Süddeutsche Zeitung

Eishockey:An der Carrera-Bahn

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DEL2-Klub Bayreuth Tigers hat von den sechs Wochen seit dem Auftakt vier in Quarantäne verbracht - und bisher nur neun Mal trainiert.

Von Christian Bernhard

Markus Lillich versuchte, etwas Normalität aufkommen zu lassen. Training, Vorbereitung, Videostudium, "das übliche halt", antwortete der Stürmer der Bayreuth Tigers auf die Frage, wie sich sein Team auf die Partie in Bad Nauheim vorbereitet habe. Tatsächlich war bei den Bayreuth Tigers in den letzten zwei Wochen kaum etwas wie üblich. Da ein Spieler positiv auf das Coronavirus getestet worden war, musste die komplette Mannschaft für zehn Tage in häusliche Quarantäne. An Eis-Training war nicht zu denken. Nach lediglich zwei gemeinsamen Einheiten kehrten die Oberfranken am Dienstagabend in den Zweitligaspielbetrieb zurück - und verloren 1:4. Tigers-Trainer Petri Kujala brachte das Bayreuther Dilemma kurz und knapp auf den Punkt: "Wir sind jetzt seit sechs Wochen zusammen und waren knapp vier davon in Quarantäne." Neun Mal konnte er bisher mit seiner ganzen Mannschaft trainieren, da große Teile der Spieler bereits Mitte Oktober aufgrund eines Coronafalls in Quarantäne mussten. Es gibt DEL2-Teams, die schon sieben Mal gespielt haben.

Tigers-Geschäftsführer Matthias Wendel respektiert die Entscheidung des Gesundheitsamtes, das seine gesamte Mannschaft vom 12. bis 21. November in häusliche Quarantäne versetzt hatte. Er fühlt sich mit Blick auf den FC Bayern München, bei dem nach Niklas Süles Corona-Positiv-Bescheid (der sich später als falsch positiv herausstellte) der Rest des Teams normal weiter trainieren konnte, aber auch "etwas benachteiligt". Er hat nachgefragt, was die Tigers diesbezüglich eventuell falsch gemacht hätten, bekam darauf aber keine Antwort. Wendel hat das Beispiel der Bayreuther Bundesliga-Basketballer vor Augen, die Ende Oktober nach einem positiven Fall ebenfalls zwei Wochen in Quarantäne mussten. "Die haben dann die darauffolgenden drei Spiele verloren, bis sie wieder im Rhythmus waren. Ich befürchte, bei uns wird es ähnlich sein." Deshalb spricht Wendel von einer "Wettbewerbsverzerrung light" und einem erzwungenen "Kaltstart", der seinem Team bis zum 10. Januar aufgrund mehrerer Nachholspiele unter der Woche nun stolze 19 Spiele beschert.

Die Tigers-Spieler versuchten, das bestmögliche aus der Quarantäne zu machen. Sie wurden zuhause mit Spinningrädern ausgerüstet, um sich fit halten zu können. Dieses Rad, erzählte der schwedische Verteidiger Simon Karlsson via Social Media, "ist im Moment mein bester Freund". Viele Spieler beschäftigten sich intensiv mit der Playstation "und unsere gute alte Carrera-Bahn haben wir auch wieder entdeckt", berichtete Torhüter Nico Zimmermann, der die Quarantäne zusammen mit seinem stürmenden Bruder Tim absolvierte. Generell empfanden die Tigers-Spieler die Quarantäne-Tage aber wahlweise als "schwierig" oder "bitter", Durchhalteparolen a la "Man muss so gut es geht, positiv bleiben" (Stürmer Dominik Meisinger) machten die Runde. Trainer Kujala bescheinigte seinen Spielern, dass sie das häusliche Trainingsprogramm "gut durchgezogen haben, aber natürlich hat das nicht das Eistraining ersetzt".

Kujala versucht nun, die Zwangspause nicht als Alibi gelten zu lassen. "Wir werden nicht jammern, sondern wir packen das jetzt an und wollen in den Rhythmus kommen", unterstreicht er. Der 37-jähige Kapitän Ivan Kolozvary, bereits seit 2013 in Bayreuth, teilt diese Einschätzung - und fügt an: "Hoffentlich war es das mit den Quarantänen."

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SZ vom 26.11.2020
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