Süddeutsche Zeitung

Viertelfinale der Deutschen Eishockey Liga:Es knistert im Nord-Süd-Duell

In der DEL-Viertelfinalserie zwischen Bremerhaven und München fliegen nicht nur die Scheiben hin und her. Nach 0:2-Rückstand ist der Favorit aus Bayern wieder gleichauf. Entscheidend könnte sein, wer mehr Energie zwischen den Spielen lässt.

Von Christian Bernhard

Untrügliche Zeichen dafür, dass eine Playoff-Serie heiß gelaufen ist, sind das Ansteigen von Nickligkeiten und Sticheleien auch außerhalb der Eisfläche. Christian Winkler sah sich dazu schon während Viertelfinalspiel Nummer drei genötigt. Man könne nicht von der Hand weisen, dass die Bremerhavener "18 Spieler haben, die nicht in Deutschland das Eishockeyspielen erlernt haben", sagte der Manager des EHC Red Bull München im Fernsehinterview mit Blick auf die zahlreichen eingebürgerten Profis der Fischtown Pinguins Bremerhaven.

Ausländische Spieler dürfen nur maximal neun pro Partie eingesetzt werden. Zudem sprach Winkler von ein "paar Ereignissen", die sich im zweiten Spiel der Serie in Bremerhaven ereignet hätten, die seinem Team einen "extra Boost" gegeben hätten. Worum es sich dabei handelte, wollte Winkler nicht ausführen. Bremerhavens Trainer Thomas Popiesch wiederum ließ beim Verlassen der Pressekonferenz im Vorbeigehen noch den Satz fallen, dass sich Winklers "Gequatsche" wohl gelohnt habe. Zuvor hatte er "grob unsportliche Sachen" moniert, ohne diese explizit zu benennen. Die Playoff-Serie war angezündet.

Die Münchner, die während der Hauptrunde der Deutschen Eishockey Liga (DEL) die Konkurrenz dominiert hatten und am Ende 19 Punkte Vorsprung auf die zweitplatzierten Ingolstädter aufwiesen, lagen zum Zeitpunkt von Winklers Aussagen in der Viertelfinalserie gegen die Fischtown Pinguins mit 0:2 Siegen zurück. Der Druck auf den Topfavoriten war unerwartet früh unerwartet hoch geworden. Jetzt sind die Münchner aber wieder auf Kurs.

Nach dem mit 50 Strafminuten garnierten 7:1-Erfolg am Sonntag entschieden sie am Mittwoch auch Spiel vier in Bremerhaven für sich (3:1) und glichen damit in der Best-of-7-Serie zum 2:2 aus. Die fünfte Partie findet am Freitag in München statt. Da auch die Straubing Tigers ihr Auswärtsspiel am Mittwoch in Wolfsburg 3:1 gewannen, steht es in drei Viertelfinals nun 2:2. Nur der ERC Ingolstadt kann am Freitag bereits den Halbfinaleinzug perfekt machen, die anderen drei Duelle dauern mindestens bis Sonntag an.

Trevor Parkes zieht mit seinem 105. Tor an Münchens Rekordschütze Michael Wolf vorbei

In Bremerhaven ging es am Mittwoch vergleichsweise ruhig zu - auch auf dem Eis. Nach dem ruppigen Spiel drei, das "ein bisschen aus dem Ruder gelaufen" sei, wie Münchens erfahrener Trainer Don Jackson sagte, gingen beide Teams deutlich disziplinierter zu Werke. Und anders als beim 7:1 war das Duell wie in den ersten zwei Spielen ziemlich ausgeglichen. Jackson sprach von einem "sehr engen Spiel", beide Mannschaften hätten "ihr Herz" auf dem Eis gelassen.

Die Entscheidung fiel erst in der Schlussphase, als Münchens Kapitän Patrick Hager die Scheibe aus der Luft über die Linie drückte (47.) und nur 75 Sekunden später Austin Ortega einen Penalty verwandelte. Bremerhavens frühe 1:0-Führung durch Christian Wejse (5.) hatte Trevor Parkes ausgeglichen (14.), für den Kanadier war es das 105. Tor im EHC-Trikot, wodurch er den bisherigen Rekordtorschützen Michael Wolf überflügelte.

"Wir mussten uns durchkämpfen", sagte Don Jackson hinterher und sprach ein Thema an, das mitentscheidend für den Rest der Serie werden könnte. Spiel vier habe den Spielern klar gemacht, dass jetzt eine "gewisse Erschöpfung" eingetreten sei. An diesem Punkt kollektiv auftretender Müdigkeitserscheinungen dürfte nicht nur die Tiefe im Münchner Kader zum Faktor werden (Nationalspieler Frederik Tiffels spielte am Mittwoch, nachdem er es in Spiel drei nicht in den Kader geschafft hatte), sondern auch die Reisegewohnheiten beider Mannschaften.

Während die Münchner alle zwei Tage hin und her fliegen, kamen die Norddeutschen nur nach dem ersten Spiel in den Genuss dieses Luxus. Seitdem heißt es wieder: Ab in den Bus und 822 Kilometer pro einfache Strecke abspulen. Darüber brauche man sich nicht zu unterhalten, das sei ein "Riesenvorteil" für München, sagte Popiesch dem TV-Regionalmagazin "Buten un binnen" (draußen und drinnen): "Wenn du alle zwei Tage so ein kräftezehrendes Spiel hast, ist ein Flug bei weitem angenehmer, als zehn Stunden im Bus zu sitzen und dort runterzufahren."

Genau das stand am Donnerstag wieder für die Bremerhavener an. Popiesch hatte also jede Menge Zeit, sich Gedanken über Umstellungen für Spiel fünf zu machen. Welche das sein könnten, wollte Popiesch am späten Mittwochabend in Bremerhaven nicht preisgeben. "Genau das, was ich jetzt hier sagen werde", knurrte der 57-Jährige nur in die Kamera. Es dürfte wohl etwas mit dem Spruch der Bremer Kaufleute zu tu haben, der vollständig lautet: "Buten un binnen, wagen un (ge)winnen."

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