Dritte Liga:Nächster Halt Pipinsried

Terrence Boyd (Hallescher FC, 13) versucht Jamie Lawrence (FC Bayern Muenchen II, 40) zu troesten nach dem feststehende

Terrence Boyd vom Halleschen FC spendet dem Münchner Jamie Lawrence etwas Trost.

(Foto: Eibner Pressefoto / Heike Feiner/imago images/Eibner)

Nach dem Abstieg beginnt bei der U23 des FC Bayern München sowie in den Jahrgängen darunter ein grundlegender Umbau der Nachwuchsarbeit. Das Ziel ist der sofortige Wiederaufstieg.

Von Christoph Leischwitz

Der Mannschaftsbus brummte und wartete auf die letzten Spieler, um sie hinüberzufahren an die Säbener Straße. Daneben, direkt am Spielereingang des Grünwalder Stadions, sprach Jochen Sauer, der organisatorische Leiter des FC-Bayern-Campus, und beantwortete noch einige Fragen dazu, wie viele der aktuellen Akteure wohl auch in der kommenden Saison noch in diesen Bus ein- und aussteigen werden. Der Abstieg der U23 des FC Bayern München - wohlgemerkt: als Vorjahresmeister - stand gerade seit einer Dreiviertelstunde unverrückbar fest, dementsprechend war die Stimmung, wenn schon nicht zu hören wegen des Gedröhnes, dann doch abzulesen in allen Gesichtern. Allerdings war dieser Abstieg nach dem 0:1 gegen den Halleschen FC schon vor diesem letzten Drittliga-Spieltag der Saison 2020/21 sehr wahrscheinlich gewesen, weshalb sich die Verantwortlichen schon ein wenig prophylaktisch mit diesem Szenario beschäftigt haben dürften. Fest steht schon jetzt, und dazu hat der Abstieg auch nur einen gewissen Teil beigetragen: Der Umbau im Unterbau des Rekordmeisters wird ziemlich grundlegend ausfallen.

Das neue Trainerteam Schwarz/Demichelis darf wohl weitermachen

Da wäre zunächst einmal die U23 selbst. Die Trainer Martin Demichelis und Danny Schwarz haben sich in den vergangenen Wochen mit einigen waghalsigen Experimenten erfolglos gegen den Abstieg gestemmt, aber sie werden bleiben. Und natürlich soll der direkte Wiederaufstieg das Ziel sein. "Wir wollen eine Mannschaft zusammenstellen, die oben mitspielen kann", sagte Sauer. Allerdings hörte sich der Nachwuchsleiter nicht danach an, als wäre er dafür unumstößlich auf die älteren Haudegen angewiesen, die schon seit Jahren die Mannschaft anleiten. Maximilian Welzmüller und Timo Kern, die beide Verträge für die kommende Saison haben, müsse man ja erstmal fragen, ob sie überhaupt Lust hätten, in der Regionalliga zu spielen, gab Sauer zu bedenken. Mit Abwehrchef Nicolas Feldhahn werde man sich zusammensetzen, weil sein Vertrag gerade ausläuft. Eine gewisse "Stabilität" sei sicher vonnöten, aber Sauer könnte sich offenbar auch eine Regionalliga-Mannschaft vorstellen, die komplett aus jungen Talenten besteht. Demnach würden noch mehr U19-Spieler hochgezogen als zuletzt - zumal die Junioren-Bundesliga in der Qualität wohl ein wenig "verwässert" werden könnte, wie Sauer fürchtet: Sie wird aufgrund der abgebrochenen Saison ohne Absteiger womöglich auf 22 Mannschaften vergrößert.

Was der U23 vor allem fehlte, um in der dritten Liga zu bestehen, war ein erfolgreicher Stürmer. Abzulesen war das auch der kuriosen Statistik, dass die Mannschaft im Abstiegsjahr tatsächlich zwei Gegentore weniger kassiert hat (58) als im Meisterjahr. Und deutlicher hätte man am letzten, entscheidenden Spieltag die Unzufriedenheit mit Jann-Fiete Arp (21 Jahre, 30 Spiele, fünf Tore) oder dem im Winter verpflichteten Dimitri Oberlin (23 Jahre, zwölf Spiele, ein Tor) auch nicht ausdrücken können, als sie in Zivil auf die Tribüne zu setzen. Für die kommende Saison werde man sich etwas einfallen lassen, kündigte Sauer an, aber vielleicht treffe die Lösung ohnehin schon in ein paar Wochen ein: Der verliehene Marvin Cuni kehrt von der SG Sonnenhof Großaspach zurück. Dort hat der bald 20-Jährige in der Regionalliga Südwest 19 Tore geschossen, und diese Liga hält Sauer für stärker als die Regionalliga Bayern.

Der ehemalige Garchinger Daniel Weber wird offenbar einer der Nachwuchskoordinatoren

Offenbar wird aber auch der Unterbau der U23 reformiert. Ein Grund: In Hermann Gerland verlässt ein langjähriger, prägender Mitarbeiter den Verein - die Fans am vergangenen Samstag feierten Gerland noch einmal mit Gesängen, in jenem Stadion, das sie mit dem Begriff Hermann-Gerland-Kampfbahn auch nach ihm benannt haben. Ferner spielt offenbar auch der Wegfall eines leitenden Mitarbeiters sowie mehrerer Assistenten eine Rolle, die in die Rassismus- und Mobbing-Vorfälle am Campus verwickelt waren. Drittens werden beim FC Bayern die U9 und die U10 abgeschafft, somit gibt es jetzt noch neun Nachwuchsmannschaften. Deshalb gibt es laut Sauer die Überlegung, diese in drei Dreiergruppen zu bündeln und jeweils einem Koordinator zu unterstellen. Nach SZ-Informationen soll es sich beim künftigen Koordinator für die Teams der U14 bis U16 um Daniel Weber handeln, der bis 2019 als Regionalliga-Trainer des VfR Garching tätig war.

Jochen Sauer sieht weder ein sportliches Problem noch eines fürs Image des Klubs, wenn die Abwesenheit aus der dritten Liga kurzfristig bleibt. Mittelfristig allerdings schon. Damit die U23 wieder erfolgreich spielt, müsste aus Sicht der Campus-Mitarbeiter die Zusammenarbeit mit der Profiabteilung verbessert werden. Sauer selbst sagt das so natürlich nicht; er zitiert aber gerne aus Studien, wonach die erfolgreichsten und bekanntesten Fußballer unserer Tage als junge Erwachsene deutlich mehr Einsatzzeit bekommen hätten, als sie sie derzeit beim FC Bayern bekommen. Mit anderen Worten: Wenn man schon einmal eine Mannschaft in der dritten Liga hat, warum müssen dann Bankdrücker bei den Profis immer nur die Bank drücken? Sportdirektor Hasan Salihamidzic und der scheidende Trainer Hansi Flick waren in der abgeschlossenen Saison tatsächlich sehr selten bis gar nicht im Grünwalder Stadion zu sehen gewesen. Es wird sich zeigen, ob Julian Nagelsmann künftig die Spiele gegen die zweite Vertretung des 1. FC Nürnberg oder auch gegen den FC Pipinsried anschauen wird.

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