Dritte Liga:Klares Votum, viele Unklarheiten

Timo Perthel,Manfred Osei Kwadwo,Trainer Claus Dieter Pele Wollitz mit Mundschutz,Brian Koglin (v.li.,1. FC Magdeburg)

Müssen zurück aufs Feld: Trainer „Pele“ Wollitz (mit Kappe) und die Fußballer aus Magdeburg.

(Foto: Christian Schroedter/imago)

Nach der Entscheidung des DFB, den Wettbewerb am Wochenende fortzusetzen, zeichnet sich eine Klagewelle abbruchwilliger Klubs ab.

Von Markus Schäflein

Das Ergebnis des Online-Votings kam nicht nur überraschend schnell, sondern fiel auch beeindruckend deutlich aus: Fast 95 Prozent der Delegierten stimmten beim ebenso außerordentlichen wie virtuellen Bundestag des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) für eine Fortsetzung der dritten Liga am Wochenende. Nach dem Hickhack und Chaos, das die in dieser Frage heillos zerstrittenen Klubs verbreitet hatten, mag dieses Ergebnis irritieren - aber es hatten ja auch keine Vereinsvertreter Stimmrecht, sondern Funktionäre aus DFB-Vorstand (47), Ligaverband (74) und den Landesverbänden (140).

"Das war eine indirekte Demokratie", sagte Markus Kompp, Geschäftsführer des abbruchwilligen SV Waldhof Mannheim, der Bild-Zeitung: "Die Entscheidung geht an den Problemen vieler Drittligisten vorbei, wird aber von uns akzeptiert."

DFB-Vizepräsident Rainer Koch hatte damit gerechnet, dass einige Klubs juristische Schritte einleiten werden. Ob es so kommt, blieb bis zuletzt offen. Viele Vereine betonten nun, sie hätten das mit dem Abbruch gar nicht so gemeint; es gehe ihnen aber um faire Wettbewerbsbedingungen für die Fortsetzung. Und es sorgt nun auch für Diskussionen, inwieweit es teilweise an ihnen selbst lag, dass sie das Training und die Organisation für die angekündigte Fortsetzung zuletzt nur zögernd aufnahmen. Dabei schwingt auch der Vorwurf mit, einige Abbruch-Befürworter hätten womöglich sogar Einfluss auf ihre jeweilige Landespolitik genommen. Chris Förster, Geschäftsführer des abgeschlagenen Tabellenletzten Carl Zeiss Jena, der der einzige Profiverein in Thüringen ist und dort auf Anweisung der Landesregierung noch nicht trainiert hat, hatte zunächst angekündigt: "Wir leiten auf jeden Fall rechtliche Schritte ein." Zwei Testungen und ein einwöchiges Trainingslager vor Spielbeginn seien "terminlich nicht mehr zu organisieren", der DFB habe "erneut an Politik und Logik vorbei" geplant. Am Dienstag zog Jena die Klage-Androhung aber zurück: "Wir sind zum Schluss gekommen, dass man Fairness nicht einklagen kann - jedenfalls nicht beim DFB", sagte Förster nun. Man werde sich nun dem sportlichen Wettkampf stellen. Jena befindet sich in Leipzig im Quarantäne-Trainingslager und muss für das Heimspiel gegen Chemnitz an diesem Sonntag umziehen, weil im eigenen Bundesland bis 5. Juni nichts geht. Jena will die Partie im Westen austragen, weil man am Mittwoch in Duisburg spielt, der DFB favorisiert Würzburg. Sobald das feststeht, wird das Team wohl das Hotel wechseln. Aufregung herrscht auch beim Halleschen FC. "Unsere seit Wochen geäußerten Bedenken wurden ebenso außen vor gelassen wie der Umstand, dass die Verfügungslage in Sachsen-Anhalt bis einschließlich 27. Mai kein Mannschaftstraining zulässt", sagte Präsident Jens Rauschenbach: Die Vorgänge "unter dem Aspekt der Chancengleichheit rechtlich prüfen zu lassen", will sich der Verein vorbehalten.

Zudem ebbt auch der Streit um finanzielle Forderungen von Waldhof Mannheim wegen der Kosten für die Umsetzung des Hygienekonzepts nicht ab. In einer Stellungnahme widersprach das Kultusministerium Baden-Württembergs einer Aussage des DFB, es habe die Kosten klar den Vereinen zugewiesen. "Es gibt von Seiten des Sportministeriums keine Vorgabe, dass die Kosten für das Hygienekonzept und die damit verbundenen Maßnahmen die Vereine zu tragen haben", stellte das Ministerium in der Rheinpfalz klar. Der Dachverband hatte vorigen Samstag erklärt: "Dem DFB wurde am 15. Mai nach Abstimmungen zwischen dem baden-württembergischen Kultus- und Sozialministerium seitens beider Behörden bestätigt, dass die Kosten der mit dem Hygienekonzept verbundenen Maßnahmen von den einzelnen Vereinen zu tragen sind. Diese Bestätigung wurde nun noch einmal bekräftigt."

Waldhof Mannheim hatte zuvor zwei Rechnungen in einer Gesamthöhe von 79 000 Euro an den DFB weitergeleitet. Der Klub hatte sich auf eine Verordnung des Landes berufen. "Die Kosten für das Konzept (...), insbesondere für die Testungen (...), trägt die für die Durchführung des Wettbewerbs- oder Wettkampfbetriebs verantwortliche Organisation", heißt es darin. Das Land lässt offen, wer die zuständige Organisation ist - und damit die Kosten zu übernehmen hat. Die Verordnung besage lediglich, "dass für diese Kosten nicht das Land aufkommt", teilte das Ministerium mit.

Unterdessen hat der 1. FC Magdeburg einen Antrag auf Verlegung seiner ersten Spiele zurückgenommen - nicht nur, weil die Landesregierung in Sachsen-Anhalt den Weg für Heimpartien am Dienstag freigemacht hat, sondern auch wegen einer Beschlussfassung des Bundestags: Der Spielleiter kann künftig Partien "in zeitlich kurzer Reihenfolge unter Abweichen vom Rahmenterminkalender und den sonst üblichen zeitlichen Mindestabständen von 72 Stunden zwischen zwei Spielen einer Mannschaft" ansetzen.

Aus Sicht des FCM besteht damit die Gefahr, "dass kurzfristig verlegte Spiele zwischen bereits eng terminierte Spieltage gelegt werden und faktisch keine Korrekturmöglichkeit mehr auf solche (...) Entscheidungen (...) besteht." Der DFB hat offenbar an alle Szenarien gedacht, die die Widerspenstigen vorbereitet hatten - allerdings behält sich auch Magdeburg eine juristische "Überprüfung der Wettbewerbsbedingungen des Restarts" vor.

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