Einzelkritik der Nationalelf:Führungsspieler mit feinen Füßchen

Mario Götze spielt beim 3:2 gegen die Seleção brasilianischer als manch Brasilianer, Manuel Neuer wird überraschend herabgestuft, obwohl er chancenlos ist und Bastian Schweinsteiger agiert als geheimniskrämerischer Leitwolf, der dem Gegner erst auf dem Platz seine Künste vorführt. Die deutsche Elf in der Einzelkritik.

Carsten Eberts, Stuttgart

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Einzelkritik der Nationalelf:Manuel Neuer

Deutschland - Brasilien

Quelle: dapd

Wurde nach seinem Patzer zum Bundesliga-Auftakt überraschend herabgestuft - vom überragenden Torwart dieser Welt (AAA) auf einen immer noch sehr guten Torwart, der jedoch noch einiges zu lernen hat (AA+). Gegen Brasilien zunächst sicher, auch bei hohen Bällen - hatte kurz nach der Pause Glück bei einem Heber von Pato. Beim Elfmeter von Robinho jedoch chancenlos, ebenfalls beim 2:3 durch Neymar. Wird womöglich bald wieder heraufgestuft.

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Einzelkritik der Nationalelf:Christian Träsch

Länderspiel Deutschland - Brasilien

Quelle: dpa

Der Mann mit dem Déjà-vu. Wechselte vor der Sommerpause bekanntlich nach Wolfsburg, um zum Mittelfeld-Sechser aufzusteigen. Kehrte nun nach Stuttgart zurück - und wurde prompt wieder als Rechtsverteidiger eingesetzt. Hinten mit Problemen gegen Brasiliens Wundermann Neymar, vorne jedoch mit No-Look-Doppelpässen mit Mario Götze. Damit einer der besseren Außenverteidiger, die das deutsche Team in den vergangenen Jahren gesehen hat. Und das, obwohl er diese Position eigentlich gar nicht spielen will.

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Einzelkritik der Nationalelf:Mats Hummels

Deutschland - Brasilien

Quelle: dapd

Agiert bei Borussia Dortmund stets etwas souveräner und selbstsicherer als in der Nationalelf. Muss in Dortmund auch nicht auf Holger Badstuber aufpassen, der ihm bei Länderspielen häufig zur Seite steht. Hatte mit Neymar ebenfalls seine Mühe, der auffallend häufig Hummels' Nähe suchte. Ein brasilianisches Tor fiel gegen ihn jedoch lediglich per Elfmeter - das konnte schon lange kein deutscher Abwehrchef mehr von sich behaupten. Durfte nach 88 Minuten vom Platz - für ihn kam Jérôme Boateng, erst dann traf Neymar zum 2:3 (93.).

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Einzelkritik der Nationalelf:Holger Badstuber

Holger Badstuber, Alexandre Silva

Quelle: AP

Begann in der Innenverteidigung anstelle des angeschlagenen Jérôme Boateng. Konnte das gut gehen? Gegen Neymar? Gegen Robinho und Pato? Es ging gut, erstaunlich gut sogar, mitunter half Badstuber souverän aus, wenn Hummels einmal überlaufen wurde. Bestätigte damit den Eindruck der vergangenen Bayern-Spiele: Es geht aufwärts.

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Einzelkritik der Nationalelf:Philipp Lahm

Germany v Brazil - International Friendly

Quelle: Bongarts/Getty Images

Bestes Beispiel dafür, dass Bayern-Trainer Jupp Heynckes doch ein halber Bundestrainer ist. Heynckes hatte Lahm schließlich vom Rechts- zum Linksverteidiger umgemodelt - also spielt Lahm in der Nationalelf ebenfalls auf dieser Position. Dosierte seine Offensivausflüge zunächst vorsichtig, in der zweiten Halbzeit dann jedoch mit einer schnellen Drehung und einem gefährlichen Aufsetzer, den Brasiliens Keeper Julio César nur abklatschen ließ. Behauptetet nach dem Elfmeterpfiff für Brasilien zwar vehement, er habe den Ball gespielt. Diese Meinung hatte Lahm jedoch exklusiv.

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Einzelkritik der Nationalelf:Bastian Schweinsteiger

Schweinsteiger of Germany challenges Silva of Brazil during their friendly soccer match in Stuttgart

Quelle: REUTERS

Betonte vor der Partie vehement, dass er sich als Führungsspieler sieht, was im Grunde niemand bezweifelt hatte. Analysierte anschließend führungsspielerhaft Gegner Brasilien und erklärte: "Sie haben Schwächen, aber mehr möchte ich nicht verraten, sonst bekommen sie es noch mit." Spielte zunächst, als wolle er seine eigenen offensiven Stärken ebenfalls nicht verraten - vielleicht bis zur WM 2014, wenn Deutschland im Finale womöglich auf Brasilien trifft. Nach 60 Minuten war damit Schluss: Schweinsteiger verriet den Brasilianern erst, dass er ein guter Elfmeterschütze ist, dann legte er Schürrle das 3:1 vor. Bekam von Bundestrainer Löw nach 85 Minuten einen Sonderapplaus geschenkt - für ihn kam Simon Rolfes.

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Einzelkritik der Nationalelf:Toni Kroos

-

Quelle: AFP

Von Bundestrainer Löw erneut für die Doppelsechs neben Bastian Schweinsteiger nominiert, obwohl Kroos in München zuletzt als Zehner vor Schweinsteiger agierte. Dies bekam dem 21-Jährigen zunächst nicht allzu gut: Stoppte nach zehn Minuten einem Brasilianer den Ball formschön auf den Fuß, was den Südamerikanern die erste Chance eröffnete. Später jedoch mit einem gefährlichen Freistoß aus 18 Metern und einem geschickten Faller im Strafraum, den Schiedsrichter Kassai wohlwollend mit Elfmeter ahndete. Bereitete auch das 2:0 durch Götze mit feinem Pass optimal vor - war nach schleppendem Beginn am Ende einer der besten Deutschen.

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Einzelkritik der Nationalelf:Thomas Müller

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Quelle: AP

Ging nach dem Bundesliga-Auftakt überraschend unter die Schlipsträger ("Ich habe so eine Krawatte"), hatte seinen Ärger glücklicherweise jedoch in München gelassen. Besser als zum Bundesliga-Auftakt lief es jedoch wieder nicht: Müller spielte eine bestenfalls unauffällige Partie, defensiv zwar wertvoll, offensiv jedoch definitiv im Schatten von Götze.

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Einzelkritik der Nationalelf:Mario Götze

Deutschland - Brasilien

Quelle: dapd

Wurde von Medien, Mitspielern und Lichtgestalten zuletzt wahlweise "Mini-Messi" oder "Götzinho" genannt. Fand das selbst gar nicht so witzig, sieht sich schließlich eher in der Position von Pedro oder David Villa. Durfte gegen Brasilien erstmals von Beginn an ran und spielte weder wie Messi, noch wie Pedro oder Villa - sondern wie Mario Götze. Auffällig rasant am Ball, giftig in der Defensive und zusätzlich mit dem eindeutig feinsten Füßchen aller Deutschen. Fast jede gefährliche Offensivaktion ging über Götze. Spielte vor dem Elfmeter zum 1:0 den entscheidenden Pass auf Kroos, umkurvte Minuten später Keeper César und legte den Ball cool zum 2:0 ins Netz. Wurde nach 88 Minuten ausgewechselt, für ihn kam Cacau. Besser kann ein Startelfdebüt kaum laufen.

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Einzelkritik der Nationalelf:Lukas Podolski

Deutschland - Brasilien

Quelle: dapd

Absolvierte gegen Brasilien sein 90. Länderspiel - ohne Murren, jedoch auch ohne Kapitänsbinde. Musste dafür von links mitansehen, wie Kollege Götze über rechts wirbelte - jener Götze, der als aussichtsreicher Kandidat für den Stammplatz auf Podolskis linker Seite gehandelt wird. Wurde bereits zur Halbzeit ausgewechselt, gegen einen, der ebenfalls als aussichtsreicher Kandidat für die linke Seite gehandelt wird: Andre Schürrle.

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Einzelkritik der Nationalelf:Mario Gomez

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Quelle: AFP

Verlor das Frisuren-Duell gegen Neymar haushoch, erwischte auch sonst keinen herausragenden Tag. Hatte streng genommen bis zur Halbzeit keine nennenswerte Offensivaktion, was bei einem Testspiel mit diversen Wechselmöglichkeiten natürlich keine gute Basis für einen Einsatz in der zweiten Halbzeit ist. Gomez blieb entsprechend in der Kabine - für ihn kam Miroslav Klose.

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Einzelkritik der Nationalelf:André Schürrle

Germany v Brazil - International Friendly

Quelle: Bongarts/Getty Images

Schürrle (re.) kam nach 45 Minuten für Podolski. Kämpfte sich über links gleich durch und passte in letzter Sekunde auf Götze, der jedoch verzog. Prügelte nach 80 Minuten dann einen Schweinsteiger Pass kraftvoll unter die brasilianische Querlatte. Hatte damit an diesem Abend sehr viel richtig gemacht.

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Einzelkritik der Nationalelf:Miroslav Klose

Germany v Brazil - International Friendly

Quelle: Bongarts/Getty Images

Kam nach 45 Minuten für Gomez und war zu diesem Zeitpunkt noch sieben Tore vom Müllerschen Uraltrekord entfernt. War nach 90 Minuten immer noch sieben Tore vom Rekord entfernt, hatte dennoch ein passables Länderspiel gemacht, wirkte deutlich agiler und zweikampfstärker als Gomez. So kann das als Stürmer manchmal laufen.

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Einzelkritik der Nationalelf:Michael Ballack

Deutschland - Brasilien

Quelle: dapd

Wurde in Stuttgart nicht gesichtet. Nicht auf dem Platz (natürlich!), auch nicht auf der Ersatzbank (wie zuletzt häufig), noch auf der Tribüne oder beim Edel-Italiener. Trainierte wahrscheinlich in Leverkusen, verbissen und unter Flutlicht, um wieder richtig, richtig fit zu werden. Es wäre gewiss schön gewesen, Ballack noch einmal im Trikot der Nationalmannschaft zu sehen. Doch er wollte nicht. Lieber Micha, sueddeutsche.de hat trotzdem an dich gedacht!

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Einzelkritik der Nationalelf:Joachim Löw

Länderspiel Deutschland - Brasilien

Quelle: dpa

Joachim Löw Hat die Zeit deutscher Fußballentwicklungshilfe für beendet erklärt. Will schließlich lieber gegen große Teams wie Brasilien, Niederlande oder Frankreich testen statt gegen Norwegen, Belgien oder Rumänien. Hat außerdem, wo er gerade dabei war, auch die Zeit deutscher Streicheleinheiten für alternde Führungsspieler (Ballack) für beendet erklärt ("Daran wird sich nichts ändern"). Obwohl er dies eigentlich bereits vor Wochen getan hatte. Verfolgte lieber entspannt, was sein Kindergarten gegen Brasilien veranstaltete - und war höchst angetan.

© sueddeutsche.de/jbe/thob
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