Eishockey:"Den Instinkt hat man als Sportler einfach"

Markus Eberhardt Heilbronn 94 Portrait Loewen Frankfurt Heilbronner Falken DEL2 Frankfurt ***; Eishockey

Scheut den Körperkontakt nicht: Markus Eberhardt, der der Polizei tatkräftig geholfen hat.

(Foto: Imago)

Ein Anruf bei Eishockeyspieler Markus Eberhardt, der auch im Alltag den Körperkontakt nicht fürchtet: Er hinderte einen Einbrecher an der Flucht.

Interview von Raphael Späth

Markus Eberhardt, 25, ist Eishockey-Profi. Im Sommer ist er nach vier Jahren bei den Heilbronner Falken innerhalb der DEL 2 zu den Tölzer Löwen gewechselt. Allerdings ist er nun nicht nur als Eishockeyspieler bekannt. Würde Sat.1 noch den "Bullen von Tölz" produzieren, hätte Markus Eberhardt einen Gastauftritt sicher: Anfang Juli stoppte er in zivil einen Einbrecher auf der Flucht, inzwischen sitzt der Tatverdächtige mit seinem Komplizen in Untersuchungshaft. Eberhardt wurde von der Polizei in Aalen nun für seine Leistung gewürdigt.

SZ: Herr Eberhardt, Sie waren zuletzt nicht nur als Verteidiger auf dem Eis, sondern auch bei der Verbrechensbekämpfung aktiv. Wie kam es dazu?

Markus Eberhardt: Das war purer Zufall. Ich schließe momentan meine Ausbildung beim Heilbronner Hauptsponsor, einem Autohaus, ab. Während der Arbeitszeit musste ich Anfang Juli zum Partnerautohaus ins benachbarte Waiblingen fahren. Als ich an einer roten Ampel stand, habe ich beobachtet, wie zwei Menschen auf dem Boden liegen und zwei Polizisten die Waffe auf sie gerichtet haben. Plötzlich springen die beiden Typen auf und rennen genau in meine Richtung. Im Affekt bin ich dann einfach ausgestiegen und habe den Ersten zu Boden geschlagen. Das hat ihn aber irgendwie nicht beeindruckt - er ist aufgestanden und weitergerannt. Ich habe ihn daraufhin verfolgt, bis ihm an einem Parkplatz die Puste ausgegangen ist und ich ihn gegen ein Auto gedrückt habe, bis der Zivilpolizist nachkam.

Inwiefern hat Ihnen Ihre Eishockey-Erfahrung dabei geholfen?

Bei uns im Eishockey geht es oft ein bisschen rabiater zu; man scheut sich nicht davor, mal den Körperkontakt zu suchen. Das hat mir auf jeden Fall geholfen. Ich hatte auch keine Angst vor den Einbrechern oder dem Fakt, dass sie älter und größer als ich sind. Darüber denkt man im Moment auch gar nicht nach. Im Nachhinein schon, aber nicht währenddessen.

In dieser Woche wurden mit Mesut Özil und Sead Kolasinac zwei weitere Sportler von Kriminellen attackiert. Kolasinac ist wagemutig aus dem Auto gestiegen und hat die bewaffneten Täter mit bloßen Händen vertrieben. Sind Sportler vielleicht einfach besonders gute Polizisten?

Ich weiß es nicht genau. Auf jeden Fall hat man diesen Instinkt zum Handeln als Sportler einfach im Blut. Egal ob es beim Eishockey, beim Fußball oder einer anderen Sportart ist: Wir müssen schnell die richtigen Entschlüsse treffen, und je handlungsschneller du bist, desto höherklassig spielt du - egal in welcher Sportart. Und genau das trainieren wir schon unser ganzes Sportlerleben.

Glauben Sie an Schicksal?

Definitiv. Ich hatte mich erst kurz vor dem Vorfall auf einen Ausbildungsplatz bei der Polizei in München beworben, allerdings waren damals schon alle Plätze besetzt. Ich wollte aber auch noch nicht mit dem Eishockey aufhören, und der Einstellungsberater empfahl mir, es 2021 noch einmal zu versuchen. Und keine zwei Monate später passiert mir dann so etwas. Das Schreiben, das ich danach vom Polizeipräsidenten erhalten habe, untermauert diese Bewerbung zusätzlich.

Haben Sie durch Ihre Tat bessere Chancen auf den Ausbildungsplatz?

Ja, das wurde mir auch schon im Vorhinein gesagt. Das Polizeipräsidium Aalen hat schon in München angerufen und den Fall genau geschildert. Jetzt hat dieser Vorfall zusätzlich auch in der Öffentlichkeit eine kleine Welle ausgelöst. Ich glaube, ich habe in den letzten zwei Tagen schon mit 14 Reportern telefoniert.

Wie vertreiben Sie sich bis zur nächsten Bewerbung die Zeit?

Ich werde auf jeden Fall noch zwei Spielzeiten professionell Eishockey spielen. 2021 werde ich mich parallel bei der Polizei bewerben, und dann kommt es darauf an, ob ich die Einstellungstests bestehe. Bevor ich nicht sicher weiß, dass ich einen Ausbildungsplatz sicher habe, höre ich mit dem Eishockey auch nicht auf.

Was machen Sie, wenn Sie bei der Polizei nicht angenommen werden?

Das ist eine gute Frage. Ich würde auf jeden Fall erst einmal beim Eishockey bleiben. Allerdings gibt es für mich eigentlich nie einen Plan B. Ich muss es schaffen, fertig. Das ist die Eishockeymentalität in mir: Mit dem Kopf durch die Wand und dabei alles reinwerfen, was ich habe. Andere in meinem Alter spielen vermutlich auch noch mit 40 Jahren in der Liga - ich denke aber auch langfristig an mein Berufsleben nach der Karriere.

Wenn Sie sich entscheiden müssten: Würden Sie eher die Stürmer auf dem Eis oder die Einbrecher auf der Straße stoppen?

Erst einmal die Stürmer und ab 2021 dann die Einbrecher.

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