Eishockey:Ohne Schnörkel in die Playoffs

Eishockey: NHL, Russland, Schweden: Ryan Stoa war überall ein verlässlicher Scorer.

NHL, Russland, Schweden: Ryan Stoa war überall ein verlässlicher Scorer.

(Foto: Jonas Brockmann/Eibner/Imago)

Die Nürnberg Ice Tigers wissen jetzt, wie sie spielen müssen, um in der DEL zu gewinnen. Der erfahrene Stürmer Ryan Stoa, 35, verkörpert diesen geradlinigen Stil.

Von Christian Bernhard

Als es darauf ankam, schickte Tom Rowe jenen Mann aufs Eis, der von seinen Spielern die größte Erfahrung im weltweiten Eishockey hat: Ryan Stoa. Der 35-jährige US-Amerikaner hat jahrelang in der NHL und der russischen KHL, den zwei besten Ligen der Welt, gespielt, nun sollte der Stürmer der Nürnberg Ice Tigers in der Schlussphase mithelfen, den Ausgleich gegen den EHC Red Bull München zu erzielen. Stoa kam am Sonntag als sechster Feldspieler aufs Eis, allerdings vergebens: Statt des 4:4 landeten noch zwei Schüsse im verwaisten Nürnberger Tor, welche den 6:3-Sieg der Münchner fixierten und deren souveräne Tabellenführung in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) untermauerten.

Für die Nürnberger war es dennoch kein schlechtes Wochenende. Zum einen, weil sie die Münchner bis zum Schluss forderten, und zum anderen, weil sie bereits am Freitag einen wichtigen Auswärtssieg bei den Iserlohn Roosters, einem direkten Konkurrenten um die Pre-Playoffplätze, gefeiert hatten. Zweimaliger Torschütze beim 5:4-Sieg nach Verlängerung war Ryan Stoa. Beide Treffer erzielte der US-Stürmer direkt vor dem Roosters-Kasten, Stoa war aus dem Bereich um den Torraum einfach nicht wegzudrängen und setzte das in die Tat um, was er selbst über seine Spielweise sagt: "Ich gehe gerne hart zum Tor und bin gerne dort, wenn der Puck aufs Tor kommt."

Auf diese Qualitäten mussten die Nürnberger in der laufenden Saison lange verzichten. Mitte Oktober zog sich Stoa im Training ohne Fremdeinwirkung eine schwere Unterkörperverletzung zu, die für ihn eine zweieinhalb Monate lange Pause zur Folge hatte. Besonders im Dezember lief es für die Ice Tigers dann überhaupt nicht, negativer Höhepunkt war eine sechs Spiele andauernde Niederlagenserie. "Dass mit Ryan Stoa und Nick Welsh zwei der wichtigsten Spieler langfristig ausgefallen sind, hat natürlich nicht geholfen", sagte Trainer Tom Rowe dieser Tage rückblickend auf die schwierige Phase.

"Wir haben uns zur richtigen Zeit des Jahres als Mannschaft zusammengefunden", sagt Kapitän Patrick Reimer

Doch diese ist längst vergessen. Zieht man die 15 Spiele vor dem Sonntagsspieltag heran - 14 davon fanden im neuen Jahr statt -, waren die Nürnberger zusammen mit der Düsseldorfer EG die punktbeste Mannschaft der ganzen Liga. "Wir haben jetzt das Verständnis, wie wir spielen müssen, um zu gewinnen", sagte Ice-Tigers-Kapitän Patrick Reimer vor dem Derby gegen München bei Magentasport. "Wir versuchen nicht mehr, kompliziert zu spielen, und treffen die richtigen Entscheidungen zu den richtigen Momenten." Stoa verkörpert diesen geradlinigen Stil: Er spielt physisch, schnörkellos und konsequent.

Für Reimer kam es nicht überraschend, dass sich dieser Entwicklungsprozess einige Monate hingezogen hat. "Wir haben viele junge Spieler, die diesen Prozess durchlaufen mussten", erklärte er. Das Timing jedenfalls stimmt offenbar: "Wir haben uns zur richtigen Zeit des Jahres als Mannschaft zusammengefunden", findet Reimer, der zusammen mit Stoa die junge Mannschaft anführt.

Rowe weiß um Stoas Wert und hob deshalb auch jüngst hervor, dass "Jungs wie Stoa und Welsh jetzt in den Rhythmus kommen". Ein Ryan Stoa in guter Form ist ein wichtiges Puzzlestück für das Erreichen des ersten Saisonziels: den Einzug in die Playoffs. Das zeigt sich im Februar, in dem Stoa bisher viermal getroffen hat und auch ein entscheidender Faktor war, das lange Zeit sehr enttäuschende Nürnberger Überzahlspiel mit anzukurbeln. In Iserlohn trafen die Franken zweimal in Überzahl - beide Male hieß der Torschütze Ryan Stoa.

Neben seiner Physis hilft ihm dabei auch seine Erfahrung, seine idealen Powerplay-Positionen zu finden. Nach drei Jahren in der NHL spielt er seit 2014 in Europa. Vier Spielzeiten in Russland, unter anderem beim Traditionsklub Spartak Moskau, folgten zwei in Schwedens Eliteliga, ehe er sich im Sommer 2021 den Nürnbergern anschloss. Stoa war überall ein verlässlicher Scorer - so auch in Nürnberg. Nach seinen 15 Treffern in der vergangenen Spielzeit steht er nun bei zwölf - und das in nur 26 Spielen.

Alleine durch seine Präsenz ist das Ice-Tigers-Überzahlspiel, das auch gegen die Münchner erfolgreich war und nunmehr seit fünf Spielen immer für mindestens einen Treffer gut war, ein deutlich besseres geworden. "Einfacher gehalten" sei es, erklärt Reimer, es gebe mehr Schüsse und mehr Zug zum Tor. Für den ist speziell Stoa verantwortlich. Auch gegen die Münchner ackerte der Mittelstürmer, brachte seine 1,90 Meter und 108 Kilogramm immer wieder direkt vor das Münchner Tor, wo er auf Nachschüsse lauerte und Danny aus den Birken die Sicht nahm.

Jubeln konnten am Ende allerdings die Münchner - und speziell Yasin Ehliz. Der Nationalspieler, der acht Jahre lang in Nürnberg gespielt hat, traf drei Mal und lächelte so die Pfiffe des Nürnberger Publikums weg, die ihn seit seinem Wechsel nach München begleiten. Die Pfiffe seien zwar schade, "aber mittlerweile okay", sagte er. "Ich glaube, irgendwie mögen sie mich schon noch." Ryan Stoa mögen sie in Nürnberg zweifellos.

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