Dritte Liga:Wahnsinniges auf dem Betzenberg

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Münster ist Tabellenführer, Investoren-Klub Uerdingen verliert gegen Unterhaching: Die dritte Liga startet überraschend.

Von Markus Schäflein, Kaiserslautern

Am ersten Spieltag zeigte die dritte Fußball-Liga gleich ihre verschiedenen Gesichter. Während der Zweitliga-Absteiger 1. FC Kaiserslautern vor 41 325 Menschen und 1,24 Millionen Fernsehzuschauern auf dem Betzenberg 1:0 gegen den TSV 1860 München siegte, präsentierte sich der erste Tabellenführer vor 3201 Gästen: Preußen Münster gewann 4:1 bei Fortuna Köln.

Ob es möglicherweise schwierig sei, sich auf die kleinen Kulissen beispielsweise in Köln, in Lotte oder in Großaspach umzustellen, wurde dann auch Sechzig-Trainer Daniel Bierofka nach der Partie vor Bundesligakulisse gefragt. Da musste er die überregionalen Journalisten erst mal daran erinnern, dass es den so genannten Schwarzen Freitag gab, der 1860 mangels Lizenz nach unten spülte: "Wir haben jetzt ja ein Jahr in der Regionalliga gespielt, und in unser eigenes Stadion passen auch nur 15 000 Zuschauer rein." Folglich fand Bierofka: "Das war heute außergewöhnlich. Es war ein Privileg, hier spielen zu dürfen."

Bei allem Erstligaflair war auch in Kaiserslautern auf dem Rasen allerdings doch nur Drittligafußball zu sehen gewesen, so genannter Kampf und Krampf. Hohes Tempo, enorme Intensität und taktische Disziplin sind in dieser Profiliga beherrschend. Das individuelle Können der Einzelnen kann da oft nicht mithalten, so dass das originäre Ziel des Spielens, den Ball so oft wie möglich zum Mitspieler zu bringen und dabei eine aussichtsreiche Situation zu schaffen, eher selten erreicht wird. Die mitgereisten 1860-Fans bejubelten dennoch ihre Spieler - aber vor allem sich selbst und den Nachmittag als solchen. "Das war ja Wahnsinn, wie die gefeiert haben", meinte Stürmer Sascha Mölders.

Start nach Maß: Kevin Pires-Rodrigues (rechts, gegen Christoph Menz) und seine Münsteraner siegten 4:1 bei Fortuna Köln. Foto: (Foto: Marco Steinbrenner/Kirchner/imago)

Noch wahnsinniger feierten natürlich die Pfälzer, so dass Trainer Michael Frontzeck die Euphorie bremsen musste: "Alle haben gesehen, wie viel Arbeit es ist, ein Spiel in der dritten Liga zu gewinnen", meinte er, "deshalb gefällt mir das Ergebnis so gut, damit alle konzentriert und im Sattel bleiben. Wenn ich es mir vorher hätte wünschen können, dann genau so." Die nach dem Abstieg komplett neu zusammengestellte Mannschaft - sieben Zugänge standen in der Startformation - wusste das Publikum lange nur mit Leidenschaft zu überzeugen. "Spielerisch geht noch viel mehr", stellte der aus Bielefeld zurückgekehrte FCK-Kapitän Florian Dick fest, aber: "Wir wollten ein Spiel liefern, nach dem die Leute sagen: Okay, mit dieser Mannschaft können wir uns identifizieren. Ich glaube, das ist uns gelungen." Linksverteidiger Janek Sternberg, der Schütze des späten Treffers (86.), berichtete: "Jeder wusste, was für ein Druck auf uns lastete. Die Erwartungen sind groß."

Ähnlich groß sind die Erwartungen beim anderen Absteiger aus der zweiten Liga. Eintracht Braunschweig trennte sich bereits am Freitagabend im offiziellen Saison-Eröffnungsspiel 1:1 vom Karlsruher SC, dem Vorsaisons-Dritten, der in der Zweitliga-Relegation an Erzgebirge Aue gescheitert war und diesmal ebenfalls wieder zu den Favoriten zählt. Mit dem Remis waren beide Teams zufrieden: "Trotz des Rückstands haben wir es gut gemacht und immer weiter gespielt. Ich bin stolz auf die Mannschaft", sagte Braunschweigs Mittelfeldspieler Steffen Nkansah, KSC-Trainer Alois Schwartz meinte: "Insgesamt haben wir den Punkt verdient mitgenommen."

Später Jubel: Janek Sternberg (re.) nach seinem 1:0 für Kaiserslautern. (Foto: Uwe Anspach/dpa)

Erst vor zwei Wochen hat der Karlsruher Stadtrat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause erste Auftragsvergaben für den Bau eines neuen Stadions beschlossen, sportlicher Erfolg des KSC wäre also wünschenswert.

Am Sonntag war dann im KFC Uerdingen ein weiterer Mitfavorit an der Reihe. Bei den Krefeldern, die ihre Heimspiele mangels einer tauglichen Spielstätte in Duisburg austragen müssen, hat sich der russische Investor Mikhail Ponomarev den 2014-Weltmeister Kevin Großkreutz und den früheren Frankfurter Bundesligaprofi Stefan Aigner gegönnt. Der neureiche Aufsteiger aus der Regionalliga West traf im Duell zweier ehemaliger Erstligisten auf die traditionell arme SpVgg Unterhaching, deren Präsident Manfred Schwabl seine Aufstiegspläne angesichts der diesjährigen Konkurrenz verschoben hat: "Vor einem Jahr habe ich gesagt, wir möchten innerhalb der nächsten drei Jahre hoch - diese Prognose verschiebe ich jetzt erst einmal um ein zusätzliches Jahr nach hinten", sagte Schwabl der tz.

Er muss den Drittliga-Spaß im Münchner Süden kreativer finanzieren als der KFC: Zuletzt wechselte der 16-jährige Karim Adeyemi aus der Jugend der SpVgg für drei Millionen Euro zu RB Salzburg. Die prominent besetzten Uerdinger verloren allerdings, trotz eines Treffers von Aigner, 1:3 (0:1). Besser machte es ein anderer ambitionierter Aufsteiger: Energie Cottbus entschied das Derby gegen Hansa Rostock deutlich 3:0 (2:0) für sich. Dabei haben auch die Rostocker einen Investor, den Immobilienmillionär Rolf Elgeti.

Und, ach ja, der SC Preußen Münster: Dort haben sie sich gefreut, kurz vor Saisonstart wenigstens noch einen Trikotsponsor präsentieren zu können, Schauinsland-Reisen. Und jetzt sind sie erst einmal Tabellenführer. 3201 Personen können es bezeugen.

© SZ vom 30.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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