Süddeutsche Zeitung

Dritte Liga:Am Ende Harakiri

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Türkgücü steigert sich in Mannheim, kassiert aber erneut eine 0:3-Niederlage. Sein Team habe nicht ausreichend für Entlastung sorgen können, sagt Coach Ruman.

Von Stefan Galler

Einfach zur Tagesordnung ist bei Türkgücü München nach dem kraftlosen Auftritt vergangene Woche beim 0:3 im Grünwalder Stadion gegen den VfL Osnabrück niemand übergegangen. "Wir haben nach dem Spiel intern mit dem Mannschaftsrat und in individuellen Gesprächen analysiert", sagte Trainer Petr Ruman also, ehe er mit seiner Mannschaft zum Gastspiel beim SV Waldhof Mannheim aufbrach. Auch im dortigen Carl-Benz-Stadion war das Ergebnis nicht besser, abermals verlor Türkgücü mit 0:3 (0:0). Am Samstag aber konnte der tschechische Coach seiner Mannschaft nicht vorwerfen, "nicht schnell genug im Kopf" gewesen zu sein, wie die Analyse des Osnabrück-Spiels ergeben hatte. "Wir haben es diesmal nicht geschafft, für Entlastung zu sorgen, die offensive Kette hat zu schnell die Bälle verloren. Aber wir haben es versucht und sehr viel investiert", resümierte Ruman nach der Partie und attestierte dem Team "ein besseres Spiel als gegen Osnabrück".

Vor allem zu Beginn der Begegnung hatte Türkgücü gezeigt, dass man sich rehabilitieren wollte für die Vorwoche. Moritz Kuhn zwang Waldhof-Keeper Timo Königsmann gleich zu einer Parade (8.), nach einem Eckball drosch Nico Gorzel die Kugel in die vierte Etage (10.). Doch nach und nach gewannen die Mannheimer, angetrieben von fast 8000 frenetischen Zuschauern, immer mehr die Oberhand. Erstmals kamen sie nach einer Viertelstunde hinter die Viererkette der Münchner, doch das Zuspiel von Dominik Martinovic für Adrien Lebeau fiel zu scharf aus, als dass jener den Ball kontrollieren hätte können (15.). Von jetzt an spielte nur noch der SV Waldhof, doch Lebeau (34.) und Alexander Rossipal (38.) vergaben weitere Gelegenheiten.

Auch nach der Pause erwischte zunächst Türkgücü den besseren Start, doch Albion Vrenezi schaffte es aus 20 Metern nicht, Königsmann zu überwinden (53.), ebenso wenig wie Sercan Sararer eine Minute später. Wie im ersten Abschnitt senkte sich die Waage danach wieder auf die Seite der Gastgeber, Seegerts Volleyschuss konnte der Münchner Torwart René Vollath noch parieren (60.), doch acht Minuten später prallte der Ball nach einer Eck gegen den Bauch des kurz zuvor eingewechselten Türkgücü-Neuzugangs Törles Knöll und anschließend direkt Martinovic vor die Füße. Der Absolvent der FC-Bayern-Juniorenabteilung fackelte nicht lange und brachte Mannheim in Führung (68.).

"Das müssen wir definitiv besser verteidigen", sagte Ruman hernach. Es sollte die spielentscheidende Szene sein, das sah auch der Trainer so: "Wenn wir das erste Tor kassieren, schaffen wir es nicht, uns durch eine gelungene Aktion aufzubauen." Oder, wie es Türkgücü-Kapitän Mergim Mavraj formulierte: "Es war ein ebenbürtiger Kampf bis zu dem individuellen Fehler beim Standard. Danach war es natürlich Harakiri, was wir gespielt haben."

Türkgücü spielt am Ende alles oder nichts - und fängt noch zwei Gegentore

Womit der Abwehrchef darauf abzielte, dass die weiteren Gegentore vor allem der Tatsache geschuldet waren, dass sein Team nun alles oder nichts spielte. Beim 2:0 rückte Filip Kusic aus dem Abwehrverbund und machte den Weg frei für einen Steilpass, den Niklas Sommer in den Lauf von Martinovic spielte, Joseph Boyamba musste dessen Querpass nur noch über die Linie drücken (74.). Und beim 3:0 konnte Vollath einen Gewaltschuss von Rossipal nur nach vorne klatschen lassen, Lebeau staubte ab (90.+2) und feierte anschließend in bester Aubameyang-Manier mit einer eigens zurechtgelegten Batman-Maske. "So etwas begeistert die Zuschauer und man sieht daran, dass die Jungs Bock haben", kommentierte Waldhof-Trainer Patrick Glöckner.

Sein Gegenüber Ruman beackerte da ganz andere Themen: Die Vermutung, dass sein Team in der Endphase konditionell nicht mehr hätte gegenhalten können, verwies er ins Reich der Fabel: "Nein, einen Fitnessrückstand kann ich nicht feststellen, wir haben die gesamte Woche komplett trainieren können." Vielmehr seien die eigenen Ballbesitzphasen zu kurz gewesen, um Kontrolle auszuüben und Chancen zu kreieren.

Noch sind die vorderen Plätze einigermaßen in Reichweite, fünf Zähler trennen die ambitionierten Münchner von Rang zwei. Doch so langsam wäre es Zeit, eine Erfolgsserie zu starten, womöglich gleich mit einem Erfolg am kommenden Montag gegen den MSV Duisburg. Die nächste Sitzung von Türkgücü-Coach und Mannschaftsrat dürfte jedenfalls einiges an Diskussionsstoff bieten.

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