Chris DeSousa hatte gleich ein Gespür dafür, dass sein Schuss eigentlich kein guter war. „Der wäre sicher daneben gegangen“, sagte der Stürmer des EHC Red Bull München – und grinste. Denn statt daneben ging die Scheibe 15 Sekunden vor Spielende ins Tor, da sie den Schlittschuh des „big man“ getroffen hatte, wie DeSousa es formulierte. Der große Mann, das war Denis Reul, Verteidiger der Augsburger Panther. Und DeSousas glücklicher Treffer jener zum 5:4-Sieg.
Das kuriose Tor markierte das Ende eines „wilden Ritts“, wie EHC-Trainer Max Kaltenhauser das Derby am Donnerstag in Augsburg bezeichnete. 0:2 lagen die Münchner zurück, dann 3:2 vorn und zehn Minuten vor Spielende wieder in Rückstand (3:4). Als sehr vieles auf eine Verlängerung hindeutete, entschied DeSousa die Partie. Die Zuschauer hätten „eigentlich alles gesehen, was man in einem Eishockeyspiel gerne sieht“, fand Kaltenhauser.
Ganz genau hingeschaut wurde auf die Münchner, denn die hatten vier Tage zuvor eine heftige 0:6-Pleite bei den Schwenninger Wild Wings kassiert. Dabei hatte nicht nur das Ergebnis aufhorchen lassen (Kaltenhauser sprach von der „Schmach in Schwenningen“), sondern auch das direkt darauffolgende Interview von Andreas Eder bei Magentasport. „Wir treten nicht als Mannschaft auf“, war nur einer der Sätze, die hängenblieben. Es war auch die zeitliche Dimension, die der Angreifer anführte. Die Erklärung sei die „gleiche wie in den letzten eineinhalb Jahren“, sagte Eder: „Wir sind einfach zu inkonstant. So wie wir Eishockey spielen über die bisherigen 35 Spiele, das reicht eben nicht, um den Anforderungen gerecht zu werden.“
EHC-Manager Christian Winkler relativiert die deutliche Kritik seines Spielers Andreas Eder
EHC-Manager Christian Winkler sagte mit einigen Tagen Abstand zu Eders Interview, man könne es „negativer auslegen, wie es gemeint war“, wenn man nicht Teil des „Innenlebens“ sei. Eine interne Aufarbeitung des 0:6 fand am Tag vor dem Derby in Augsburg statt, Winkler verwahrte sich dagegen, sie als „Krisensitzung“ zu betiteln. Seine Formulierung lautete: „Wir haben uns ausgesprochen.“ Der Münchner Manager forderte vor dem Derby zum wiederholten Male in den vergangenen Monaten Konstanz ein. Diese gelte es jetzt zu finden, wenn man am Ende bei der Preisverteilung dabei sein wolle, „und das wollen wir“. Denn die „heißeste Zeit des Jahres“ beginne jetzt, nicht erst in den Playoffs, so Winkler. In der Tat: Die siebtplatzierten Straubing Tigers sind dem EHC zuletzt tabellarisch immer näher gerückt.
Wie inkonstant der EHC seit Monaten unterwegs ist, konnte auch der späte Sieg in Augsburg nicht übertünchen. Von den vergangenen zehn Spielen haben sie vier gewonnen und sechs verloren, im Jahr 2025 stehen zwei Siegen drei Niederlagen gegenüber. Das Einzige, das zuletzt konstant war, waren die Auswärtsergebnisse der Münchner: vor dem Dreier in Augsburg hatten sie fünfmal in Serie fern der Heimat verloren. Wie labil das Münchner Eishockeykonstrukt derzeit ist, wurde auch in Augsburg deutlich. Obwohl der EHC mit dem 3:2 alles im Griff zu haben schien, reichten den Augsburgern wenige Minuten, um wieder mit 4:3 in Führung zu gehen und das Gegentorkonto der Münchner, für die es am Sonntag mit einem Heimspiel (14 Uhr) gegen die Düsseldorfer EG weitergeht, auf zehn in nur fünf Dritteln anwachsen zu lassen.
Eine Teilerklärung Winklers für die fehlende Konstanz ist die Personalie Ben Smith. Der 36-jährige Mittelstürmer unterhielt sich nach dem Derby inmitten von eifrig werkelnden Betreuern und Spinningrädern in den Katakomben des Augsburger Curt-Frenzel-Stadions mit seinem ehemaligen Mannheimer Teamkollegen Reul. Doch statt seiner großen Eishockeytasche hatte er eine Anzughülle in seinen Händen. Smith ist aufgrund einer Sehnenverletzung seit knapp drei Monaten nicht mehr für den EHC aufgelaufen, übergangsweise steht er bei den Spielen als Co-Trainer an der Bande. Smith fehle „enorm“, betonte Winkler, da er in der Kabine die „richtigen Töne“ finde – und fügte an, dass er „auf der Suche nach Verstärkung“ sei. „Hoffentlich“, sagte Winkler, „werden wir noch fündig“.