Stadionbesuch und Eintrittskarten:Die Bundesliga entdeckt das E-Ticket

Stadionbesuch und Eintrittskarten: Die Zukunft des deutschen Eintrittskartensystems? Ja - und nein. Denn für richtige Nachhaltigkeit wäre erst gesorgt, wenn dieser Anhänger des BVB ohne Papierausdruck auskäme.

Die Zukunft des deutschen Eintrittskartensystems? Ja - und nein. Denn für richtige Nachhaltigkeit wäre erst gesorgt, wenn dieser Anhänger des BVB ohne Papierausdruck auskäme.

(Foto: Ina Fassbender/AFP)

Bald könnte es nur noch digitale Eintrittskarten geben. Die Fußball-Klubs reden von Nachhaltigkeit, versprechen sich aber auch personenbezogene Daten - und dadurch mehr Umsätze.

Von Christoph Ruf

In den Online-Auktionshäusern gehören sie zu den beliebtesten Fußballdevotionalien, doch demnächst dürften sie unter "Antiquitäten" zu finden sein. Denn gedruckte Eintrittskarten wird es schon bald nicht mehr geben. Zumindest dann nicht, wenn es nach den meisten Verantwortlichen in der Bundesliga geht, die in diesem Sommer einen weiteren Schritt in Richtung eines durchdigitalisierten Stadions unternommen haben. Dieses kommt weitgehend mit Eintrittskarten aus, die auf dem Handy gespeichert werden: sogenannten Mobile- oder E-Tickets. Deren Vorzüge loben die Ticketing-Organisatoren dann auch in den höchsten Tönen - von Hamburg bis nach München.

Auch Michael Becker, Geschäftsführer des Zweitligisten Karlsruher SC, betont, dass er sich über jeden freut, der elektronische Tickets kauft. "Wir wollen Anreize schaffen, aufs Mobile-Ticket umzusteigen, aber nach wie vor auch Hardtickets anbieten." Und Anreize schaffen sie: Beim Spiel gegen Magdeburg kostete ein Ticket für die neu eröffnete Hintertortribüne am Ort 29 Euro. Wer online im Vorverkauf zugeschlagen hatte, musste neun Euro weniger zahlen. 20 statt 29 Euro - oder gut 30 Prozent weniger.

Wobei es in Karlsruhe streng genommen seit dieser Saison keine Hardtickets mehr gibt, nur noch Ausdrucke des E-Tickets - für Sammler sicher eine traurige Nachricht. Die meisten Fans nutzen das digitale Angebot allerdings gerne, sie finden es praktisch, mit wenigen Klicks ins Stadion zu kommen. "Das ist sicher auch eine Generationenfolge", erklärt Becker.

Einen Vorteil der Onlinestrategie bewerben die Klubs indes nicht offensiv - Daten sind Währung

Noch offensichtlicher sind die Vorteile für die Vereine, die Personal für den Ticketverkauf einsparen und durch den weitgehend bargeldlosen Zahlungsverkehr leichter abrechnen können. Zudem entfalle der aufwändige Druck von Papiertickets. "Da geht es auch um Nachhaltigkeit", sagt Becker, der allerdings auch weiß, dass die meisten Fans mit zu Hause ausgedruckten E-Tickets durchs Drehkreuz gehen: "Da wäre es natürlich besser, die Karte nur auf dem Handy zu speichern."

Den viel entscheidenderen Vorteil der Onlinestrategie bewerben die Vereinsführungen indes nicht. Denn natürlich sind die Daten, die man beim Kauf von E-Tickets hinterlässt, eine harte Währung in einer Branche, die auf der Suche nach Wachstumsmöglichkeiten ist. Noch vor zehn Jahren hatten die Klubs lediglich Daten ihrer Mitglieder und derjenigen Fans, die sich eine Dauerkarte gekauft hatten. Heute dürfte die Quote in der Bundesliga dank der Digitalstrategie an jedem Spieltag bei weit über drei Viertel der Zuschauer liegen, die zuvor mehrheitlich bereitwillig Mailadressen, Telefonnummern und Geburtsdatum hinterlassen haben.

Stadionbesuch und Eintrittskarten: Bloß nicht den Ultras weitersagen: Künftig soll es dank der Daten möglich sein, die einzelnen Stadionbereiche separat anzusprechen.

Bloß nicht den Ultras weitersagen: Künftig soll es dank der Daten möglich sein, die einzelnen Stadionbereiche separat anzusprechen.

(Foto: Christopher Neundorf/Imago)

Die weitere Digitalisierung - das Thema, das sich die neue DFL-Geschäftsführerin Donata Hopfen auf die Fahne geschrieben hat - nennen in der Branche einige als vielversprechendste Möglichkeit, um die Umsätze zu steigern. Künftig soll es dank der Daten möglich sein, die einzelnen Stadionbereiche separat anzusprechen. So könnte das vegane Speiseangebot gezielt für die Klientel beworben werden, die zuvor das nachhaltig produzierte Fantrikot gekauft hat.

Für die Kunden auf den teuersten Plätzen wäre eine Werbe-Mail für VIP-Angebote denkbar, zudem Push-Nachrichten, mit denen während der ersten Hälfte auf eine Verkaufsaktion in der Halbzeit aufmerksam gemacht wird. Die dürfen dann aber nur auf den Handys im Sitzplatzbereich landen - und keinesfalls auf denen der Ultraszenen, die solcherlei Marketingaktionen vehement ablehnen.

Doch so vielversprechend die Digitalisierungsstrategie vielen Vereinen auch vorkommt - die Technik macht den Veranstaltern in Deutschland oft genug noch einen Strich durch die Rechnung. Wer am Mittwoch versuchte, in die Ticketshop einiger zufällig ausgewählter Bundesligisten zu gelangen, blieb meist minutenlang im "Warteraum" hängen. Und am Sonntag sah man eine Viertelstunde vor Anpfiff Hunderte KSC-Fans, wie sie verzweifelt versuchten, online noch vor dem Stadion ein Ticket zu buchen. Das allerdings schlug wegen Serverproblemen fehl.

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