Eishockey:Die Sieger-Straße

Eishockey: Oft gejubelt: Ben Street (links), hier mit Daryl Boyle.

Oft gejubelt: Ben Street (links), hier mit Daryl Boyle.

(Foto: Markus Fischer/Passion2Press/Imago)

Mit einem aufregenden 5:4-Sieg nach Verlängerung gegen die Rapperswil-Jona Lakers stößt der EHC die Tür zum CHL-Achtelfinale weit auf. Dabei ragt Angreifer Ben Street mit drei Treffern heraus.

Von Christian Bernhard

Wen hättet ihr denn gerne? Ben Street grinste, als er diese Frage in der improvisierten Mixed Zone vor der Kabine des EHC Red Bull München in den Raum stellte. Zwischen seinen Beinen wirbelte sein kleiner Sohn herum, der Knirps im Kindergartenalter trug ein noch zu großes EHC-Trikot seines Vaters und hatte mit einem für seine Verhältnisse überdimensional großen Schläger samt Scheibe Spaß, obwohl ihm Ben Street nicht erlaubte, alleine aufs nur wenige Meter entfernte Eis zu gehen. Es stand also auch eine zweite, deutlich jüngere Street-Variante als Interview-Option zur Verfügung.

Die Entscheidung fiel dann doch auf Street senior, der sich die Aufmerksamkeit in den knapp 65 Spielminuten zuvor auch reichlich verdient hatte. Dreimal traf der 35-jährige Angreifer am Donnerstagabend beim aufregenden Münchner 5:4-Sieg nach Verlängerung gegen die Rapperswil-Jona Lakers aus der Schweiz, mit dem der EHC die Tür zum Achtelfinale in der Champions Hockey League (CHL) weit aufstieß. Nach dem dritten Sieg im dritten Vorrundenspiel haben sie als Gruppenzweiter mit acht Punkten sieben Zähler Vorsprung auf die Schweizer, Tappara Tampere aus Finnland führt die Gruppe C mit neun Punkten an. Mit einem Sieg im Heimspiel gegen Slovan Bratislava am Samstag (17 Uhr) wäre die EHC-Qualifikation für die K.o.-Runde bereits eingetütet.

Es war Streets erster Hattrick nach "acht, neun Jahren, so genau weiß ich das gar nicht mehr"

Verständlich, dass Street da von einem "netten Abend" sprach. Doch nicht nur das, spektakulär war er auch noch. Dank Streets zwei ersten Toren (3., 10.) ging der EHC im Startdrittel zweimal in Führung, ins Schlussdrittel startete er nach drei Gegentoren innerhalb von sechseinhalb Minuten allerdings mit einem 2:4-Rückstand. "Wir haben ihnen zu viele einfache Torchancen ermöglicht", sagte der Kanadier zum misslungenen Mitteldrittel. Street half mit dem frühen 3:4 im Schlussdrittel (43.) kräftig mit, dass die so eingeleitete EHC-Aufholjagd eine erfolgreiche wurde. Zach Redmond (46.) und Austin Ortega in der Verlängerung (64.) vollendeten sie mit ihren Toren. Den Schweizern, deren rund 500 mitgereiste, stringent in rot gekleidete Anhänger eine stimmungsreiche Auswärtsblock-Show abzogen, blieb nur ein Trostpunkt.

Streets erster Hattrick nach "acht, neun Jahren, so genau weiß ich das gar nicht mehr", war die Fortsetzung seines Top-Saisonstarts. Schon beim 4:1-Auswärtssieg gegen Rapperswil-Jona eine Woche zuvor hatte der Kanadier zweimal getroffen - kein CHL-Spieler hat in dieser Spielzeit mehr Tore erzielt als der Münchner Mittelstürmer, der mit seinen Reihenkollegen Frederik Tiffels und Andreas Eder, die am Donnerstag jeweils zwei Torvorlagen verbuchten, bereits sehr gut harmoniert.

In der vergangenen Saison hatte Street zu Beginn mit Anpassungsschwierigkeiten zu kämpfen

In der vergangenen Saison, seiner ersten überhaupt fernab Nordamerikas, hatte Street zu Beginn mit Anpassungsschwierigkeiten zu kämpfen - und das nicht nur auf dem Eis. Als er in seiner Münchner Wohnung erstmals ein Fenster öffnete, dachte er, es sei kaputt. "Dann habe ich festgestellt, dass man in Deutschland die Fenster auch kippen kann", erzählte er.

Neuer Alltag, neue Liga, neues Spielsystem: Sowohl EHC-Trainer Don Jackson als auch Street selbst sprachen am Donnerstag von einer "Lernkurve", die der Angreifer in der vergangenen Saison zu bewältigen hatte. Es habe ein bisschen gedauert, bis er sich an alles gewöhnt habe, sagte er, "gefühlt wandelte ich den Großteil der Saison auf dieser Kurve". Das tat er allerdings sehr geschmeidig: Dass er die Vorsaison mit 46 Scorerpunkten aus 49 Ligaspielen abschloss, machte deutlich, welche Qualitäten in ihm schlummern. "Er war letztes Jahr auch schon ziemlich gut", sagte Jackson am Donnerstag grinsend. Jetzt sei er "noch eine Stufe besser".

Streets spielmacherische und technische Fähigkeiten standen nie in Frage, aktuell glänzt er auch noch mit einem gehörigen Zug zum Tor: Gegen Rapperswil erzielte er alle drei Tore direkt vor dem gegnerischen Gehäuse. Dort, wo man auch robust dagegen halten und auch mal was einstecken muss. Mit seinen vielfältigen Fähigkeiten soll der 34-Jährige, den sie in der EHC-Kabine "Straße" getauft haben, ihnen helfen, sie auf die Straße Richtung Finale zu bringen. Jenes, dass sie im Februar verpasst hatten, als sie beim 0:3 im Halbfinale gegen Tappara Tampere auf fünf deutsche Olympia-Teilnehmer verzichten mussten - und auf einen kanadischen: Ben Street.

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