BundesligaGladbach sucht sein neues Gesicht

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"Das ist ein Zeichen von Stärke und nicht von Schwäche": Für seinen Entschluss, auf seine Gesundheit zu achten und die Borussia zu verlassen, erhält Max Eberl aus der Bundesliga viel Anerkennung.
"Das ist ein Zeichen von Stärke und nicht von Schwäche": Für seinen Entschluss, auf seine Gesundheit zu achten und die Borussia zu verlassen, erhält Max Eberl aus der Bundesliga viel Anerkennung. (Foto: H. Langer/imago)

Der Rücktritt von Sportdirektor Max Eberl trifft die Borussia in der schwierigsten Phase der jüngeren Klubgeschichte. Ein Nachfolger würde mitten im Abstiegskampf starten. Der Klub sucht nach einer externen Lösung.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Als Max Eberl den Borussia-Park am Freitag zum letzten Mal in offizieller Funktion als Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach verlassen hat, ist er die Hennes-Weisweiler-Allee entlang gefahren und hat auf dieser die Dr.-Adalbert-Jordan-Straße sowie die Helmut-Grashoff-Straße gekreuzt. Rund um das Stadion im Süden der Stadt sind die Straßen nach Männern benannt, die die Geschichte des Vereins entscheidend geprägt haben. 13 Jahre hat auch Eberl als Sportdirektor den Klub mitgeformt. Die Frage ist, ob man am Stadion dereinst auch eine Straße nach ihm benennt.

Der 48-Jährige aus Niederbayern ist oft das Gesicht der Borussia genannt worden. Am Freitag hat man dieses Gesicht mit geröteten Augen gesehen und traurig wie nie zuvor. Eberl hatte seinen sofortigen Rücktritt verkündet, weil er ausgelaugt und erschöpft sei und nicht mehr könne. Fast 200 000 Menschen haben sich diese Pressekonferenz bislang bei Youtube angesehen. Für seine Offenheit und für den Mut, Verletzlichkeit zu zeigen, bekam Eberl viel Lob.

"Einer der wenigen in diesem Business, der derart loyal, ehrlich und fair ist, dass er sich niemals aus falschen Gründen verbiegt", hat der Gladbacher Fußballer Christoph Kramer im Internet geschrieben. Ebenfalls dort bekannte Kramers Teamkollege Patrick Herrmann: "Auch einen Tag danach fühlt es sich noch unwirklich an; Borussia war Max Eberl und Max Eberl war Borussia." Sogar der oft nicht zimperliche Branchenkommentator Stefan Effenberg sagte: "Das ist ein Zeichen von Stärke und nicht von Schwäche."

Eberls Entscheidung hat die Verantwortlichen im Klub überrascht

Zusammen mit Eberl auf dem Podium saßen am Freitag Gladbachs Vizepräsident Rainer Bonhof und der Finanzchef Stephan Schippers. Beide wirkten angefasst. "Es tut weh", sagte Bonhof mit brüchiger Stimme. "Ich verliere einen Freund und Partner", sagte Schippers. Irritierend, wenn vielleicht auch unbeabsichtigt, klang der Präsident Rolf Königs, als er über Eberls Rücktritt weit vor dem Ende des erst vor einem Jahr bis 2026 verlängerten Vertrages sagte: "Wir haben das respektiert, nicht akzeptiert - respektiert!"

Eberls noch viereinhalb Jahre laufender Vertrag ist bis jetzt nicht einfach aufgelöst worden. Er ruht. "Wir haben erst die Situation von Max Eberl zu respektieren und nicht die vertraglichen Dinge", sagte Bonhof am Sonntag bei Sport1, "alles andere steht noch aus." Gespräche dazu könnte womöglich auch der Berater führen, den Eberl seit Kurzem hat. Langfristige Verträge sind im Profifußball ein wertvolles Gut. Sogar unter solchen Bedingungen.

Bereits im Oktober hatte Eberl dem Borussia-Präsidium wohl angedeutet, Gladbach verlassen zu wollen. Die akute Erschöpfung aber habe er am vergangenen Donnerstag in dieser Deutlichkeit zum ersten Mal erwähnt, verriet Bonhof. "Das war für uns eine Überraschung."

Transferoption: Denis Zakaria könnte die Borussia im Sommer ablösefrei verlassen.
Transferoption: Denis Zakaria könnte die Borussia im Sommer ablösefrei verlassen. (Foto: Bernd Thissen/dpa)

Zumal Eberls Rücktritt Gladbach zum schwierigsten Zeitpunkt der jüngeren Vergangenheit trifft. Die Mannschaft hat nur eines der letzten neun Pflichtspiele gewonnen, ist aus dem DFB-Pokal ausgeschieden und nur vier Punkte von einem Abstiegsplatz entfernt. Bis zum Montag besteht die Chance, in dieser Saison noch Transfers zu tätigen. Der Klub würde die im Sommer vertrags- und ablösefreien Denis Zakaria und Matthias Ginter gerne sofort verkaufen, um noch eine Ablöse bekommen zu können. Zumindest bei Zakaria könnte das auch geklappt haben, am Sonntag kamen die ersten Meldungen aus Italien, dass ein Wechsel zu Juventus Turin sofort vollzogen wird. Den hätte, sollte es so passieren, Eberl sogar noch eingeleitet.

Als Kandidaten für Eberls Nachfolge gehandelt werden Jörg Schmadtke, Samir Arabi und Rouven Schröder

Der Mann, der jetzt sofort und doch nur vorübergehend Eberls Aufgaben übernimmt, ist der Scouting-Chef Steffen Korell, 50, der seit 21 Jahren im Klub ist. Mit ihm hat Eberl eng zusammengearbeitet. "Er sagt aber, dass die erste Reihe nicht seine Welt ist", verrät Bonhof.

"Wir suchen extern", sagt der Präsident Königs. Bis jetzt steht allenfalls fest, wer es nicht wird: etwa der frühere Gladbach-Coach und heutige Sportvorstand des Zweitligisten 1. FC Nürnberg, Dieter Hecking. "Es gab keine Gespräche", sagt Hecking. Medial gehandelte Kandidaten sind Jörg Schmadtke (VfL Wolfsburg), Samir Arabi (Arminia Bielefeld) oder auch Rouven Schröder (Schalke 04). Mit der Suche betraut sind Bonhof, Korell und Schippers.

Der Trainer Adi Hütter hat sich noch nicht zum Rücktritt jenes Mannes geäußert, der ihn im vergangenen Sommer nach Gladbach geholt hat. Die Mannschaft trainiert ab Dienstag wieder, am kommenden Samstag gastiert die Borussia beim ersten Kellerduell in Bielefeld, die Woche drauf kommt der FC Augsburg. Binnen acht Tagen muss sich zeigen, wie gut die Spieler die Turbulenzen im Verein wegstecken und ob der Klub glimpflich aus dem Tumult herauskommt. Der frühzeitige Klassenerhalt und ein neuer Sportdirektor, oder besser: das neue Gesicht der Borussia - diese beiden Dinge stehen ganz oben auf der Gladbacher Agenda.

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