Süddeutsche Zeitung

Eintracht Frankfurt:Armin Veh: Zu lässig für harte Arbeit

Er sorgte für entspannte Stimmung, doch das reichte nicht: Armin Veh muss die abstiegsbedrohte Eintracht verlassen - ob gar sein Karriereende droht?

Kommentar von Philipp Selldorf

In mehr als einem halben Jahrhundert Bundesliga-Geschichte hat es viele Trainerentlassungen gegeben, wie sie Armin Veh am Sonntag hinnehmen musste. Aber in der ebenfalls bald ein Menschenalter währenden Vorstandszeit von Heribert Bruchhagen bei Eintracht Frankfurt haben Trainerentlassungen zu außerordentlichen Ereignissen gehört. Bruchhagen war immer stolz darauf, dass er zu seinen Trainern gehalten hat, selbst wenn sie in Not gerieten. Den Kampf mit den Kritikern hat er gern geführt.

Am Samstag nun blendete ihn das Fernsehen ein, wie er neben dem Alt-Eintrachtler und Vorstandsberater Bernd Hölzenbein auf der Tribüne saß und aufs Spielfeld schaute, wo die Eintracht gegen Ingolstadt schon wieder nicht die Herzen der Anhänger erfreute. Dann richtete Hölzenbein hinter vorgehaltener Hand ein paar Worte an Bruchhagen, woraufhin dieser vielsagend dreinblickte. Bei diesen Bildern mochte der Zuschauer meinen, er könne Gedanken lesen. Es schien nicht mehr gut um den Job von Armin Veh zu stehen.

Der Großeinkauf hilft nichts

Eine gemeinsame Versammlung von Vorstand, Aufsichtsrat und sportlicher Leitung fällte den Beschluss, Veh aus der Trainerkabine zu verbannen. Die Spekulation ist nicht allzu gewagt, dass es dazu keiner langen Diskussion bedurfte. Folgerichtig bespricht man in Frankfurt jetzt auch nicht, ob es richtig war, Veh fortzuschicken - sondern, ob es falsch war, ihn erst jetzt zu beurlauben. In der Rückrunde gibt es ja zwei Teams mit bestürzender Abwärtstendenz: Hannover und Frankfurt. Bei 96 hat man realisiert, was das Schicksal dem Verein wohl bringen wird, eine weitere Trainerdiskussion kann man sich sparen; in Frankfurt ist der Trainertausch die letzte verbliebene Medizin. Mit dem Großeinkauf in der Winterpause ist die Eintracht, so wie 96, nicht weitergekommen. Fünf Zugänge haben das Niveau nicht gehoben.

Vehs zweites Engagement in Frankfurt hatte heiter begonnen. Beide Parteien kannten und mochten sich, doch möglicherweise war es etwas zu viel der Nähe, der Bund schien eher auf Sympathie als auf sportlichen Erfordernissen zu gründen. Der legendär lässige Veh sorgte zwar für entspannte Stimmung, die harte Arbeit aber trat hinter diese Priorität zurück. Als es wegen schlechter Resultate nicht mehr angezeigt war, das gute Leben auch am Trainingsplatz zu zelebrieren, konnte er nicht umsteuern.

Bruchhagen sagte, er habe eigentlich "trainerstabil" bleiben wollen, aber das Wohl der Eintracht habe Vorrang. Es wird die letzte Entlassung seiner Manager- und Vorstandskarriere sein, im Sommer tritt der 67-Jährige ab. Nicht ausgeschlossen, dass nun auch der zwölf Jahre jüngere Trainer Veh in den Ruhestand geht. Die Faszination für diese Arbeit scheint ihn verlassen zu haben.

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SZ vom 07.03.2016/ebc
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