiden Spiele."

Der Deutschland Cup mag durch die Absenz internationaler Starspieler ein Muster ohne großen sportlichen Wert sein, seine Bedeutung für die Imagepflege des deutschen Eishockeys dagegen ist nicht zu unterschätzen. Mit dem Erfolg gegen Kanada hat die deutsche Mannschaft weiter Werbung für sich selbst gemacht - und sie hat am Samstag (gegen die Slowakei) und am Sonntag (gegen die Schweiz) zwei weitere Möglichkeiten, die Begeisterung aufrecht zu erhalten.

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