Krefeld in der Deutsche Eishockey Liga:Opfer des Quotienten

Lesezeit: 2 min

Es sieht nicht gut aus für die Pinguine, von links Leon Niederberger, Alexander Blank und Nikita Quapp. (Foto: Eibner/Imago)

Als erstes Team seit 2006 könnten die Krefeld Pinguine aus der DEL absteigen. Während sie Wettbewerbsverzerrung beklagen, wollen sie andererseits aber auch nicht als schlechte Verlierer dastehen.

Von Ulrich Hartmann

Der Deutschen Eishockey Liga (DEL) steht "eine der größten Unsportlichkeiten in ihrer Geschichte" bevor. Die allgemeine Empörung darüber hält sich bislang allerdings in Grenzen, denn dies ist zunächst nur die Meinung des Geschäftsführers Sergey Saveljev von den Krefeld Pinguinen. Der 25 Jahre alte Lette steht mit seinem niederrheinischen Klub kurz davor, als erstes Eishockey-Team seit den Kassel Huskies 2006 aus der DEL abzusteigen. Damals wurde der Abstieg anschließend abgeschafft.

Kürzlich wurde er allerdings wieder eingeführt, und Krefeld droht das erste tatsächliche Opfer der zur vergangenen Saison wieder eingeführten (und wegen der Pandemie gleich wieder ausgesetzten) Regel zu werden - ausgerechnet in einer Saison, deren Abschlusstabelle durch etliche Corona-Spielausfälle ein schiefes Bild ergeben wird.

Eiskunstlauf
:Hier die WM, dort die Gegenveranstaltung

Während ein Trio aus drei Kontinenten die Eiskunstlauf-WM in Montpellier dominiert, veranstaltet die verbannte Elite Russlands um Kamila Walijewa einfach ihren eigenen Wettbewerb.

Von Barbara Klimke

Die letzten drei Mannschaften der Tabelle (Iserlohn, Schwenningen, Krefeld) werden die Saison am kommenden Sonntag mit 54, 55 und 56 Spielen beenden, weil die Zeit nicht mehr ausreicht, um jedes ausgefallene Spiel zu wiederholen. Als Punkte-Referenz fungiert deshalb ein Quotient (Punkte durch Spiele). Dies sowie einige Spielausfälle, an denen sie selbst keine Schuld trügen, halten die Krefelder für "Wettbewerbsverzerrung" und kündigen vorsichtshalber sportrechtliche Schritte gegen ihren drohenden Abstieg an.

Rechtsbeistand Voigt spricht nicht von "Klage": Er sagt, man wolle lediglich alle Optionen ausloten

Noch ist es allerdings nicht so weit. Durch ihren 2:1-Sieg nach Penaltyschießen am Sonntagabend in Bietigheim haben die Pinguine den Vollzug des Abstiegs vorerst vermieden. An diesem Dienstagabend empfangen sie in eigener Halle den Vorletzten Schwenningen und könnten das drohende Schicksal mit einem Sieg ein weiteres Mal hinausschieben. In Form eines Gewaltakts stehen die drei restlichen Saisonspiele am Mittwoch in Mannheim, am Freitag in Iserlohn sowie am Sonntag erneut gegen Mannheim an. "Wir wollen einfach bis zum Ende kämpfen", sagt Saveljev und meint das sowohl sportlich als auch juristisch.

"Eine der größten Unsportlichkeiten in der DEL-Geschichte": Pinguine-Geschäftsführer Sergey Saveljev, 25. (Foto: Goldberg/Beautiful Sports/Imago)

Von einer angekündigten "Klage" spricht der Pinguine-Rechtsbeistand Matthias Voigt allerdings nicht so gerne. "Wir werden einfach nur versuchen, unsere rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen", sagt er ein bisschen beschwichtigend. Dahinter steckt das Problem, dass die Pinguine vor dieser Saison genauso wie alle anderen Klubs der Quotienten-Regelung ja zugestimmt hatten und dass sie im Falle des Abstiegs auch nicht als schlechte Verlierer dastehen wollen.

Man würde, so Voigt, vor dem DEL-Schiedsgericht seine Optionen ausloten wollen. Eine klare Antwort auf die relevante Frage, ob Krefeld danach womöglich sogar vor ein ziviles Gericht ziehen würde, verkneift sich Voigt. "Wir würden Chancen und Risiken zumindest abwägen", sagt er. So ein Zivilverfahren könnte sich über den Sommer hinziehen und sowohl den Klub als auch die Liga vor unschöne und langwierige Unwägbarkeiten stellen.

In Krefeld planen sie derweil bereits zweigleisig. Dem einen oder anderen Spieler konnten sie eine Zusage für die zweite Liga abringen. In der DEL2 winkten ihnen historische Duelle gegen Landshut und Kaufbeuren, den Wegfall der Derbys gegen Düsseldorf und Köln könnten diese allerdings weder emotional noch wirtschaftlich ausgleichen.

Überhaupt wäre das Verschwinden der Krefelder von der DEL-Landkarte schon ein Einschnitt, denn sie sind neben Augsburg, Berlin, Köln, Mannheim und Nürnberg einer von nur noch sechs Standorten, die seit der DEL-Gründung 1994 durchgängig in der höchsten deutschen Klasse mitgespielt haben. Überhaupt ist Krefeld einer der traditionsreichsten deutschen Eishockey-Standorte. Am 12. März war es genau 70 Jahre her, dass der Krefelder EV 1953 deutscher Meister wurde; der Deutsche Eishockey-Bund wurde 1963 in Krefeld gegründet, 2003 feierten die Pinguine noch einen Titelgewinn in der DEL.

Für die Eishockey-Begeisterung in der Stadt wäre der Abstieg ein Rückschlag. Saveljev indes hofft, dass notfalls eine Saison in der DEL2 (samt ersehntem Wiederaufstieg) für den zuletzt gebeutelten Klub auch emotional einen Neubeginn darstellen könnte.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusSeverin Freund
:Der fleißige Arbeiter auf den Schanzen

Severin Freund war nie das große Skisprung-Genie, aber kaum jemand trainierte so diszipliniert wie er. Nun beendet er nach 20 Jahren seine Karriere. Über einen, der sich auch in schweren Zeiten nie vom Sport abgewandt hat.

Von Volker Kreisl

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: