Stürmer Wahi bei Eintracht FrankfurtUnd in acht Jahren der Beste der Welt

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Schnell, torhungrig, sensibel: Elye Wahi, hier noch im Dress von Olympique Marseille, wechselt zu Eintracht Frankfurt.
Schnell, torhungrig, sensibel: Elye Wahi, hier noch im Dress von Olympique Marseille, wechselt zu Eintracht Frankfurt. (Foto: Sylvain Thomas/Icon Sport/Imago)

Der 22-jährige Franzose Elye Wahi soll künftig anstelle von Omar Marmoush für die Hessen auf Torejagd gehen. Der Jugendnationalspieler blickt schon jetzt auf eine bewegte Karriere zurück – und erhält viel Vorschusslob, auch aus der digitalen Welt.

Von Stefan Galler

Bei aller gebotenen Vorsicht vor künstlicher Intelligenz kann man ihr zumindest zugutehalten, dass sie manchmal ulkige Prognosen auf Lager hat. Chat-GPT wurde beispielsweise im vergangenen Herbst von einem Fernsehsender befragt, wer denn wohl in den kommenden Jahren den prestigeträchtigen Ballon d’Or für den besten Fußballer der Welt gewinnen könnte. Die KI lieferte einige Aussagen, auf die man vielleicht auch selbst hätte kommen können: Erling Haaland etwa sei für das laufende Jahr 2025 der Favorit, je zweimal sieht die digitale Glaskugel Kylian Mbappé (2026 und 2030) und den Spanier Lamine Yamal (2028 und 2032) vorn und einmal Vinícius Júnior (2029), der dann womöglich sogar zur Ehrung käme (worüber Chat-GPT allerdings keine verlässliche Prognose wagte, ist ja noch lange hin). Dass der frühere Dortmunder Youssoufa Moukoko 2034 der beste Kicker des Planeten sein soll, kommt dann doch überraschend. Und Favorit für die Wahl in acht Jahren – 2033 – ist der französische Stürmer Elye Wahi, der – ähnlich wie Moukoko – noch auf seinen großen Durchbruch wartet.

Aber vielleicht hat das schlaue Programm ja schon Ende Oktober gewusst, dass Wahi drei Monate später ausgerechnet bei der Frankfurter Eintracht anheuern würde, wo in den vergangenen Jahren mehrere französische Offensivspieler alles in Grund und Boden geschossen haben: Der nahe Paris geborene Ivorer Sébastien Haller etwa oder der im Unfrieden zu PSG gewechselte und mittlerweile an Juventus weitergereichte Randal Kolo Muani. Auch Hugo Ekitiké passt in dieses Profil, der 22-Jährige kam vor knapp einem Jahr aus Paris und hat mittlerweile in 44 Spielen für die Eintracht 20 Tore erzielt.

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An Ekitikés Seite wird künftig nicht mehr der Ägypter Omar Marmoush spielen – er wurde nach 15 Toren in der Hinrunde der laufenden Bundesligasaison für mindestens 75 Millionen Euro an Manchester City abgegeben –, sondern eben Wahi.  Der ist wie Ekitiké 22 Jahre alt und nun der teuerste Zugang in der Klubhistorie der Hessen: 26 Millionen überwiesen die Verantwortlichen an seinen bisherigen Klub Olympique Marseille, exakt jenen Betrag hatten die Südfranzosen im vergangenen Sommer an Racing Lens bezahlt, um Wahi zu verpflichten.

Doch in der Provence tat sich der vielfache Junioren-Nationalspieler Frankreichs schwer. Schon im ersten Saisonheimspiel gegen Reims kam Marseille auch wegen seiner zahlreichen Fehlschüsse nicht über ein 2:2 hinaus, prompt pfiffen ihn die OM-Fans im Stade Vélodrome gnadenlos aus. Trainer Roberto De Zerbi stellte sich damals noch schützend vor den jungen Stürmer: Die Pfiffe gegen Wahi hätten ihm nicht gefallen, und er wisse, dass es große Erwartungen gebe. „Aber ich behandle ihn wie meinen Sohn, und am Ende des Spiels habe ich ihn umarmt. Ich versuche, ihn zu ermutigen, es besser zu machen“, sagte der italienische Coach.

Aus dem Jugendinternat von Caen flog Wahi mit 15. In Frankfurt hoffen sie nun auf eine Trendwende in seiner nicht gerade stringenten Formkurve

Im Laufe der Vorrunde rückte De Zerbi jedoch mehr und mehr von dem sensiblen Stürmer ab, er setzte eher auf Neal Maupay auf der Neuner-Position, der zudem besser mit dem früheren Manchester-United-Flügelspieler Mason Greenwood harmoniert. „Er hat ein enormes Potenzial, das haben wir nie infrage gestellt. Aber jetzt muss er den ersten Schritt selbst machen, um voranzukommen“, sagte der Coach Ende Oktober über Wahi. Dieser Schritt kam nicht – nach nur drei Treffern in 14 Pflichtspieleinsätzen entschieden sich die Olympique-Verantwortlichen zum Verkauf.

In Frankfurt hoffen sie auf eine Trendwende in Wahis Formkurve:„Er hat Hunger auf Tore, er ist ein klassischer Neuner“, sagte Trainer Dino Toppmöller am Sonntag vor dem Auswärtsspiel gegen Hoffenheim (2:2) bei Dazn über den Stürmer, der da noch nicht im Kader stand und auch am Donnerstag beim letzten Spiel der Ligaphase in der Europa League gegen AS Rom fehlen wird, weil er erst danach international spielberechtigt ist: „Wir müssen schauen, wie schnell wir ihn integrieren können. Wir werden ihm die Zeit zum Eingewöhnen geben und hoffen, dass er dann durchstartet“, so Toppmöller.

Markus Krösche, Sportvorstand bei der Eintracht, rühmt seinen kostspieligen Einkauf als „temporeichen Stürmer mit einer guten Boxbesetzung und einem ausgeprägten Torinstinkt“.  Man habe ihn schon 2023 auf der Liste gehabt, ein Transfer sei aber nicht zu realisieren gewesen. Wahi wechselte damals als Ersatz für den nach Leipzig gezogenen Loïs Openda für 30 Millionen von Montpellier zu Lens, dort gelang ihm im Champions-League-Heimspiel gegen Arsenal der umjubelte 2:1-Siegtreffer. Doch auch in Lens waren die Bosse wie später in Marseille nicht vorbehaltlos mit seinen Leistungen zufrieden, weshalb man den Stürmer nach nur einem Jahr mit Verlust an OM verkaufte.

Die Laufbahn des in einem Pariser Vorort geborenen Stürmers ist bislang weder richtig stringent noch ohne Nebengeräusche verlaufen: Aus dem Jugendinternat von SM Caen flog er mit 15, weil ihm sexuelle Nötigung vorgeworfen wurde, die Affäre wurde nie aufgeklärt. Auch bei seinem nächsten Verein Montpellier machte er neben dem Platz Schlagzeilen, als er in einem Nachtclub in eine Auseinandersetzung verwickelt und von einer Frau wegen Körperverletzung angezeigt wurde. Letztendlich wies ein Gericht die Klage ab.

Sportlich war seine erste Profistation seine bislang erfolgreichste, Wahi etablierte sich in Montpellier schnell im Männerbereich, in 92 Pflichtspielen zwischen Dezember 2020 und August 2023 gelangen ihm 32 Treffer, alleine vier davon in einem denkwürdigen Spiel gegen Olympique Lyon – die wilde Partie verlor Montpellier dennoch mit 4:5, auch weil OL-Altstar Alexandre Lacazette wie Wahi viermal traf.

Chat-GPT hätte einen solchen Spielverlauf niemals prognostiziert.

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