Hirscher entgeht nur knapp Katastrophe
Der Ski-Weltverband FIS hat eine umfassende Aufklärung des Drohnen-Zwischenfalls beim Slalom von Madonna di Campiglio angekündigt. Man werde mit allen beteiligten Parteien reden, um zu erfahren, wie es zu dem Unfall kommen konnte, hieß es in einer Stellungnahme am Mittwochmorgen. "So etwas darf nie wieder passieren", schrieb die FIS.
Der TV-Rechteinhaber Infront entschuldigte sich bei Hirscher und der FIS für den "unglücklichen Zwischenfall" und kündigte detaillierte technische Analysen und "so bald wie möglich" weitere Informationen an. Im zweiten Durchgang war am Dienstagabend eine Kameradrohne auf die Piste gestürzt und kam dabei Hirscher so nahe, dass dieser fast getroffen worden wäre. "Ich habe nicht gewusst, was es ist, aber schon etwas gespürt", sagte der der vierfache Weltcup-Gesamtsieger später. Erst im Ziel erfuhr er, was ihn fast getroffen hätte.
"Ich habe gedacht, dass ein Rutscher hinter mir ist oder eine Stange." Deshalb sei er weiter "fokussiert und konzentriert geblieben". Nach dem Studium der Fernsehbilder mit der unmittelbar hinter ihm abstürzenden und zersplitternden Drohne sagte der 26-Jährige: "Eine absolute Frechheit. Man darf gar nicht nachdenken, was da passieren kann. Bitte, passt besser auf!"
Tiefer Schock
Renndirektor Markus Waldner sprach von einer "Schweinerei" und einer nur knapp abgewendeten Katastrophe. Im Gegensatz zu Österreich oder Deutschland ist es in Italien erlaubt, bei Ski-Rennen Drohnen einzusetzen. "Es war aber ausgemacht, dass der Pilot nicht über die Strecke fliegt, sondern nur über den Korridor", sagte Waldner. "Doch im zweiten Lauf ist der dann immer weiter reingeflogen. Ein Wahnsinn, was da passiert ist." Der Präsident des Organisationskomitees von Madonna, Lorenzo Conci, betonte: "Ich kann nur meine persönlichen Gefühle zum Ausdruck bringen. Ich bin schockiert, dass so etwas passiert ist. Wir haben sehr, sehr viel Glück gehabt."
Für die FIS steckt in diesem Vorfall auch ein Dilemma: Einerseits will der Sport beworben und jüngeren Fans schmackhaft gemacht werden, spektakuläre Luft-Bilder oder auch neue Wettkämpfe wie der Parallel-Riesenslalom tags zuvor sind dafür Möglichkeiten. Andererseits zählt der Sicherheitsaspekt: Beim Event am Montag hatte es etwa Kritiker gegeben, die die Gesundheit der Sportler bei Kollisionen gefährdet sahen. Letztlich ging alles glimpflich aus - und Hirscher nahm es sogar mit Humor. "Dichter Flugverkehr in Italien!", schrieb er bei Facebook neben dem Bild des Vorfalls.
Der Drohnen-Absturz in Italien war nicht der einzige Zwischenfall bei Sportereignissen in jüngster Zeit.
Ein Überblick:
September 2015: Bei einem Zweitrundenspiel der US Open zwischen der Italienerin Flavia Pennetta und der Rumänin Monica Niculescu knallt eine Drohne auf eine Betontreppe zwischen leeren Zuschauerreihen. Nach einer kurzen Unterbrechung wird das Match fortgesetzt.
August 2015: Ein Football-Spiel zwischen zwei Highschool-Teams im US-Bundesstaat New Jersey wird wegen einer tieffliegenden Drohne für 20 Minuten unterbrochen. Das Fluggerät hatte sich den Spielern bis auf wenige Meter genähert.
Oktober 2014: Während des Fußball-EM-Qualifikationsspiels Serbien gegen Albanien schwebt eine Drohne ins Stadion. Sie zieht eine Fahne mit einer Silhouette von Großalbanien hinter sich her, wie es albanische Nationalisten fordern. Als ein Spieler die Fahne an sich reißt, kommt es zu Tumulten zwischen Fußballern und Zuschauern. Das Spiel wird abgebrochen.
April 2014: Die Teilnehmerin eines Triathlon-Wettbewerbs in der westaustralischen Stadt Geraldton wird während ihres Laufs von einer abstürzenden Kameradrohne am Kopf getroffen. Blutüberströmt geht sie zu Boden. Ihre Wunde wird mit mehreren Stichen genäht.
August 2013: Während einer Stierhatz-Veranstaltung im US-Bundesstaat Virginia stürzt eine Kameradrohne auf die Tribüne. Mehrere Menschen werden leicht verletzt.