Süddeutsche Zeitung

Kevin Trapp:Es obsiegt die Loyalität

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Nach kurzem Nachdenken erteilt Torwart Kevin Trapp Manchester United eine Absage und bleibt bei Eintracht Frankfurt. Seinen WM-Ambitionen hätte es womöglich auch geschadet, wenn er in England auf der Bank gesessen hätte.

Von Philipp Selldorf

180 000 Pfund hätte laut Sun der Lohn betragen - 180 000 Pfund pro Woche, umgerechnet 213 403,50 Euro (Stand halb eins Donnerstagmittag). Die verblüffend präzise Information zur Gage, die Manchester United Frankfurts Torwart Kevin Trapp im Rahmen eines Vier-Jahres-Vertrages angeboten haben soll, hatte die englische Boulevardzeitung aus sicherer Quelle erfahren - aus der Veröffentlichung eines deutschen Mediums nämlich, das seinerseits auf eigene Informationen verwies.

Hätte United tatsächlich so viel Geld geboten, wäre Trapp womöglich wirklich noch schwach geworden. Doch auch die reale, deutlich weniger opulente Offerte, festgehalten in einem ausformulierten Vertragsentwurf, ließ den 32 Jahre alten Torwart eine Weile nachdenken. Letztlich obsiegten Verbundenheit und Loyalität.

Am Montag hatte ihn sein Management über das Interesse des prominenten englischen Klubs informiert, am Donnerstag teilte Trapp via Instagram mit, dass er lieber bei Eintracht Frankfurt bleiben möchte. "Ich habe hier Unvergessliches erlebt, und wir haben zusammen Geschichte geschrieben", begründete er seinen Beschluss und illustrierte sein Bekenntnis mit dem Emoji eines fliegenden Adlers. Attila, der Eintracht-Adler, hat also die Red Devils, die Roten Teufel, vertrieben. Höflich, wie er ist, hatte Trapp Manchester United bereits am späteren Mittwoch über sein Nein unterrichtet.

Das Publikum zeigt ihm schon bis zur Mittagszeit 100 000 Mal Gefallen an seinem Bleiben an

Die Serie von Fehlinformationen und Halbwahrheiten, die zu dem Thema kursierten, hatte damit aber kein Ende. So hieß es in England, Manchester habe von dem Transfer Abstand genommen, weil die Eintracht unverhältnismäßige Ablöseforderungen gestellt habe. Dabei war es gar nicht zum Austausch von Zahlen zwischen den Klubs gekommen. Dafür hätte zuerst Trapp sein Einverständnis signalisieren müssen - was er nicht getan hat. "Manchester United ist ein Weltverein, und dass ich mich mit so einem Angebot auseinandersetze, kann, hoffe ich, jeder verstehen", erklärte er dem Publikum, das ihm bis zur Mittagszeit 100 000 Mal Gefallen an seinem Bleiben anzeigte.

Die Krawallmaschine Sun hatte trotzdem eine Story: Manchester United sei schon wieder abgeblitzt, meldete das Blatt hämisch und verwies auf die vorherigen Absagen von Darwin Nunez (jetzt FC Liverpool), Jurrien Timber (blieb bei Ajax Amsterdam) und Frenkie de Jong (wehrt sich mit aller Gewalt, vom FC Barcelona an United verkauft zu werden).

Kevin Trapp hätte in Manchester den spanischen Kollegen David de Gea, 31, angetroffen. Er wäre nicht als neuer Stammtorwart, sondern als Herausforderer gekommen. Die Gefahr, die aus so einer Konstellation hervorgeht, kennt er noch aus seiner Zeit bei Paris Saint-Germain (2015 - 2018). Seinen WM-Ambitionen hätte es womöglich geschadet, wenn er bei United auf der Bank gesessen hätte, während die Eintracht in der Champions League spielt. In Frankfurt dagegen ist ihm außer dem Stammplatz auch ein vorzüglicher Rang in der Ahnengalerie sicher. Trainer Oliver Glasner erklärte Trapp im HR für unentbehrlich, "nicht nur wegen seiner Leistung, sondern auch wegen seines Standings". Gespräche über die Verlängerung seines 2024 auslaufenden Vertrages sollen demnächst aufgenommen werden, Gehaltserhöhung inbegriffen.

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