Dritte Liga:Pyrotechnik und Pfefferspray

Fans des FC Hansa Rostock feiern mit den Spielern nach dem Spiel den Auswärtssieg und zünden Rauchbomben, Bengalo, Benga

Euphorisiert am Zaun: Fans von Hansa Rostock feiern vor dem Stadion den Auswärtssieg in Unterhaching und legen sich schließlich noch mit der Polizei an.

(Foto: Sven Leifer/imago)

Zum letzten Drittliga-Heimspiel der SpVgg Unterhaching reisen Hunderte Fans von Gegner Hansa Rostock an. Haching verliert erneut, die Personalplanungen für die Regionalliga werden unterdessen konkreter.

Von Christoph Leischwitz, Unterhaching

Die letzte Unterhachinger Drittliga-Ballberührung im heimischen Sportpark hatte ein Spieler, der in der kommenden Saison ganz sicher nicht mehr dabei sein wird: Torwart Jo Coppens jagte noch einmal einen weiten Ball nach vorne beim Stand von 0:1 aus Sicht der Gastgeber. Dieser landete aber beim Gegner, dann ertönte der Schlusspfiff. Etwas zeitverzögert jubelten die Fans. Ja, es waren tatsächlich eine Menge Fans dabei, wenn auch nur draußen auf dem Schotter-Parkplatz: Hunderte Anhänger von Hansa Rostock hatten, wie ein Blick auf die Nummernschilder belegte, mit Privatautos die 800 Kilometer lange Anreise auf sich genommen. Sie hielten natürlich keine Abstände ein, zündeten Pyrotechnik, schwangen Fahnen, unentwegt wurde geschrien und gesungen.

Pünktlich zum Abstieg also hatte Unterhaching doch noch ein Fanerlebnis, in dieser von der Pandemie geprägten Saison. Nach dem Spiel kam es kurz zu Tumulten, als sich die Rostocker Mannschaft auf der Gegengeraden an einen Treppenaufgang stellte und den Fans dankte. Da drückten einige von ihnen gegen den Zaun, die Polizei fühlte sich offensichtlich bedroht und setzte spontan Pfefferspray ein, hernach musste ein Fan auf dem Parkplatz liegend vom Notarzt behandelt werden.

Ein Remis oder gar ein Hachinger Sieg hätte wiederum die Fans von 1860 München jubeln lassen: Rostock war als Tabellenzweiter in die Vorstadt gereist. Der sichere Absteiger mühte sich auch redlich gegen Rostock, Schützenhilfe zu geben, und ließ sich auch durch das 0:1 von Philip Türpitz (24.) nicht einschüchtern. Arie van Lent sah das ähnlich, Unterhachings Trainer sprach von einer ordentlichen Leistung. Er meinte nur, eigentlich wie immer, dass man vor dem Tor zu "harmlos" und außerdem "körperlich unterlegen" gewesen ist. Ein bisschen Mut für die kommende Saison machte der Auftritt trotzdem, insbesondere jener von Stephan Hain: Der 32-jährige Angreifer zeigte nach seiner langwierigen Verletzung, dass er auch gegen eine Spitzenmannschaft Torgefahr ausstrahlen kann, auch wenn seinen Abschlüssen meist die Genauigkeit fehlte.

Torwart Jo Coppens geht zurück nach Holland, Göttlicher und Anspach dürfen nur bei einer stattlichen Ablöse gehen

Einen Tag später stand Präsident Manfred Schwabl schon wieder an der Seitenlinie und blickte in die Zukunft. Mehrere bayerische U-19-Vereine hatten sich im Sportpark zu Testspielen getroffen. Gerade schoss Haching das 1:0 gegen den FC Bayern, als Schwabl begann, am Telefon über den künftigen Regionalliga-Kader zu sprechen. Wie schon öfter angekündigt, sollen die zahlreichen guten Talente aus dem eigenen Nachwuchs-Leistungszentrum die Möglichkeit bekommen, sich an den Profifußball heranzuspielen. Doch vielleicht gerät die Mannschaft gar nicht allzu jung: Die Routiniers Hain und Dominik Stahl werden bleiben, Schwabl hofft zudem, dass sich Josef Welzmüller nach seinem zweiten Kreuzbandriss noch einmal herankämpft - "wenn das einer von der Mentalität her schafft, dann er", so der Präsident. In den kommenden Tagen werde er sich auch noch mit Max Dombrowka und seinem eigenen Sohn Markus zusammensetzen. Bei beiden laufen die Verträge aus, beide könnten bei einem lukrativen Angebot noch einmal wechseln, beide könnten aber auch bleiben. Lucas Hufnagel, der am Samstag im letzten Heimspiel nicht zum Einsatz kam, beendet wie berichtet seine Karriere.

Bei den meisten Spielern, deren Verträge zum Saisonende auslaufen, stehen die Zeichen eher auf Abschied, darunter Dominik Stroh-Engel, Christoph Greger, Jannik Bandowski, Moritz Heinrich. Keeper Coppens möchte ganz sicher zurück in die Niederlande, weil seine Tochter bald eingeschult wird; weil beim zweiten Torwart Steve Kroll der aktuelle Vertrag nur für die dritte Liga gilt, ist es möglich, dass Haching auf dieser Position noch einmal aktiv auf die Suche gehen muss. Auch der Vertrag von Luca Marseiler gilt nicht für Liga vier - bei ihm ist davon auszugehen, dass er sogar ein Engagement in Liga zwei anpeilt, auch wenn er in Unterhaching zuletzt selten zum Einsatz kam. Fraglich ist noch der Verbleib zweier junger Stammspieler: Felix Göttlicher und Niclas Anspach. "Das muss Aua machen", sagt Schwabl auf die Frage, ob die beiden verkäuflich seien, "wir sind ja nicht auf dem Flohmarkt". Der 19-jährige Innenverteidiger Göttlicher wird in der Münchner Gerüchteküche zurzeit mit 1860 in Verbindung gebracht.

Die wohl wichtigste Personalie ist weiter ungeklärt: die des Trainers. "Wir setzen uns in ein paar Tagen zusammen", sagt Präsident Schwabl zur Frage, ob Arie van Lent nun bleibt oder nicht, "und dann schauen wir uns in die Augen." Der Trainer wollte womöglich nur einen Scherz machen, als er am Samstag bei Magentasport zumindest schon einmal sagte: "Es war ganz sicher mein letztes Drittliga-Spiel in Unterhaching." Es klang dann aber nicht so, als ob er für eine Mission "direkter Wiederaufstieg" zur Verfügung stehen würde.

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