DEL:Mit dem letzten Energieriegel

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Wer soll nun die Straubinger Tore schießen? Zum Beispiel Marcel Brandt (Mitte), einer der offensivstärksten Spieler der Liga. (Foto: Stefan Ritzinger/Imago)

Obwohl erschöpft und ersatzgeschwächt, gewinnt Augsburg bei den Straubing Tigers mit 7:4 - was den Panthern nach der neuen Abstiegsregelung neue Hoffnung gibt.

Von Christian Bernhard

Es war sein Lächeln, das Marco Sternheimer verriet. Der Stürmer der Augsburger Panther hatte gerade 40 besonders intensive Eishockey-Minuten hinter sich, als er gefragt wurde, ob bei seinen Teamkollegen und ihm noch genügend Kraft für das letzte Drittel vorhanden sei. "Ja, geht", sagte er am Magentasport-Mikrofon und gab mit seinem Schmunzeln zu verstehen, dass er seine Antwort mit einer kleinen Portion Flunkern gewürzt hatte.

Die Kraftfrage war am Sonntagnachmittag eine zentrale aus Augsburger Sicht, denn den Panthern fehlten im Derby bei den Straubing Tigers verletzungs- und coronabedingt gleich neun Spieler. Alleine im Vergleich zum 0:5 gegen Wolfsburg am Mittwoch waren sechs neue Ausfälle hinzugekommen. Der neue Panther-Trainer Serge Pelletier konnte nur neun Stürmer und vier Verteidiger aufbieten - darunter Drew LeBlanc und Wade Bergman, die kurz vor dem Derby ihre coronabedingten Isolationen beenden konnten, aber ohne Training in den Bus nach Straubing gestiegen waren.

Die Rückfahrt wurde für die wenigen Augsburger Spieler trotzdem zu einer sehr erfreulichen. 7:4 gewannen sie gegen die Tigers, die in den Tagen vor dem Derby die Spitzenteams aus München und Wolfsburg geschlagen hatten. "Wir gewöhnen uns so langsam daran, mit so wenigen Spielern zu spielen", witzelte Augsburgs Angreifer Adam Payerl, der mit zwei Toren und zwei Vorlagen gehörigen Anteil am erst dritten Panther-Auswärtssieg der Saison hatte.

Gute Nachricht für Augsburg: Wegen Corona gibt es in dieser Saison nur einen Absteiger aus der DEL

Den Grundstein dafür legten die Schwaben im Startdrittel. Sie hielten das Spiel sehr gut vom eigenen Tor weg, die Straubinger taten sich schwer, sich im Panther-Drittel festzusetzen. Dass die Schwaben nicht nur gewillt waren, defensiv aufmerksam zu agieren, sondern auch offensiv einiges vorhatten, demonstrierten sie eindrücklich zwischen der siebten und neunten Minute. Nach einer guten Möglichkeit von Adam Payerl hielten sie die Scheibe vor dem Tigers-Tor und arbeiteten im Kollektiv so gut nach, dass Straubings neuer Torhüter Tyler Parks sie sich ungewollt selbst mit dem Schoner über die Torlinie drückte (7.). Wer dachte, die Panther würden sich mit der knappen Führung zufrieden geben, wurde sehr schnell eines Besseren belehrt. Innerhalb von nur 43 Sekunden erhöhten sie auf 0:3, da Wade Bergmans Schuss von einem Straubinger entscheidend abgefälscht wurde (8.) und Payerl die Scheibe seitlich durch Parks Beine in den Kasten beförderte (9.). Die Straubinger Schockstarre, die auch von einer Auszeit ihres Trainers Tom Pokel nicht beendet wurde, nutzte Matt Puempel zum 0:4 (12.). Die Warnung von Straubings Olympia-Rückkehrer Marcel Brandt direkt vor Spielbeginn ("Es ist immer gefährlich, gegen einen kleinen Kader zu spielen") war bei den Tigers nicht durchgedrungen.

Bereits am Freitag hatte die Augsburger eine gute Nachricht von der Deutschen Eishockey Liga (DEL) erreicht. Aufgrund des "andauernden sportlichen und wirtschaftlichen" Einflusses der Corona-Pandemie einigten sich DEL und DEL2 darauf, in der laufenden Saison nur einen Absteiger zu ermitteln. Der zweite Absteiger werde ausgesetzt, teilte die Liga mit. Ein Blick auf die Tabelle vor dem Derby machte deutlich, wie sehr die Panther diese Entscheidung begrüßten. Sie gingen als Tabellenelfte in den Spieltag, hatten in der nach einem Punkte-pro-Spiel-Modell berechneten Tabelle aber nur mickrige 0,03 Punkte Vorsprung auf den Letzten aus Bietigheim.

In Straubing taten sie alles dafür, sich im engen Abstiegskampf Luft zu verschaffen. Augsburgs Torhüter Markus Keller, der sein erstes Spiel seit mehr als einem Monat absolvierte, erlebte bis kurz vor der ersten Drittelsirene einen überraschend ruhigen Nachmittag - ein abgefälschter Schuss von Cody Lampl zum 1:4 (19.) machte den Straubingern aber wieder Hoffnung. Diese wurde von Jesse Grahams 1:5 (24.) erstickt - zumindest fürs Erste. Doch die nächste Wendung im turbulenten Derby ließ nicht lange auf sich warten. Eine Zwei-plus-zwei-Minutenstrafe gegen Payerl nutzten die Straubinger zu den Überzahltreffern von Andreas Eder (31.) und Marcel Brandt (32.). Als Eder auch noch das 4:5 nachlegte (34.), war die Partie wieder völlig offen. Der beste Energieriegel, den sich die Augsburger vorstellen konnten, war dann Payerls 4:6 in Unterzahl (46.), das LeBlanc per Schuss ins leere Tor veredelte (60.). Dann lächelten alle Augsburger - nicht mehr nur Sternheimer.

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