Dritte Liga:16 Jahre und zwei Wochen später

Dritte Liga: Zum Abschied ein 0:0: Lukas Podolski (rotes Trikot) trifft 2005 mit der Mannschaft des 1. FC Köln auf Sechzigs Quido Lanzaat (vorn) und Lukasz Szukala. Für den TSV 1860 war es das bis zu diesem Wochenende letzte Spiel im Olympiastadion.

Zum Abschied ein 0:0: Lukas Podolski (rotes Trikot) trifft 2005 mit der Mannschaft des 1. FC Köln auf Sechzigs Quido Lanzaat (vorn) und Lukasz Szukala. Für den TSV 1860 war es das bis zu diesem Wochenende letzte Spiel im Olympiastadion.

(Foto: Sven Simon/imago)

Zum ersten Mal seit März 2005 kehrt die Mannschaft des TSV 1860 München ins Olympiastadion zurück. Während die Löwen dort im Falles eines Aufstiegs oder Umbaus des Grünwalder Stadions wohl öfter spielen werden, ist die altehrwürdige Ausweichstätte für Türkgücü schon in diesem Jahr Teil der Heimat. Fehlt nur noch die Rasenheizung.

Von Christoph Leischwitz

Reiner Maurer war zum Schlusspfiff ein bisschen verärgert: 1860 München hatte 0:0 gegen den 1. FC Köln gespielt, und obwohl die Gäste mit Spielern wie Lukas Podolski aufwarteten, kam dem Trainer des TSV dieses Unentschieden schon sehr unglücklich vor. Maurer erzählt, wie nach dem Schlusspfiff dann auch Kölns Trainer Huub Stevens auf ihn zukam und sagte: "Wir können mit dem 0:0 besser leben als ihr." Es war das bislang letzte Spiel der Sechziger im Olympiastadion.

Genau 16 Jahre und zwei Wochen später folgt der nächste Auftritt. Diesmal sind die Löwen als Gäste da, im Drittliga-Derby gegen Türkgücü München (Anpfiff 14 Uhr). Ebenso wie damals würde sich der Trainer vermutlich ziemlich ärgern, wenn nur ein Unentschieden rausspringen würde. Denn für 1860 München, aktuell Tabellenvierter, geht es noch um den Aufstieg in die zweite Bundesliga. Michael Köllner schwärmte am Freitag kurz von den glorreichen Zeiten dieses Stadions, die aber freilich nicht so sehr den TSV 1860 betreffen, dessen Fans es bekanntlich nie so richtig warm wurde unter dem Zeltdach - eher schon diverse Weltmeister und Spieler des FC Bayern.

Auf dem Papier sind die Arenen in Würzburg und Burghausen aktuell Türkgücüs Hauptstadien

Dass das Olympiastadion aber auch zumindest teilweise die Zukunft bedeuten könnte für den Klub aus Giesing, da gibt man sich eher emotionslos. "Das Szenario kann natürlich auf uns zukommen", sagt Geschäftsführer Günther Gorenzel, und Gespräche bezüglich dieses Szenarios gebe es schon. Es ist ja auch gar nicht so unwahrscheinlich. Irgendwann könnte der Umbau im Grünwalder Stadion beschlossen werden, und dieser wird dann in jedem Fall so aufwendig sein, dass er sich über mehr als eine Spielzeit hinweg erstrecken dürfte. Zweitens können die Sechziger eben noch aufsteigen, dann wäre spätestens ab der übernächsten Saison ein zweitliga-taugliches Stadion nötig, um die Auflagen der DFL zu erfüllen. Und wo sonst sollten die Sechziger spielen, wenn nicht hier?

Für Türkgücü ist der Bedarf nach diesem ehrwürdigen Ausweichstadion sogar noch akuter. Vergangenes Jahr, als sich der Aufstieg der Mannschaft in den Profifußball abzeichnete, begann eine Odyssee der Stadionsuche. Eigentlich war das Konstrukt, dass Türkgücü acht Partien nicht im Grünwalder Stadion austrägt, sondern im Olympiastadion, eine Notlösung gewesen. Auf Nachfrage bestätigt das Münchner Sportamt aber, dass es kommende Saison so bleiben wird: Sechzig und der FC Bayern II werden auf Giesings Höhen weiter Vorrang haben, Türkgücü kann nicht alle Heimspiele dort austragen. Und zwar auch dann, wenn die U23 der Bayern noch in die Regionalliga absteigen sollte.

Türkgücü hat zwar mittlerweile ein Problem weniger: Gegenüber dem DFB muss kein Stadion mit "uneingeschränkter Verfügbarkeit" mehr vorgewiesen werden. Vergangenes Jahr hatte dies zu der kuriosen Situation geführt, dass Türkgücü in ganz Bayern herumgefragt hatte, um diese Verfügbarkeit zu gewährleisten. Auf dem Papier sind die Arenen in Würzburg und Burghausen aktuell Türkgücüs Hauptstadien. Doch am Freitag erklärte Türkgücü-Geschäftsführer Max Kothny, dass diese Passage in den Statuten geändert worden sei, und zwar explizit wegen der "Situation in München". Eine Nachfrage beim DFB ergibt: Das Wort "uneingeschränkt" wurde im vergangenen Dezember entfernt, jetzt steht dort, dass ein Stadion für den "gesamten Spielbetrieb" zur Verfügung stehen muss.

Die Frage nach der Dritt- oder Zweitligatauglichkeit des Olympiastadions wird noch öfter gestellt werden - in München fehlen die Alternativen

Türkgücü hat gleichzeitig immer noch ein recht großes Lizenz-Problem: Im Olympiastadion wurde immer noch keine Rasenheizung eingebaut, die verpflichtend ist. Eigentlich sollte der Stadtrat schon darüber abstimmen (die Olympiapark GmbH ist hundertprozentige Tochter der Stadt), dem Vernehmen nach wurde die Abstimmung mittlerweile aber sogar schon mehrmals verschoben. Den beteiligten Personen fehlt dafür das Verständnis, insbesondere Türkgücü. Der Verein muss nämlich den Nachweis erbringen, im Olympiastadion spielen zu können. Weil aber der Einbau einer Rasenheizung erst einmal ausgeschrieben werden müsste, ist es gut möglich, dass sich dieser bis in die nächste Drittliga-Spielzeit hinein erstreckt, selbst wenn die Bewilligung nun zeitnah erfolgen sollte. Für solch einen Stadtratsbeschluss wäre es deshalb "allerhöchste Eisenbahn", sagt auch Olympiapark-Sprecher Tobias Kohler auf Nachfrage.

Die Olympiapark GmbH gibt Großereignissen wie einem ausverkauften Open-Air-Event klar den Vorrang. Trotzdem wird in den kommenden Jahren wohl noch öfter die Frage nach der Dritt- oder Zweitligatauglichkeit des Stadions gestellt werden - ganz einfach, weil in München die Alternativen fehlen. Und so hofft Max Kothny, "mit einem Augenzwinkern", wie er sagt, ein bisschen darauf, dass die Sechziger heuer noch nicht aufsteigen. Denn kommende Saison ein Derby im Olympiastadion mit Zuschauern, "das wäre der Hammer", sagt der Geschäftsführer.

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