Eishockey-Bundesliga:Der Meisterspielermacher

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Frank Fischöder. (Foto: nph/Hafner/imago)

Der langjährige Nachwuchstrainer Frank Fischöder übernimmt die Profis der Ice Tigers.

Von Christian Bernhard

Die rechte Hand, die über der linken auf dem Pult abgelegten lag, hob sich leicht, als André Dietzsch jenen Satz aussprach, der auch als Motto für die Pressekonferenz hätte durchgehen können. "Die Zukunft", sagte der Sportdirektor der Nürnberg Ice Tigers, "beginnt heute."

Profivereine schmücken sich gerne mit Verweisen auf die Wichtigkeit der Nachwuchsarbeit. Auch der fränkische Klub aus der Deutschen Eishockey Liga (DEL), auf den seine erste Saison ohne den langjährigen Hauptsponsor Thomas Sabo wartet, sprach in den vergangenen Monaten immer wieder von einer Neuausrichtung des Vereins in diese Richtung. Nun ließen die Nürnberger den Worten auf der Cheftrainer-Position Taten folgen. Nachdem ihnen ihr letztjähriger Trainer Kurt Kleinendorst kürzlich mitgeteilt hatte, dass er aus familiären Gründen nicht nach Nürnberg zurückkehren werde, präsentierten sie am Freitag Frank Fischöder als neuen Cheftrainer. Das Warten der Ice Tigers auf Kleinendorsts Entscheidung habe ihm nicht zugesetzt, er fühle sich nicht als B-Lösung, betonte dieser. Co-Trainer bleibt Manuel Kofler.

Der 48-jährige Fischöder war als Trainer noch nie im Profibereich tätig, bringt aber so viel Eishockey-Expertise mit, wie wohl nur wenig andere Deutsche. 18 Jahre lang arbeitete Fischöder zuletzt bei den Mannheimer Jungadlern, seit 2013 war er Sportlicher Leiter des prestigeträchtigen Eishockey-Leistungszentrums in der Kurpfalz. In den vergangenen sieben Jahren gewann er als Cheftrainer der Jungadler sechs Meisterschaften in der Deutschen Nachwuchs Liga (DNL). Zeitweise trainierte er zusätzlich auch die deutschen U17- und U18-Nationalmannschaften. Der gebürtige Dortmunder, der schon als 18-Jähriger ins Trainergeschäft einstieg, gilt als Fachmann in sportwissenschaftlichen Aspekten wie Trainingssteuerung, Ernährung und Fitness.

Wie überraschend die Personalie Fischöder ist, ordnete Fischöder selbst ein. Er sei in Nürnberg sehr gut aufgenommen worden, erzählte er, "obwohl im ersten Moment ja auch keiner so richtig wusste, was für einer ich bin." Wie sehr die Ice Tigers von ihm überzeugt sind, machten sie mit der dreijährigen Vertragslaufzeit deutlich. Der lange Vertrag für den Neuling im Profibereich sei die logische Konsequenz, sagte Dietzsch, der mit Fischöder im U18-Nationalteam zusammen gearbeitet hat. "Eine Philosophie ist nicht nach drei Monaten beendet."

Mit großen Eishockey-Namen hat Fischöder, der "per Zufall" als Fünfjähriger beim Eishockey gelandet war, bereits gearbeitet, als sie noch keine großen Namen waren. Leon Draisaitl, Dominik Kahun, Moritz Seider, Marc Michaelis, Tim Stützle: Die Liste der deutschen Topspieler, die Fischöder trainiert hat, ist lang und prominent. Der 48-Jährige gibt sich diesbezüglich aber betont bescheiden. "Es geht dieses Gerücht um, ich hätte diese Spieler gemacht. Davon bin ich nicht überzeugt. Diese Ausnahme-Spieler machen sich selbst." Über 60 aktuelle DEL-Profis und in Nordamerika aktive Spieler wurden von Fischöder gefördert, dazu gehören auch die zwei aktuellen Ice-Tigers-Spieler Tim Bender und Joachim Ramoser.

Fischöders Vita im Nachwuchsbereich ist beeindruckend; die Herausforderung liegt nun darin, auch mit arrivierten und erfahrenen Profis erfolgreich zu arbeiten. Er gesteht ein, dass man es im Nachwuchsbereich schon etwas einfacher habe: "Da kann ich diktieren, das ist eine einfache Geschichte." Dennoch scheint ihm der Wechsel vom Nachwuchs- in den Profibereich nicht all zu viele Sorgen zu bereiten. "Am Ende des Tages arbeiten wir mit Menschen", erklärte er. Und: "Ich bin nicht blauäugig, ich bin nicht naiv." Er habe sich "so weit es möglich ist" vorbereitet. Den Schritt in den Erwachsenenbereich, mit dem er sich vor zwei Jahren erstmals beschäftigt hatte, bezeichnete er als "natürliche Konsequenz" seiner Entwicklung.

Seinen Spielern will er auf dem Eis durchaus Freiheiten lassen, aber es gebe Dinge, "wo ich sehr strikt bin." Er glaube etwa nicht, dass es "eine Kreativität ohne Scheibe gibt." Woran er glaubt ist, "dass das offensive Spiel die Zukunft ist." Und an Fleiß: "Ich arbeite gerne und viel." Dietzsch bestätigte das, bei Fischöders Arbeitsmoral könne man nicht von einem Beruf sondern von einer "Berufung" sprechen. Wann der neue Mann mit seiner Trainerarbeit loslegen kann, ist aufgrund der Corona-Krise noch offen. "So schnell wie möglich", hofft er. Bis dahin möchte er bei seinen zukünftigen Spielern die Begeisterung für das Kraft- und Ausdauertraining hochhalten, denn das sei für Spielsportler kein Spaß. "Der Kraftraum ist nicht ganz so sexy", sagte er, "wir wollen spielen."

© SZ vom 27.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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