Die eine Frage, die sich von Spiel zu Spiel zunehmend aufdrängt, ist eigentlich recht simpel. Gleichzeitig ist sie schwer zu beantworten – selbst für die, die dafür besonders prädestiniert sind. Chris DeSousa lächelte deshalb erst einmal, bevor er es versuchte: „Ich weiß es nicht.“ Die Frage, die den EHC Red Bull München seit nunmehr etwa zwei Wochen begleitet, lautet: Was hat Don Jackson mit der Mannschaft gemacht? Mit einem Team, dessen einzige Konstante bisher die Inkonstanz war. Bis eben Jackson auf der Trainerbank sein Comeback gab.
All das, was das Münchner Spiel über Monate geprägt hatte, scheint mit Jacksons Anwesenheit wie weggewischt. Am Sonntagnachmittag lief die aktuelle Auswahl zum siebten Mal unter Jackson in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) auf – und gewann zum siebten Mal. Gegen die Frankfurter Löwen, die zuvor viermal in Serie gewonnen hatten, gab es im ausverkauften SAP Garden einen 5:3-Sieg, die Münchner sind damit weiter Tabellendritter. Zur Erinnerung: Noch im Januar sah es tabellarisch völlig anders aus, da drohte der EHC sogar aus den Top sechs herauszufallen.
Doch was macht diesen Jackson-Effekt aus, was hat dieser 68-jährige Mann aus Minnesota, der im Frühjahr 2023 seine Karriere als erfolgreichster Trainer der DEL-Geschichte eigentlich beendet hatte, was andere nicht haben? Zurück zu DeSousas Lächeln, nach dem er einen Erklärungsversuch unternahm. „Don ist einfach ein Gewinner“, sagte der Stürmer.
Konrad Abeltshauser probierte es am Sonntagnachmittag nach einem „Es-ist-wirklich-brutal-schwer-zu-erklären“-Einstieg so: Jackson sei jemand, der „für Kleinigkeiten ein Auge hat wie kein anderer“. Und der es schaffe, „die Dinge, die ihm wichtig sind, sofort umgesetzt zu bekommen“. Zudem sei er in den vergangenen zwei Jahren „nie wirklich weg“ gewesen: „Er war immer wieder da, er kennt die Spieler, er kennt die Mannschaft.“
Besonders die erste Angriffsformation sprüht seit Jacksons Rückkehr vor Spiellaune
Obwohl Jackson taktisch keine großen Eingriffe vornahm, hat er, der er als robuster Verteidiger an der Seite von Wayne Gretzky mit den Edmonton Oilers den Stanley Cup gewann, die Defensive gestärkt. Bei den sieben Siegen haben die Münchner nur zwölf Gegentreffer kassiert, Torhüter Mathias Niederberger wehrte rund 94 Prozent der Schüsse auf seinen Kasten ab. „Wir sprechen viel über die Defensive“, sagte Jackson. Diese defensive Stabilität gibt auch der Offensive Sicherheit – und dieses Selbstvertrauen in die spielerischen Fähigkeiten, die im Kader zweifellos stecken, ist verstärkt zu sehen.
Eine besondere Spielfreude versprüht seit Jacksons Rückkehr die nominell erste Angriffsformation der Münchner. Das Trio Chris DeSousa, Taro Hirose und Yasin Ehliz hatte in den ersten sechs Jackson-Spielen akkumuliert beeindruckende 13 Tore und 27 Scoringpunkte fabriziert. DeSousa traf in jedem der ersten sechs Spiele unter Jackson.
Und diese Reihe machte gegen Frankfurt zügig weiter: Nach etwas mehr als vier Minuten erzielte Ehliz auf Vorarbeit von DeSousa in Überzahl das 1:0; für den deutschen Nationalspieler war es ein besonderer Treffer, denn mit nunmehr 128 Toren zog er mit Trevor Parkes an der Spitze der Münchner DEL-Rekordtorschützenliste gleich. Kurz vor Spielende schnappte sich Ehliz mit Nummer 129 dann noch den alleinigen Rekord. Die weiteren Treffer erzielten Andreas Eder, Maximilian Kastner und Kapitän Patrick Hager.
Der aggressive Forecheck, der Jacksons erfolgreiche Zeiten in München charakterisiert hat, greift wieder. Frankfurts Trainer Tom Rowe sagte am Sonntag, München sei „exzellent“ aufgetreten: „Wir konnten mit ihrem Druck nicht umgehen.“ Neben den defensiven Verbesserungen und taktischen Anpassungen begleiten Jacksons Rückkehr auch Parameter, die nicht in Zahlen oder Statistiken zu gießen sind. Jackson habe die Situation „beruhigt“, sagte der EHC-Co-Trainer Pierre Allard, dem Jackson auf der Pressekonferenz nach dem 5:2-Sieg gegen Schwenningen das mediale Scheinwerferlicht überließ. So hatte er es auch im letzten Spiel vor der Pause in Düsseldorf getan, da schickte er Ben Smith, seinen zweiten Co-Trainer, in die Pressekonferenz.
Ein Wort, das von unterschiedlichen Seiten immer wieder fällt, wenn es um Jackson geht, ist: Aura. Nicht nur seine Spieler heben das immer wieder hervor, auch die Konkurrenz. Alexander Sulzer, einst als Spieler unter Jackson aktiv und heute Trainer der Fischtown Pinguins in Bremerhaven, eines direkten Konkurrenten der Münchner, sagte kürzlich: „Jackson hat so eine unglaubliche Ausstrahlung auf das Spiel und die Liga.“ Neben besagter „toller Aura“ habe er die große Gabe, eine Atmosphäre in der Kabine zu schaffen, „dass jeder Spieler gerne kommt und Spaß hat“. Das werden demnächst auch der kanadische Torhüter Evan Fitzpatrick und US-Verteidiger Will Riedell erleben, deren Verpflichtung am Sonntag bekannt gegeben wurde. Fitzpatrick saß gegen Frankfurt bereits auf der Bank.
Jackson selbst sagt zu all dem: nicht viel. Er schaue von Spiel zu Spiel, teilte er am Sonntag mit, er tue sich schwer, nach vorn und zurück zu schauen. Die Jungs, schloss er, „glauben daran, was wir tun“. Mehr nicht.