EHC München:Der Beste muss gehen

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Münchens Mittelstürmer Jon Matsumoto wird nach herausragenden Leistungen und einem DEL-Rekord zum wertvollsten Spieler der Endspielserie gewählt. Der Meister verzichtet künftig trotzdem auf ihn.

Von Christian Bernhard, München

Rick Goldmann konnte in diesem Moment einfach nicht anders, als explizite Worte zu verwenden. "Was muss der Typ für Eier haben, im Finale dieses Ding durchzuziehen", sagte der ehemalige Eishockey-Nationalspieler ins Mikrofon. Die Stimme des TV-Experten überschlug sich dabei mehrfach. In diesen emotionalen Zustand versetzt hatte ihn Jon Matsumoto, Angreifer des EHC Red Bull München.

Der 31-jährige Kanadier spielte im alles entscheidenden siebten Finalspiel um den Titel in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) erst Olympia-Silbermedaillengewinner Jonas Müller mit einer Finte aus, ehe er auch Ex-Weltmeister Petri Vehanen im Kasten der Eisbären Berlin mit der nächsten Täuschung austrickste und die Scheibe im zweiten Versuch im Tor unterbrachte. Matsumotos Treffer zum 2:1 ebnete den Münchner Sieg. Am Ende krönte sich der EHC am Donnerstagabend mit dem 6:3 zum dritten Mal in Serie zum deutschen Meister.

Für Matsumoto war das "herausragende Tor" (Goldmann) nur die logische Fortsetzung seiner herausragenden Endspiel-Leistungen. Der Mittelstürmer traf in sechs der sieben Finalpartien und fügte seiner beeindruckenden Torausbeute noch sechs Torvorlagen hinzu. Damit stellte er einen neuen DEL-Rekord auf. Zwölf Scorerpunkte waren in einer Finalserie noch keinem Spieler gelungen. Der verdiente Lohn: Matsumoto wurde zum wertvollsten Spieler der Finalserie, kurz MVP, gewählt. "Viel mehr Spaß könnte das nicht machen, es ist einfach unbeschreiblich", sagte er. Am Samstag bei der Siegesfeier vor dem Eisstadion jubilierten sogar die Mitspieler: Mit "MVP, MVP, MVP"-Rufen geleiteten sie ihn auf die Bühne.

"Sie wollen mich hier nicht mehr", sagt Matsumoto

Die Leistung des Kanadiers ist noch beeindruckender, da sie ihm als Teil der vierten Münchner Angriffsreihe gelungen war. "Matsumoto war unglaublich", sagte Jason Jaffray, einer der Anführer in der Münchner Kabine. "Als Vierte-Reihe-Spieler zum MVP werden: großartig. Das sagt alles über unsere Mannschaft aus." Matsumoto nahm die Trophäe mit seinem kleinen Sohn auf dem Arm entgegen, später ließ er sich zum letzten Mal auf Münchner Eis fotografieren. Denn der Vertrag des Kanadiers wird trotz seiner Leistungen im Finale nicht verlängert. "Sie wollen mich hier nicht mehr, also gehe ich", sagte er dazu lapidar. Allem Anschein nach wollte er bereits vor der starken Endspielserie Klarheit über seine Zukunft, Matsumoto hat einen kleinen Sohn und eine erst einen Monate alte Tochter. Der EHC gab ihm diese Klarheit wohl nicht.

Und so haben die Verantwortlichen der Iserlohn Roosters wohl noch keine Finalserie so glücklich verfolgt, wie die soeben zu Ende gegangene. "Die Gerüchte sind wahr", erklärte Matsumoto. Er hat sich in der Zwischenzeit umgesehen - und wechselt nach Iserlohn. Die Roosters können sich auf einen besonders talentierten Spieler freuen. An der Scheibe habe der Kanadier "so ziemlich alles drauf", sagte Münchens Nationalspieler Patrick Hager, "wenn man sich seine Tore anschaut, muss man kurz mal zurückspulen und schauen, ob er das wirklich gemacht hat." EHC-Trainer Don Jackson schätzt besonders Matsumotos Tempo.

Nationalspieler Dominik Kahun wechselt nach Chicago in die NHL

"Er hat schnelle Hände, schnelle Füße und einen guten Speed", sagte er. Doch der Ex-NHL-Spieler beschränkt sich nicht nur darauf, in der Offensive zu zaubern: Jackson hob im Dezember die defensiven Fortschritte des Angreifers hervor. Matsumoto habe viel an seinem Spiel in der Rückwärtsbewegung gearbeitet, erklärte der erfolgreichste Trainer der DEL-Geschichte, "er spielt defensiv kontrollierter". Dabei helfe ihm, dass er trotz seiner außergewöhnlichen technischen Fähigkeiten auch schlittschuhläuferisch sehr fleißig sei.

Der Kanadier ist nicht der einzige quirlige Spielmacher, der den Meister verlässt. Keith Aucoin beendet seine Karriere und Nationalspieler Dominik Kahun bestätigte am Samstag das, was seit Wochen im Raum stand: Er unterschrieb einen Zweijahresvertrag bei den Chicago Blackhawks. Der NHL-Traum des 22-Jährigen geht damit in Erfüllung. Bei der Meisterfeier verriet er zudem, dass ihm Chicagos Ausnahmekönner Jonathan Toews bereits eine Willkommens-Nachricht geschickt hat - beste Voraussetzungen also, um sich schnell einzugewöhnen.

Trotz der schweren Verluste scheinen die Münchner gut gerüstet zu sein. Im Hintergrund, so heißt es, bastelt der EHC schon an den Verpflichtungen von Nürnbergs John Mitchell, Wolfsburgs Mark Voakes und Augsburgs Trevor Parkes. Und zumindest Mitchell und Voakes sind so wie Matsumoto, Aucoin und Kahun Mittelstürmer.

© SZ vom 29.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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