Eintracht Frankfurt:Drama mit Rübe

Eintracht Frankfurt v TSG 1899 Hoffenheim - Bundesliga

Sorgte spät für die Entscheidung: Frankfurts Goncalo Paciencia.

(Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Wertvoll für Inter Mailand, bitter für die TSG: Eintracht Frankfurt ringt eine dezimierte Hoffenheimer Mannschaft in der Nachspielzeit nieder.

Von Tobias Schächter, Frankfurt

Als nach dem Abpfiff der Jubel der Frankfurter Fans und Spieler aufbrandete, hatte Julian Nagelsmann nur ein Ziel: Der Trainer der TSG Hoffenheim steuerte auf Makoto Hasebe zu, ohne links oder rechts zu schauen, um dem Kapitän von Eintracht Frankfurt irgendetwas deutlich mitzuteilen. In der sechsten Minute der Nachspielzeit hatte die Eintracht dieses wilde Spiel doch noch gewonnen, nach 1:0- Führung und 1:2-Rückstand schafften die Hessen nach der gelb-roten Karte für Hoffenheims Innenverteidiger Kasim Adams (65.) durch einen Schlussspurt ein sehr wertvolles 3:2. Sébastien Haller gelang in der 89. Minute der Ausgleich, dem eingewechselten Goncalo Paciencia der Siegtreffer. Der Jubel war grenzenlos.

Nagelsmann wollte später nicht erzählen, was er Hasebe gesagt hatte. Der eigentlich als tadelloser Sportsmann bekannte Japaner habe, sagte Eintracht-Trainer Adi Hütter, nach allem, was er gehört habe, vor der TSG-Bank das 3:2 mit einschlägigen Gesten gefeiert. So dies zutreffe, entschuldige er sich dafür. Hoffenheims Manager Alexander Rosen erzählte, ohne Hasebes Namen zu nennen, dass ein Spieler die medizinische Abteilung der TSG bei der Auswechslung des verletzten Nadiem Amiri (82.) beleidigt habe. Der Aufreger um Hasebe, der entgegen seiner Gewohnheit später auch nicht mit den japanischen Journalisten im Stadion sprechen wollte, war nur eine Rand-Geschichte.

Aber diese Anekdote verdeutlicht, wie wichtig diese Partie für beide war. Die Eintracht liegt nach ihrem Kraftakt nun sechs Punkte vor den Hoffenheimern - wieder in Sichtweite zu den Champions-League-Plätzen. Vor dem Achtelfinal-Hinspiel der Europa League am Donnerstag gegen Inter Mailand gab den Frankfurtern die Dramaturgie dieses Sieges noch mehr Selbstvertrauen. Mittelfeldspieler Mijat Gacinovic sagte: "Wenn wir so spielen und mit diesen Fans, können wir jeden Gegner schlagen."

Die Hoffenheimer hingegen gaben, wie zuvor beim 1:1 in Leipzig, einen sicher geglaubten Sieg her und erlitten erneut gegen einen direkten Konkurrenten einen weiteren Rückschlag auf dem Weg zu einer erneuten Europapokal-Teilnahme. "Wenn ich ehrlich bin, ist das ein sehr bitterer Moment", gab Nagelsmann zu.

Sein Team hatte es wieder einmal nicht geschafft, ein Spiel vorzeitig zu entscheiden oder einen knappen Vorsprung über die Zeit zu retten. Nagelsmann ist nicht bekannt dafür, zu jammern, doch nach diesem Drama wies er darauf hin, dass er schon seit drei Wochen nur zwölf gesunde Feldspieler im Training begrüße. In Frankfurt fehlten acht wichtige Profis, darunter die besten drei Innenverteidiger (Vogt, Hübner, Bicakcic). Zudem humpelten Nadiem Amiri und Kerem Demirbay (37.) vom Platz. Nachdem Adams vom Platz geflogen war, musste Nagelsmann zum dritten Mal umstellen und Florian Grillitsch, der zentral in einer Dreier-Abwehr angefangen hatte und auf die Sechser-Position im Mittelfeld gewechselt war, als zweiten Innenverteidiger in die Viererkette beordern.

Am Ende spielten Stürmer Joelinton und Debütant Alfons Amade, 19, eine Doppelsechs im Mittelfeld, die es so wohl nie wieder geben wird. Das Verletzungspech trifft die Hoffenheimer hart. Allerdings verschenken sie auch immer wieder Punkte durch eigenes Verschulden. Beim 2:2 haderten sie wie eine Schülerelf mit der Eckball-Entscheidung, verschliefen die kurze Ausführung der Ecke und die Zuordnung im Strafraum, wo Haller ungestört köpfen konnte. Und die Eintracht wollte mehr, angetrieben vom großartigen Filip Kostic auf der linken Seite, der TSG-Rechtsverteidiger Brenet in der Schlussphase ein ums andere Mal stehen ließ.

"Knackpunkt war die gelb-rote Karte", meinte Eintracht-Coach Hütter. Danach waren Druck und Wucht der Eintracht zu groß. Eigentlich, sprach Nagelsmann sarkastisch, habe schon Frankfurts 1:0 das Spiel vorgezeichnet: "Der Kostic schießt dem Rebic (einen Freistoß) an die Rübe - und der Ball geht ins Tor." Dieser kuriose Treffer gab der Eintracht aber keine Sicherheit, Hoffenheim kam nach schönem Angriff durch Joelinton zum Ausgleich (43.) und durch Ishak Belfodils beherzten Schuss (60.) zur Führung. Am Ende gingen sie dennoch ohne Punkte vom Platz.

"Wer solche Spiele gewinnt, landet am Ende weit oben", prognostizierte Nagelsmann dem Kollegen Hütter. Für Hoffenheim bleibe es "eine Saison der verpassten Chancen".

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