Europa League:Frankfurt jubelt in der Stille, Leverkusen dankt Havertz

Spieler von Eintracht Frankfurt feiern bei Olympique Marseille

Die Frankfurter feiern ihren Sieg in Marseille.

(Foto: REUTERS)

Eintracht Frankfurt hat nach 1666 Tagen Pause ein Europa-Comeback nach Maß gefeiert und sensationell Vorjahresfinalist Olympique Marseille besiegt. Vor leeren Rängen bezwang der deutsche Pokalsieger zum Auftakt in die Europa League die Franzosen am Donnerstag mit 2:1 (0:1) und drehte damit einen Rückstand gegen den hohen Favoriten aus Marseille. "Es ist unfassbar, es tut einfach nur gut. Das müssen wir jetzt mitnehmen", sagte Nationaltorhüter Kevin Trapp.

Mittelfeldspieler Lucas Torro (52. Minute) mit einem Kopfball und Joker Luka Jovic (89.) mit einem satten Schuss unter die Latte sorgten für den unerwarteten Sieg der Eintracht, die sogar noch eine halbe Stunde in Unterzahl spielte. Nach mehr als viereinhalb Jahren Europa-Pause war die Eintracht in Marseille schnell in Rückstand geraten, Lucas Ocampos (3.) schoss ein. Ein Spiel zu drehen, tut immer gut", meinte Abwehrspieler Danny da Costa. "Für die Moral ist das überragend."

In der letzten halben Stunde verteidigte die Eintracht zu zehnt das Remis beim klaren Favoriten, weil Jetro Willems wegen wiederholten Foulspiels mit Gelb-Rot vom Platz gestellt wurde. "Unsere Position ist jetzt sehr gut. Wir sind viel gelaufen, haben viel gekämpft. Es war wichtig, dass wir uns dafür belohnen", sagte Trapp weiter. Mit dem Sieg im Rücken können die Hessen nun zuversichtlich das erste Heimspiel in zwei Wochen gegen Lazio Rom angehen.

"Es ist schon bedrückend, so ein Geisterspiel zu haben. Es ist traurig für den Fußball", sagte Eintracht-Sportvorstand Fredi Bobic. Wo sonst mehr als 60 000 Zuschauer, inklusive einer fünfstelligen Zahl an Eintracht-Fans, für ein Fußball-Fest gesorgt hätten, verloren sich nur rund 500 Club-Angehörige und Journalisten im riesigen Stade Vélodrome. Hintergrund war eine Uefa-Strafe gegen OM wegen mehrmaliger Verfehlungen der französischen Fans in der Vergangenheit.

Der Vorjahresfinalist aus Marseille zeigte trotz fünf Veränderungen in der Startelf zunächst die reifere Spielanlage und hatte in Mittelfeldspieler Dimitri Payet seinen Dreh- und Angelpunkt. Die Eintracht-Defensive bekam den französischen Ex-Nationalspieler erst überhaupt nicht in den Griff, erst im zweiten Durchgang legte die Eintracht die Zurückhaltung ab und zeigte Comeback-Qualitäten.

Frankfurts rechte Seite spielt stark

Ohne Fans entwickelte sich ein Spiel, das eher einem Testspiel glich. Die Anweisungen der Teambetreuer waren sogar im Fernsehen gut zu verstehen. Die Frankfurter schienen aber nicht gut zugehört zu haben. Schon nach drei Minuten gerieten sie in Rückstand. Nach einer Hereingabe von Florian Thauvin traf Ocampos aus kurzer Entfernung.

Wenn bei der Eintracht was ging, dann meist über die rechte Seite. So auch in der vierten Minute, als Willems an einer Flanke von Danny da Costa vorbeirutschte. Viel mehr ließ OM in den ersten 45 Minuten nicht zu, dabei mussten die Gastgeber schon ab der siebten Minute auf Weltmeister Adil Rami wegen einer Verletzung verzichten. Ins Spiel kam Luiz Gustavo, ein alter Bekannter aus der Bundesliga.

Die Eintracht hatte gar Glück, dass die Franzosen zur Pause nicht höher führten. Einen Kopfball von Valere Germain fischte Kevin Trapp aus dem oberen Toreck (9.), der Keeper war auch bei einer weiteren Riesenchance von Germain nach einem katastrophalen Fehlpass von Torro zur Stelle (29.). Kurz vor dem Halbzeitpfiff hinterließ aber auch Trapp einen unsicheren Eindruck, als ihm ein Payet-Freistoß durch die Hände rutschte und nur knapp über das Tor strich.

Zum zweiten Durchgang kamen die Frankfurter mir mehr Leidenschaft und Engagement aus der Kabine. Die Eintracht erarbeitete sich ein kleines Übergewicht und wurde sogleich belohnt. Nach eine Ecke von Jonathan de Guzman köpfte Torres zum Ausgleich ein. Schwerer wurde es nach der gelb-roten Karte für Willems, der schon in der Bundesliga nach einer Tätlichkeit im Heimspiel gegen Werder gesperrt ist. Die Eintracht wehrte sich aber nach Kräften und hatte durch den Ex-Hamburger Nicolai Müller bereits die Chance zur Führung, doch OM-Schlussmann Pele war zur Stelle (73.). Gegen Jovic' Schuss war er aber machtlos.

Leverkusen dreht 0:2-Rückstand

Nationalspieler Kai Havertz hat Bayer Leverkusen mitten in der Krise einen Sieg der Moral gesichert. Der 19-Jährige war mit zwei Toren der überragende Mann beim 3:2 (1:2)-Sieg der Werkself zum Auftakt der Europa League am Donnerstag beim bulgarischen Serienmeister Ludogorez Rasgrad. Havertz, der elf Tage zuvor sein Debüt in der A-Nationalmannschaft gefeiert hatte, leitete nach dem frühen 0:2-Rückstand die Aufholjagd ein (38.) und erzielte nach dem Ausgleich von Neuzugang Isaac Kiese Thelin (64.) auch das Siegtor (69.).

Trotz einer auch zu Beginn engagierten Leistung schien sich die Bayer-Krise nach den Toren von Claudiu Keserü (8.) und Marcelinho (31.) zunächst zu verschärfen. Durch den letztendlich Sieg tankte Leverkusen aber kräftig Selbstvertrauen. Ein weiterer Sieg am Sonntag gegen Mainz ist nach dem historisch schlechten Bundesliga-Start mit drei Niederlagen dennoch Pflicht, um die Diskussionen auch um Trainer Heiko Herrlich erst einmal zu beenden.

"Wir sind jetzt in der Bringschuld", hatte Sport-Geschäftsführer Rudi Völler einen Sieg eingefordert. Und der Weltmeister von 1990 durfte wie auch die 121 mitgereisten Bayer-Fans aufatmen. Die Werkself zeigte Comeback-Qualitäten und ließ sich auch nach einem denkbar schlechten Start nicht aus dem Konzept bringen. Zwar erwies sich die Leverkusener Hintermannschaft auch gegen den mit vielen Brasilianern aufspielenden Serienmeister aus Bulgarien anfällig, doch in der Offensive zeigte Bayer sein ganzes Potenzial.

Doch erst einmal gab es Enttäuschung: Es dauerte gerade einmal acht Minuten, ehe Bayer schon wieder hinten lag. Mit einem Freistoß überwand Keserü den etwas unglücklich aussehenden Keeper Hrádecký, dessen Einsatz sich erst kurzfristig ergeben hatte. Der Keeper hatte vor drei Jahren in einem Qualifikationsspiel für Bröndby IF die gelb-rote Karte gesehen, die Sperre war aber laut der Uefa verjährt.

Havertz trifft aus 20 Metern

Herrlich, der im Stadionheft mit Torwarttrainer David Thiel verwechselt worden war, registrierte das Gegentor mit versteinerter Miene. Doch es kam noch schlimmer. Nach einem leichtsinnigen Ballverlust von Kapitän Lars Bender ging es bei den Gastgebern ganz schnell: Wanderson legte schließlich den Ball mustergültig auf seinen Landsmann Marcelinho auf, der den Ball über die Linie bugsierte.

Und Bayer? Die Leverkusener, die ihre Startelf auf vier Positionen veränderten, drängten zwar auf das Tor der Bulgaren. Zu echten Torchancen reichte es aber nur selten. Bei einem Schussversuch des neu ins Team gerückten Paulinho war im letzten Moment noch ein Bein der Gastgeber dazwischen (22.), ein Kopfball von Bender ging knapp vorbei (29.). Dazu setzte Havertz einen Schuss neben das Tor (33.). Besser machte es der Nationalspieler bei seinem Anschlusstor, als er mit einem platzierten Schuss aus 20 Metern traf.

Für Bundesliga-Rotsünder Karim Bellarabi war indes kein Platz in der Startelf, wenngleich er im Europacup spielberechtigt ist. Auch zur Pause brachte Herrlich erst einmal Kevin Volland für Paulinho ins Spiel, um mehr Torgefahr zu entwickeln. Der Ex-Hoffenheimer hatte dabei Pech, als er eine scharfe Hereingabe von Wendell knapp verpasste (58.). Die Rheinländer warfen nun alles nach vorne. Und der Dauerdruck zahlte sich aus: Erst traf Kiese Thelin, nachdem Ludogorez-Torhüter Renan den Ball nur nach vorne abprallen ließ. Dann setzte erneut Havertz einen satten Schuss ins Tor.

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