Deutsche Eishockey Liga:Meisterschaftsspiele ohne Meister

DEL: Leo Pföderl von den Eisbären Berlin

Für Rekordmeister Berlin mit Leo Pföderl (rechts) ist die Saison gelaufen.

(Foto: Uwe Koch/Eibner/Imago)

Titelverteidiger Eisbären Berlin verpasst zum ersten Mal seit 22 Jahren die DEL-Playoffs, die Kölner Haie jagen der Düsseldorfer EG am letzten Spieltag den sicher geglaubten Platz im Viertelfinale ab. Und Augsburg steigt wohl ab.

Von Johannes Schnitzler

Als sich der Vorhang zu senken begann, da stand Duanne Moeser nicht mehr auf der Spielerbank. Er stand ein paar Meter abseits, dort, wo die Spieler aus der Kabine kommen und die Eisfläche betreten, an jener Stelle, wo er selbst Tausende Male das Augsburger Eis betreten hat. Dort erfasste die Kamera ihn, wie er die Schlussminuten des letzten Heimspiels dieser Saison - und des vermutlich letzten Augsburger DEL-Heimspiels für unbestimmte Zeit - verfolgte. Welche Gedanken ihm dabei durch den Kopf gingen?

Kaum jemand kennt die Augsburger DEL-Geschichte so intim wie Moeser, er selbst hat sie tief mitgeprägt. Der gebürtige Kanadier ist mit dem Augsburger EV in die damals neue Deutsche Eishockey Liga aufgestiegen, 1994 war das. Er ist bis heute Rekordscorer der Panther, sein Trikot mit der Nummer 7 hängt unter dem Dach des Curt-Frenzel-Stadions. Nach dem Ende seiner Spielerkarriere wechselte er ins Management des Klubs, der AEV führt ihn auf seiner Homepage so schlicht wie umfassend als "Legende". Aber nun, nach 29 Jahren in der ersten Liga, scheint für das Gründungsmitglied Augsburg die Zeit in der DEL abzulaufen. Platz 14. - Vorletzter. Und weil in dieser Saison wohl zwei Teams absteigen müssen ...

"Herr Moeser, wie emotional ist dieser Moment für Sie?", will der Mann von Magentasport nach dem 3:4 am Freitag gegen die Berliner Eisbären wissen. "Die Augsburger Panther sind mein Leben", sagt der 59-Jährige, und seine Augen röten sich. "Deshalb ist es auch so schwer."

Die Hauptrunde der DEL ist vorbei, 420 Spiele ohne Corona-Ausfälle, das war eine der guten Nachrichten der Saison 2022/23. Der EHC Red Bull München (122 Punkte, Klubrekord) stand seit Langem als Tabellenerster fest, Ingolstadt, Mannheim, Straubing und Wolfsburg haben sich direkt fürs Viertelfinale (ab 14. März) qualifiziert, Bremerhaven und Nürnberg für die Pre-Playoffs. Aber was war das für ein Abschluss an diesem Wochenende?

Mit einem rheinischen Fernduell um den letzten sicheren Platz im Viertelfinale, den die Kölner Haie (8:2 gegen Absteiger Bietigheim) auf den letzten Metern noch der Düsseldorfer EG (0:4 gegen Mannheim) abjagten. Mit einem dramatischen Finale aber vor allem für Rekordmeister Eisbären Berlin, der erst am Freitag in Augsburg gewinnen musste, um seine letzte klitzekleine Chance auf die Titelverteidigung zu wahren; mit Berliner Fans, die nach dem 4:3-Zittersieg (nach 4:0-Führung) die Augsburger Spieler geradezu anflehten, am Sonntag beim frechen Aufsteiger Frankfurt zu siegen, um den Eisbären ihre Minimalchance zu erhalten; die es am Sonntag dann aber selbst nicht schafften, Schwenningen zu besiegen - und somit zum ersten Mal seit 2001 die Playoffs verpassen.

Augsburg feiert sich zum Abschied selbst - es ist ein Abschied auf unbestimmte Zeit

Augsburg gegen Berlin, taumelnder Traditionsverein gegen strauchelnder Titelverteidiger, das war eines, vielleicht das Duell dieser DEL-Spielzeit. Spätestens im Januar war auch den größten Optimisten in Augsburg klar, dass sie sich besser auf das Schlimmste vorbereiten sollten, als der AEV an einem Freitag, dem Dreizehnten, nach zwei grotesken Schiedsrichterentscheidungen mal wieder ein Spiel 3:4 verlor - mal wieder gegen Berlin. Die Fehler der Referees entschieden zwar weder diese Partie noch die Saison. "Es ist traurig, aber wir waren nicht gut genug", räumte Duanne Moeser ein. Aber nach dieser Partie in Berlin war die Moral der Panther zumindest angebrochen - das 3:4 am Freitag gegen die Eisbären war ihre 19. Niederlage mit nur einem Tor Unterschied.

Zwar besteht noch eine vage Aussicht auf den Klassenverbleib, dann, wenn keiner der erklärten Aufstiegsbewerber - Kassel, Krefeld und Dresden - am Ende den Titel in der DEL2 holen sollte; bis es so weit ist, vergehen noch zwei Monate. "Aber realistisch für uns ist die DEL 2", sagte Maximilian Horber, einer der geschäftsführenden Gesellschafter der Panther. Mit schwäbischem Realismus haben sie sich deshalb seit Januar darangemacht, aus den Scherben dieser Saison einen Rahmen für die Zukunft zu basteln. "Wir planen seit Wochen zweigleisig", sagte Horber vorvergangene Woche bei einer Sponsorenveranstaltung.

Einige der wichtigsten Geldgeber haben bereits ihre Unterstützung für die kommende Saison zugesagt - unabhängig von der Liga. Die vielleicht wichtigste Veränderung bestätigten die Panther am Samstag: Christof Kreutzer, 55, ehemals Chefcoach der Düsseldorfer EG und zuletzt Sportdirektor der Schwenninger Wild Wings, wird neuer Trainer und zudem Sportlicher Leiter der Panther. Die Personalie konnten die Augsburger deshalb so zeitig bekannt geben, weil auch Schwenningen die Playoffs verpasst hat.

Deutsche Eishockey Liga: "Wir kommen wieder": Die Augsburger Panther, vorne links T. J. Trevelyan, verabschieden sich von ihren Anhängern - und wahrscheinlich auch von der DEL.

"Wir kommen wieder": Die Augsburger Panther, vorne links T. J. Trevelyan, verabschieden sich von ihren Anhängern - und wahrscheinlich auch von der DEL.

(Foto: Goldberg/Beautiful Sports/Imago)

Schlecht für Schwenningen, gut für den Deutschen Eishockey-Bund: Wild-Wings-Trainer Harold Kreis kann sich ab sofort auf seine Aufgabe als neuer Bundestrainer konzentrieren. Schlechte Nachricht für Berlin, gute Nachricht für Kreis: Er kann früh in der WM-Vorbereitung auf die Berliner Nationalspieler zugreifen. Denn die Eisbären führten zwar gegen Schwenningen, während Augsburg in Frankfurt zwischenzeitlich tatsächlich vorne lag, verspielten aber ihren 2:0-Vorsprung, gerieten sogar in Rückstand, glichen in der Schlussminute aus, um nach Penaltyschießen schließlich doch 3:4 zu verlieren.

Und so flossen am Sonntag in Berlin Tränen, während sich Augsburg selbst feierte. Das Curt-Frenzel-Stadion war am Freitag noch einmal ausverkauft gewesen, am Sonntag fuhr ein Bus-Konvoi nach Frankfurt. Das schockgefrostete Verhältnis der Panther zu ihren Anhängern war zuletzt doch noch aufgetaut. "Wir kommen wieder", sangen die Fans - trotz der 3:4-Niederlage nach Verlängerung, der 20. Saisonniederlage mit einem Tor Unterschied.

Frankfurt fährt in der ersten Playoff-Runde am Dienstag nach Düsseldorf, Nürnberg nach Bremerhaven, und Meister Berlin: in die Sommerpause. "Wir waren einfach nicht gut genug", sagte Eisbären-Verteidiger Morgan Ellis. Und klang in diesem Moment verdächtig wie Duanne Moeser.

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