Süddeutsche Zeitung

Düsseldorf:Das Gegenteil von Pfannenstiel

Das Unplanbare planen: Uwe Klein wird Sportchef bei Fortuna Düsseldorf - und startet sein Amt mit vielen Vorschusslorbeeren. Der Neue warnt aber bereits: "Das ist tatsächlich keine ganz einfache Zeit momentan."

Von Ulrich Hartmann, Düsseldorf

Der Fußball-Manager Lutz Pfannenstiel bangt in den kommenden dreieinhalb Wochen vermutlich um zweierlei: um den Klassenerhalt von Fortuna Düsseldorf - und um seinen Ruf. Er wird allerdings abseits von Trainingsplatz und Stadion im heimischen Wohnzimmer mitzittern müssen, denn seit Sonntag ist der 47 Jahre alte Niederbayer nicht mehr bei der Fortuna. Auf eigenen Wunsch, wohlgemerkt.

Mitten im immer hitziger werdenden Abstiegskampf ist Pfannenstiel nun raus aus der Glut. Im Januar hatte er Friedhelm Funkel, den möglicherweise beliebtesten Trainer in der Geschichte Fortuna Düsseldorfs, gefeuert und dafür den eher unbekannten Uwe Rösler engagiert. Die Reaktionen auf Funkels Entlassung waren vor allem in den sozialen Medien offenbar derart verletzend, dass Pfannenstiel im Februar beschloss, zum Ende dieser Saison nach dann gerade eineinhalb Jahren bei der Fortuna wieder aufzuhören. Man löste den Vertrag folglich zum 31. Mai auf.

Doch anschließend brach das Coronavirus aus, die Saison wurde nach hinten verschoben und läuft nun wohl bis Ende Juni, deshalb geht Pfannenstiel nun mitten in einer laufenden Saison. Einen Tag nach dem 0:5 in München schied der als Fußball-Weltenbummler bekannt gewordene Pfannenstiel am Sonntag verabredungsgemäß aus dem Amt. Er muss fortan von außen darauf hoffen, dass der von ihm angestoßene Trainerwechsel ein gutes Ende nimmt. Andernfalls könnte sein Name in Düsseldorf ein wenig in Mitleidenschaft geraten.

Uwe Klein, Pfannenstiels Nachfolger, ist gewissermaßen das Gegenteil von einem Weltenbummler. Der gebürtige Hesse ist abzüglich einer einjährigen Unterbrechung bei Hansa Rostock seit 2002 bei der Fortuna in unterschiedlichen Positionen im Sportstab tätig und erwarb sich erste Meriten als Assistenztrainer in der Oberliga Nordrhein, der damals vierthöchsten Klasse. Wer diese schwierigste Ära der jüngeren Klubgeschichte mitgemacht hat, erfährt in Fortuna-Kreisen höchstmögliche Achtung, weshalb Klein an diesem Dienstag bei seiner ersten Pressekonferenz als neuer Sportdirektor nicht zufällig auf seine tiefe Verwurzelung im Klub hinwies. "Als ich 2002 bei der Fortuna als Co-Trainer in der Oberliga angefangen habe", sagte er, "hätte ich mir nicht träumen lassen, hier 2020 mal als Sportvorstand zu sitzen."

Da sitzt er nun und muss sich gleich sehr viele Gedanken machen über eine sehr ungewisse Zukunft. Mit Erfahrungen als Co-Trainer, Kaderplaner und Scoutingchef zwar kompetent ausgestattet, weiß aber auch Klein wie so viele andere in der Branche nicht, wie sich Corona auf den Transfermarkt auswirkt. Im Gegensatz zu vielen anderen weiß er momentan nicht mal, in welcher Liga die abstiegsgefährdete Fortuna in der nächsten Saison spielen wird. 16 Spielerverträge enden am 30. Juni - aber bevor am 27. Juni der finale Spieltag beendet ist oder für die Fortuna auf einem möglicherweise drittletzten Platz Anfang Juli sogar noch zwei Relegationsspiele bestritten werden müssen, lässt sich kaum seriös planen und transferieren.

"Das ist tatsächlich keine ganz einfache Zeit momentan", sagt Klein also, "in jedem Gespräch geht es um gewisse Szenarien, und Spieler, die wir gerne hätten, warten lieber erst einmal ab, in welche Richtung es mit der Fortuna geht." Größere Transfers gebe es in der Bundesliga bislang keine. "Alle beobachten den Markt."

Als abzusehen war, dass die Saison wegen des Coronavirus über den 31. Mai hinausgeht, hat Pfannenstiel der Fortuna im März noch mal angeboten, auch über den 31. Mai hinaus - ehrenamtlich und unentgeltlich - bis zum Saisonende im Amt zu bleiben. Doch darauf verzichtete der Verein. Der neue Aufsichtsratsvorsitzende Björn Borgerding sagte damals der Rheinischen Post: "Wir haben mit Lutz Pfannenstiel einen Aufhebungsvertrag zum 31. Mai getroffen, und daran halten wir fest - das ist kein Wunschkonzert." Besonders versöhnlich klang das nicht.

Klein tritt die Nachfolge nun mit allerhand internen Meriten an, aber selbst die besten Wünsche für ihn als eingefleischten Fortunen klangen am Dienstag aus dem Munde des Aufsichtsratschefs ein bisschen bedrohlich - wie man es aus dem Haibecken Bundesliga halt so kennt. Vermutlich ohne Hintergedanken sagte Borgerding freundlich: "Lieber Uwe, wir wünschen dir, dass du unsere Vorschusslorbeeren erfüllst."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4924943
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 03.06.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.