Einzelkritik FC Bayern:Hervorragende oberbayerische Fußballerhaxen

Thomas Müller beendet eigenmächtig ein Experiment von Trainer Guardiola. Und Robert Lewandowski agiert kühl wie ein Geheimagent. Der FC Bayern beim 5:0 gegen den Hamburger SV in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp

Manuel Neuer

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Ist überraschenderweise immer noch Torwart, wenn auch nicht mehr in der Kategorie "Weltklasse", wie die Kritiker vom Kicker diesen Sommer urteilten. Macht nichts, muss man nicht verstehen. Bekam gegen Hamburgs Biedermeier-Truppe nicht ein einziges Mal die Chance, sein Können zu demonstrieren. Holte sich vor lauter Unterbeschäftigung sogar mehrfach einen Ersatzball und warf sich diesen während des Spiels mit einem Balljungen hinter dem Tor zu. Hätte an diesem Abend auch in Ruhe den Kicker nach Rechtschreibfehlern durchforsten können.

Philipp Lahm

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(Foto: Kerstin Joensson/AP)

Weiß wohl selber nicht, was er in dieser Saison sein wird: Rechts hinten? Sechser? Rechtsaußen? Ist in erster Linie immer noch der einzige gebürtige Münchner im Kader, was für die Bayern ein Segen ist in Zeiten der Post-Schweinsteigerei. Verbrachte die erste Hälfte als Rechtsverteidiger mit Drang nach vorne, schob sich später nach Rafinhas Einwechslung ins Zentrum, wo er einen formschönen Kerzenkopfball durch die Luft segeln ließ. War in trägen Momenten der Kollegen derjenige, der mit kurzen Ballkontakten das Spiel ankurbelte. Dann ging er vom Feld und das Stadion klatschte artig.

Medhi Benatia

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(Foto: dpa)

Dante mag einer von Guardiolas "Lieblingsspielern" (Zitat Guardiola) sein, auf dem Feld aber stand der Marrokkaner. Dieser schlaksige Typ, über den man bisher außer seiner stattlichen Ablösesumme (knapp 30 Millionen) wenig weiß. Leistete aber selbst die beste Aufklärungsarbeit, indem er Alonsos Freistoßzuckerl zum 1:0 einköpfelte. Musste sich gegen Hamburgs Sturm-Eintagsfliegen kaum verausgaben und genoss dieses verteidigerfreundliche Spiel. Sollte Guardiola erneut Lust auf eine Ochsenabwehr haben - Benatia und Boateng sind dafür nicht die schlechtesten Kandidaten.

Jérôme Boateng

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Hat jetzt berühmte Freunde in New York wie den Rap-Obervater Jay-Z, der ihm bei der Vermarktung seiner selbst helfen will. Hofft inständig, dass Mr. Z's größter Hit "99 Problems" nicht zum Soundtrack ihrer Partnerschaft wird. Ein paar Problemchen waren dann aber doch zu bewältigen, zum Beispiel sonderbare Ballverluste. Zeigte bis auf ein Granatengeschoss in der ersten Hälfte etwas zu viel Sommerfußball. Steigerte sich im Verlauf der Partie und war fast froh, dass er mit dem eingewechselten Pierre-Michel Lasogga endlich einen körperlich ebenbürtigen Gegner zur Verfügung hatte. (Archivbild)

David Alaba

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Hatte in seinem ganzen Leben noch keine 99 Problems. Ist nach SZ-Informationen schließlich immer noch ein urlässiger Österreicher, was natürlich ein bisserl schade ist - hinten links zwickt's ja auch beim DFB. War auf seiner Seite um Harmonie mit den neuen Costa und Vidal bemüht, was mittelprächtig klappte. Hatte seine stärksten Momente in der Offensive, wenn er selbst Aktionen startete. Etwa bei einem saftigen Geschoss in der 78. Minute, das HSV-Keeper Adler gerade noch entschärfte. Der Rest: entspanntes Traben ohne Probleme.

Xabi Alonso

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(Foto: AP)

Der Mann mit dem rötesten Seefahrerbart auf dem Platz - und der einzige, der zum Saisonstart ein paar zünftige baskische Trinksprüche parat gehabt hätte. Weil Baskisch aber keiner versteht, machte er lieber mit einer Rammbock-Einlage gegen Schipplock auf sich aufmerksam (Gelb!). Lieferte zu Benatias 1:0 die Vorlage mit einem Freistoß, der ab sofort im Fußball-Almanach unter "butterweich" zu finden sein sollte. Genoss das Spiel wie ein Fischer in der Bucht von San Sebastian den Sonnenuntergang, denn es lief alles nach seinem Gusto: Keiner störte ihn bei seinen erhabenen Pässen, und Sprints verlangte ihm auch niemand ab. Durfte nach einem erfrischenden Auftritt früh in den Feierabend.

Arjen Robben

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(Foto: dpa)

Bei ihm wird in diesem Leben kein Seefahrerbart mehr sprießen, obwohl er aus der meeresnahen Stadt Groningen stammt. Erlebte den Saisonauftakt in ungewohnter Position: als nach innen gerückter Halbstürmer, im Thomas-Müller-Fachgebiet. Musste dort aber nicht lange ausharren und tauschte bald wieder mit Müller. Wenn er den Ball hatte, legte er mit seinen typischen, kurzen Tippelschritten los, doch meist verhedderte er sich im Hamburger Beine-Dickicht. Verbrachte keinen glanzvollen Abend und konnte sich frühzeitig in die Kabine verabschieden, um dort seinen Bartwuchs zu prüfen.

Thomas Müller

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(Foto: dpa)

Braucht weder Bart noch Trinksprüche, schließlich hat er zwei hervorragende oberbayerische Fußballerhaxen. Diese trugen ihn zunächst an eine ungewohnte Stelle des Platzes: nach rechts außen ins Stammgefilde von Robben. Beendete auf eigene Initiative aber bald Guardiolas Experiment und rückte ins Zentrum. Setzte sein Gebein dort wirkungsvoller ein, weil er mehr Räume erspüren konnte. Freute sich nach der Pause erst über eine famose Außenristflanke von Costa (3:0) und dann über ein Steilpassgemälde von Lewandowski (4:0). Benutzte für seine beiden Tore einmal den Kopf und einmal seine Haxen, was will man mehr?

Arturo Vidal

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(Foto: AP)

Definitiv der tätowierteste Spieler auf dem Platz und natürlich der, mit der mutigsten Rasur. Grinste schon beim Begrüßen mit den Hamburgern wie ein Erstklässler an der Eisdiele, was den Verdacht nährte, dass er zudem auch der bestgelaunte Profi des Abends war. Landete nach einigen Fouls der Hamburger öfter auf der Nase, was ihm schließlich die Sommerlaune verhagelte. Beschränkte sich daraufhin auf sein Kerngeschäft: grimmiges Dauerlaufen und Bälle verteilen. Sollte er in dieser Nacht noch ein Eis essen, dann am besten Geschmacksrichtung süß-sauer.

Douglas Costa

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(Foto: REUTERS)

Begann sein erstes Bundesligaspiel wie schon in der Vorbereitung im Raketenmodus und bereicherte die Offensive um ein neues Element: scharfe Hereingaben von der Grundlinie. Sorgte mit einigen Schlenkern für "Ouhs" und "Ahhs" in der Arena, auch wenn nicht jede seiner Aktionen vollends präzise ausfiel. Das lauteste "Oooh" rief dann zunächst seine Vorarbeit zu Müllers 3:0 hervor: Erst ersprintete er sich auf Rechts einen fast aussichtslosen Ball, dann streichelte er die Kugel mit dem linken Außenrist in die Mitte. Mit ihm bekommt das Bayern-Spiel eine spektakuläre Würze, siehe seine Willensleistung beim 5:0 (noch lauteres "Oooh"). Vielversprechendes Debüt.

Robert Lewandowski

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(Foto: dpa)

Ist nach SZ-Informationen immer noch Stürmer, weshalb Guardiola ihm eigens eine Position auf dem Feld freihält. Eigentlich mag der Trainer ja lieber Mittelfeldspieler, aber beim Polen macht er eine Ausnahme. Lewandowskis Problem: Seine Nemesis hieß an diesem Tag Emir Spahic. Und Hamburgs Bosnier hatte sich offenbar zum Ziel gesetzt, Lewandowski möglichst oft von hinten in die Hacken zu treten. Als Spahic dann eine Kunstpause einlegte, antwortete der Münchner auf seine Art. Er schoss kühl wie ein Geheimagent zum 2:0 ein. Nutzte den Komplett-Einbruch der Hamburger schließlich noch zu einer feinen Vorlage zum 4:0.

Rafinha

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Kam für Lahm und tat das, was er immer tut: Einen grundsoliden Außenverteidiger spielen. (Archivbild)

Mario Götze

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(Foto: dpa)

Ist nach SZ-Informationen immer noch Weltmeister und ein sehr feiner Fußballer. Bei Guardiola jedoch nicht ganz so beliebt wie "Lieblingsspieler" Dante. Durfte immerhin noch eine halbe Stunde mitspielen und streichelte ein paar Mal elegant das Spielgerät. Zu wenig, um in Guardiolas Lieblingsspieler-Ranking Boden gut zu machen.

Thiago Alcantara

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Kam für Robben und spielte erst einmal einen Fehlpass. War aber auch Wurscht. (Archivbild)

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