Dritte Liga:Angefressenes Achselzucken

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Kein Meckern, keine Beschwerde: Nach seinem Foul an Aziz Bouhaddouz verlässt Sechzigs Dennis Erdmann (Nummer 13) den Platz. (Foto: Treese/Nordphoto/imago)

Nach dem 0:1 gegen Duisburg entfernt sich der TSV 1860 von den Aufstiegsplätzen - weil das Team sein offensives Potenzial wieder einmal nicht nutzt.

Von Christoph Leischwitz

Dennis Erdmann hatte auch gegen den MSV Duisburg wieder den einen oder anderen Gegner angepflaumt, wie es nach einem beherzten Zweikampf durchaus seine Art ist. In der 51. Minute aber blieb der Abwehrspieler des TSV 1860 München ungewöhnlich still. Kein Meckern in Richtung des Gegenspielers Aziz Bouhaddouz, dass dieser gefallen war. Keine Beschwerde beim Schiedsrichter, der ihm gerade die rote Karte gezeigt hatte. Dass er eine Dummheit begangen hatte, das "weiß Dennis selber", sagte sein Trainer Michael Köllner kurz nach Schlusspfiff. "Da muss er den Ball vorher löschen oder wegbleiben." Denn immerhin hätte Bouhaddouz ja auch erst einmal noch Torwart Marco Hiller überwinden müssen. So aber war es die entscheidende Szene: rote Karte und ein Elfmeter, den Moritz Stoppelkamp in der 53. Minute sicher zum 1:0-Endstand verwandelte.

Was das nun bedeutet? Aus Sicht von Köllner eine verlorene Partie, nicht viel mehr. Denn nun konnte der 51-Jährige wieder einmal mit einem Achselzucken darauf verweisen, dass er sich mit dem Thema Aufstieg "sowieso noch nicht befasst" habe. Insofern wäre es tatsächlich nebensächlich, dass sich die Sechziger wieder von den besten Drei in der Tabelle entfernen.

Natürlich sah Köllner nach dem Spiel trotzdem angefressen aus. Was wohl auch daran lag, dass seine Mannschaft eigentlich das bessere Team gewesen war. Zu Beginn wirkte das als Anfeuerung gemeinte Dauerhupen der Fans, das vom Stadionparkplatz bis auf den Rasen tönte, ein wenig so, als wollten sie die Fußballer darauf aufmerksam machen, dass eine Ampel auf Grün gesprungen ist: Beide Mannschaften befanden sich noch eine Weile im Leerlauf. Doch die Sechziger fanden früher, überlegter und eleganter den Weg in den gegnerischen Strafraum. Erik Tallig zog nach elf Minuten erstmals ab, die Schüsse von Phillipp Steinhart näherten sich vielversprechend dem Tor an (15., 21. Minute). Vor der Pause setzte Stefan Lex nach einem Solo von Merveille Biankadi einen Heber neben das Tor (35.).

Die erste Halbzeit wirkt im Nachhinein wie eine große, verpasste Gelegenheit

Weil die Sechziger aber auch nach dem Platzverweis die gefährlichere Mannschaft blieben - der eingewechselte Abwehrspieler Semi Belkahia scheiterte mit einem Kopfball am Arm von Torwart Leo Weinkauf - wirkte die erste Halbzeit im Nachhinein wie eine große, verpasste Gelegenheit: Die Köllner-Elf hatte alles im Griff - ihr nachweislich vorhandenes offensives Potenzial (46 Tore) aber, wieder einmal, nicht ausgeschöpft. Das ist auch einer Köllnerschen Risikoabwägung geschuldet, wonach es einfach immer möglich sein muss, in der gegnerischen Hälfte potenzielle Gegenangriffe zu unterbinden. Diese Münchner Rückversicherung hemmt freilich den kollektiven Tordrang. Köllner lässt gerne geduldig spielen. Was er aber nicht beeinflussen kann, das sind individuelle Fehler wie jener von Erdmann, der sein schlechtes Stellungsspiel nach einem langen Ball mit einem Zupfer am Trikot kompensieren wollte. Sein Foul war ein Indiz dafür, wie heilig das Mantra ist, in dieser Liga bloß nicht in Rückstand zu geraten. Es droht dann jene Konstellation, in der sich Sechzig vergeblich abmühte: auf tiefem Boden gegen einen tiefstehenden Gegner anzulaufen.

Am Sonntag beobachtete Köllner in Unterhaching den nächsten Gegner, den Halleschen FC. Danach steht ein Spiel beim souveränen Tabellenführer Dresden an. Womöglich gestaltet sich der Rest der Saison ja ähnlich wie die Schlussphase in Duisburg: Irgendwann sind die Löwen gezwungen, etwas mehr Risiko zu gehen. Außer natürlich, man will sich mit dem Aufstieg nicht beschäftigen.

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