Eintracht-Trainer Kovac:Der Außenseiter-Kandidat des FC Bayern

TSG 1899 Hoffenheim v Eintracht Frankfurt - Bundesliga

Voll im Fokus: Niko Kovac, erfolgreicher Trainer von Eintracht Frankfurt.

(Foto: Matthias Hangst/Getty Images)
  • Der FC Bayern sucht einen neuen Trainer - eine Rolle in den Überlegungen spielt laut einem Insider dabei auch Frankfurts Niko Kovac.
  • Jupp Heynckes lobt seinen Kollegen vor dem Spiel der Münchner bei der Eintracht auffällig.
  • Kovac leistet in Frankfurt gute Arbeit - und hat mit dem FC Bayern mal den Weltpokal gewonnen.

Von Christof Kneer

Seit über 20 Jahren ist Fredi Bobic jetzt schon dabei, er war als Spieler und Manager überall, sogar bei Tschernomoretz Burgas in Bulgarien. Nach einem solchen Karriere-Laufweg hat man eine ungefähre Ahnung davon, wie die Branche so drauf ist, erst recht, wenn man Fredi Bobic ist, der nicht mal extra verschmitzt dreinschauen muss, um verschmitzt auszusehen. Bobic besitzt ein tadelloses Fußballmanagerpokerface, immer schon, und er hat Supergeschichten auf Lager. Untertitel all dieser Geschichten: Ich, Bobic, habe alles schon erlebt. Zurzeit muss dieser Bobic aber eine verstörend neue Erfahrung machen, Menschen stellen ihm dauernd eine Frage, die er noch nie gehört hat.

Was sein Trainer denn besonders gut könne, fragen die Menschen. Und ob Niko Kovac schon reif für den FC Bayern sei?

Fredi Bobic ist das Managerpokerface von Eintracht Frankfurt, aber vorher war er mal Manager in Stuttgart, und da kannte er die Frage nur andersrum. Was der Trainer denn jetzt wieder falsch mache, wie lange es mit dem noch gehe und ob der Huub das eigentlich dürfe, die armen Spieler so anknurren: So was wollten die Leute da immer wissen. Trainer dagegen, die so erfolgreich sind, dass ein toller Klub sie vielleicht sogar wegkaufen will, die kannte der Manager Bobic gar nicht. Bis jetzt.

Am Wochenende begegnet Bobic mit seiner Eintracht dem FC Bayern, und im Grunde hat der Manager die Tage bis zum Spiel damit verbracht, Niko Kovac zu loben. "Ein hervorragendes Gespür" für die Spieler habe der Trainer, hat Bobic sich also dauernd sagen hören, und am Freitag schärft er die Lobeshymne noch mal nach: "Niko ist ein jung gebliebener Fußballer", sagt Bobic, "aber gleichzeitig ist er auch der Fußballlehrer, der Disziplin und Ordnung einfordert." Kovac könne "die Jungs schon mal hart anpacken", aber er habe auch "eine menschliche Art, die bei den Jungs super ankommt".

Bobic sollte diesen Satz nicht so oft sagen, oder er sollte hoffen, dass die Bayern ihn dann wenigstens nicht lesen. Denn hart anpacken, aber menschlich sein: So sehen die Münchner ja auch ihren geliebten Jupp Heynckes, für den sie demnächst übrigens einen Nachfolger suchen müssen, auch wenn Uli Hoeneß diesen Gedanken am liebsten boykottieren würde. Warum soll er einen Supertrainer suchen, er hat doch schon einen, den Jupp. Nur hat der Supertrainer inzwischen oft genug betont, dass er im Sommer aufhören und seine menschliche Art wieder mit nach Hause an seinen Niederrhein nehmen wird.

Gerne werde er die Bayern aber in der Trainerfrage beraten, auch diese Aussage von Jupp Heynckes ist aktenkundig, und so durfte man in der Tat die Ohren spitzen, als Heynckes am Freitag ebenfalls eine Hymne auf den Trainer des Gegners dichtete. Heynckes ist ein höflicher Herr, niemals würde er sagen, dass der Trainer des Gegners ein Blindfisch sei, aber in so einem Fall würde er den Blindfisch dann vielleicht nur pflichtgemäß loben. Jedenfalls würde er nicht wie bei Niko Kovac schwärmen, dass der Kollege "einen richtig guten Job" mache, dass er "unaufgeregt" sei und "klare Analysen" mache. "Also das gefällt mir schon, dass muss ich ganz ehrlich sagen", sagte Heynckes. Vor allem ein Wort ließ dabei aufhorchen: Das Attribut "unaufgeregt" hatte Heynckes kürzlich schon in einem Interview bemüht; wichtig sei, sagte er da, dass ein Trainer "einen Ruhepol darstellt und unaufgeregt ist". Von den Interpreten wurde dieses Sätzlein sofort gegen die FC-Bayern-Trainerkandidaten Thomas Tuchel, Jürgen Klopp und Julian Nagelsmann verwendet, die ja doch recht ruhelos am Rasenrand herumbrausen.

Ob das ein bewusstes Statement gegen diese Kollegen war, diese Frage kann nur Heynckes beantworten. Dass er sein Lieblingsattribut "unaufgeregt" aber rein zufällig hat fallen lassen, darf man für unwahrscheinlich halten. Heynckes wollte damit schon sagen, dass er Niko Kovac, 46, für fähig hält, Mannschaften zu führen.

Offiziell hält Heynckes sich raus aus der Debatte um seine Nachfolge, er wolle sich nicht jede Woche dazu äußern, meinte er am Freitag, und er gehe davon aus, "das der FC Bayern einen ganz genauen Plan hinsichtlich des Trainers habe". Davon gehen übrigens nicht alle in der Branche aus, aber es ist auch wirklich nicht so einfach, einen Trainer für diesen speziellen Verein zu finden. Wenn die Bayern in der Trainerfrage mal mutig waren, haben sie den Mut hinterher meist bereut (Sören Lerby, Jürgen Klinsmann), andererseits: Hat der Fall Ancelotti nicht gezeigt, dass es 2017 nicht mehr reicht, einfach einen Titeltrainer zu holen, der's dann schon richten wird?

Uli Hoeneß würde den FC Bayern am liebsten nur Familienmitgliedern anvertrauen

Er nehme die Gerüchte um Niko Kovac "eher schmunzelnd zur Kenntnis", sagte Fredi Bobic am Freitag, "und Niko schmunzelt übrigens auch". Es sei aber "natürlich völlig normal, dass ein Trainer, der einen hervorragenden Job macht, von noch größeren Klubs beobachtet wird". Aber einstweilen haben sie in Frankfurt beschlossen, das Ganze auszusitzen und darauf zu vertrauen, "dass nächste Woche vielleicht Domenico Tedesco oder wer auch immer der nächste heiße Kandidat ist", wie Bobic sagt. Und dass sowohl Verein wie auch Trainer nicht daran denken, den bis 2019 laufenden Vertrag vorzeitig auszudehnen, sei auch kein Zeichen für irgendwas. Die Eintracht will sich von der Debatte nicht treiben lassen, ebenso wenig wie der Trainer.

Wer sich aber in der Branche umhört und die Reflexe der Bayern kennt, der kommt zu der Erkenntnis, dass es Niko Kovac inzwischen in eine komfortable Außenseiterposition geschafft hat. Man solle den Namen Kovac nicht vergessen, sagt einer, der die Klubdebatte genau verfolgt. Uli Hoeneß würde seinen FC Bayern ja am liebsten nur Familienmitgliedern anvertrauen, eine Weile hat er deshalb aufmerksam die Karrieren von Thorsten Fink, Markus Babbel, Mehmet Scholl und Stefan Effenberg verfolgt. Aber der Erste streitet sich gerade mit seinen Bossen bei Austria Wien und war mal beim HSV, der Zweite ist Vorletzter in der Schweiz, der Dritte rennt als TV-Experte aus dem Studio, wenn es um Doping im Fußball geht, und der Vierte ist Stefan Effenberg. Man könnte meinen, der neue Bayern-Trainer sei da nicht dabei.

Niko Kovac hat mit den Bayern den Weltpokal gewonnen, das reicht locker, um im FCB-Stammbaum unterzukommen, und natürlich weiß auch Fredi Bobic, was die Bayern in ihrem früheren Mittelfeldspieler sehen. Kovac, der auch schon die kroatische Nationalelf trainiert hat, ist eine Art Weltbayer, er kommt von drinnen und von draußen. Während Hasan Salihamidzic als Sportdirektor eher als der kleinste gemeinsame Renner gilt, der von der Chefetage in die Kabine und wieder zurück saust, könnte sich Kovac - je nach Verlauf der Trainersuche - eines Tages tatsächlich als schlüssige Kompromisspersonalie erweisen.

Es gebe "zurzeit keinen Grund, um Niko zu kämpfen", sagt Fredi Bobic, "ganz einfach, weil noch nichts vorliegt". Niko Kovac sagt das auch, und er wirkt dabei ausgesprochen unaufgeregt.

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