Süddeutsche Zeitung

Dritte Fußball-Liga:Uneingeschränkt verworren

Türkgücü München gibt für den Lizenzerhalt Würzburg als Hauptspielort an - eine Notlösung. Geschäftsführer Max Kothny hat "keine Ahnung, wie das in der Praxis laufen wird".

Von Christoph Leischwitz

"Es ist amtlich!" So beginnt die Pressemitteilung von Türkgücü München, die am Montag um Punkt 11 Uhr, zum Ende der Sperrfrist, verschickt wurde. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat dem Münchner Verein die Lizenz für die dritte Liga zugesagt, Geschäftsführer Max Kothny sagte, er sei nun "unglaublich erleichtert". Über Monate hinweg hatte der Verein sich bemüht, die formalen Anforderungen des Verbandes erfüllen zu können. Das Hauptproblem war der Nachweis, dass eine Spielstätte uneingeschränkt zur Verfügung steht, so will es das Statut. Weil dies in München nicht gegeben war, hatte Türkgücü in Würzburg und, sehr kurzfristig, in Burghausen angefragt. "Türkgücü München hat als uneingeschränkt verfügbare Spielstätte für seine Heimspiele in der 3. Liga die Flyeralarm Arena in Würzburg gemeldet", heißt es in der Erklärung des DFB.

Selbst in Burghausen, wo die Stadt Besitzer des Stadions ist, könnte aber Türkgücü noch spielen, hieß es auf SZ-Anfrage aus dem Bürgermeisterbüro: Es sei alles in trockenen Tüchern, ein unterschriftsreifer Vertrag liege vor. Offenbar habe der DFB nur deshalb Würzburg für die Pressemitteilung gewählt, weil man sich dort strikt an die Reihenfolge der Stadien hielt, die angegeben waren - und eines einfach wegließ.

Die Mannschaft, so erklärte der DFB, wolle und könne aber auch im Münchner Olympiastadion und im Stadion an der Grünwalder Straße die Heimspiele austragen. Wie oft Türkgücü letztlich im Olympiastadion spielen wird, hängt von vielen Faktoren ab. Auch Kothny sagt, er habe noch "überhaupt keine Ahnung, wie das Ganze jetzt in der Praxis laufen wird". Zum einen müssen im Olympiastadion noch Vorgaben erfüllt werden. Dabei geht es unter anderem um ausreichendes Flutlicht, weil die bestehenden, denkmalgeschützten Flutlichtanlagen nicht mehr den Anforderungen für TV-Übertragungen genügen. Außerdem gibt es keine Rasenheizung, sodass das Spielfeld im Winter oft nicht bespielbar sein könnte. Und offen ist ja auch noch, ob und wie eine Open-Air-Saison den Spielplan Türkgücüs beeinträchtigt.

Dass das offizielle Hauptstadion in Würzburg nur eine Notlösung ist, daraus macht niemand einen Hehl. Von den Würzburger Kickers heißt es, dass die Arena ohnehin "nur im Notfall" benötigt werde. Zudem taugt das Stadion in Unterfranken womöglich auch nur für ein Jahr als Ausweich-Spielstätte: Die Kickers haben für den durchaus wahrscheinlichen Fall des Aufstiegs in die zweite Liga eine Sondergenehmigung erhalten - ein Jahr später müssten sie aber das Stadion umbauen.

In den vergangenen Monaten hatte der DFB immer wieder verlautbaren lassen, dass man keine improvisierten Lösungen wünscht: Zwei Stadien für einen Verein seien schon schwer zu akzeptieren, drei Stadien gar nicht. Weil dies aber nicht explizit im Statut steht, hat man sich in Frankfurt nun erweichen lassen, eine sehr pragmatische Lösung angeboten und lediglich darauf gepocht, eine Hauptspielstätte angegeben zu bekommen. "Deshalb sind wir jetzt umso glücklicher, dass es klappt", sagt Kothny dazu.

Nachdem der Verband dem Aufsteiger nun schon sehr entgegengekommen ist, könnte auch noch der letzte Tabubruch erfolgen: dass drei Mannschaften in einem Stadion spielen dürfen. Türkgücü würde nämlich gerne zwölf Partien im Grünwalder Stadion austragen, wo der TSV 1860 und Bayern II beheimatet sind. Vertraglich zugesichert ist ihnen von der Stadt jedenfalls das Dutzend Partien. Ehe die Drittliga-Saison voraussichtlich im September beginnt, werden die Terminplaner des DFB jedenfalls viel Arbeit mit den Ansetzungen haben.

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SZ vom 30.06.2020
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