Dressurreiten:Bündnis aus Aubenhausen

Pilisjaszfalu - FEI Youth Dressage EUROPEAN CHAMPIONSHIPS 2020, NETZ Raphael (GER), Lacoste 126 U25 FEI Grand Prix Free

Erfolgreicher Auftritt bei der EM: Raphael Netz übernahm vor Jahren den Hannoveranerwallach Lacoste und übernahm dann seine Ausbildung.

(Foto: Stefan Lafrentz/Imago)

Der Erfolg von Raphael Netz hat maßgeblich mit einem Gestüt in Bayern zu tun.

Von Katalina Farkas

Wer in der Dressur um die großen Preise reiten will, der braucht nicht nur Talent, sondern auch den richtigen Partner: ein Pferd, das ihn durch die schwierigsten Prüfungen tragen kann. Dass Raphael Netz einen solchen Partner gefunden hat, mit dem er in der vergangenen Woche eine Einzel-Bronzemedaille bei den U25-Europameisterschaften im ungarischen Pilisjászfalu einheimste und Mannschaftssilber gewann, verdankt er allerdings nicht nur seinen reiterlichen Fähigkeiten - sondern auch seinem Instagram-Profil.

Über jenes stolpert vor vier Jahren eine Reiterin, die zwar leistungstechnisch bereits etwas arrivierter, dafür aber ebenso umtriebig in den sozialen Netzwerken ist: Jessica von Bredow-Werndl. Die Weltranglisten- und Olympiareiterin schaut sich Videos des damals 17-Jährigen an, erkennt sein Potenzial - und bietet ihm eine Stelle an. Netz soll Bereiter in ihrem Dressurstall in Aubenhausen werden, den sie gemeinsam mit ihrem Bruder Benjamin Werndl betreibt. "Aubenhausen ist einer der besten Ställe der Welt, da habe ich natürlich nicht lange gezögert. Ich bin spontan für ein paar Tage nach Aubenhausen gefahren, und die Chemie zwischen mir und den beiden hat sofort gestimmt."

Netz nimmt das Angebot an. Und findet sich wenige Wochen später nicht nur in Bayern wieder, sondern auch auf dem Rücken eines neues Pferdes: Lacoste, jenem Partner, der ihn jetzt so souverän durch die Prüfungen in Ungarn gebracht hat. Der fuchsfarbene Hannoveranerwallach gehört der Familie Werndl, Raphael Netz soll mit ihm gemeinsam lernen. "Als ich ihn übernommen habe, war Lacoste acht Jahre alt und konnte fliegende Wechsel gehen." Die sind eine Grundlage für eine Dressurkarriere, ansonsten aber eher vergleichbar mit einem Hocksprung über den kleinen Kasten im Sportunterricht der fünften Klasse und noch nichts, womit man internationale Prüfungen gewinnen könnte.

2018 erhält er in Riem das goldene Reitabzeichen

Netz arbeitet täglich mit dem Hannoveranerwallach, bildet ihn weiter bis auf Grand-Prix-Niveau, bis zum "Studienabschluss, wenn man so will. Mit Master." 2018 erhält er in Riem das goldene Reitabzeichen, die Eintrittskarte in den großen Sport, die nur wenige Reiter schon so jung vorweisen können. Im Jahr darauf wird Netz nicht nur in den U21-Kader, sondern auch in den U25-Kader berufen, und gewinnt bei den U25-Europameisterschaften 2019 die Team-Goldmedaille. Und nun, im Jahr 2020, neben Team-Silber auch Einzel-Bronze: für den 21-Jährigen eine ganz besondere Ehre.

"Wir haben in drei Prüfungen jeweils drei persönliche Bestleistungen abgerufen: in der Teamwertung, dem Einzel und der Kür. Da bin ich wirklich sehr stolz drauf. Mein Ziel war es, mich für die Kür zu qualifizieren, und das haben wir geschafft. Mit einer Einzelmedaille um den Hals zurückzukommen, davon habe ich nicht einmal zu träumen gewagt. Ich bin einfach nur unheimlich dankbar," erzählt er am Telefon. In der abschließenden Kür unterlaufen ihm einige technische Fehler, die ihn ein paar Punkte und letztlich auch den Platz auf dem Podest kosten. Das ärgert Netz aber auch im Nachhinein wenig. "Wir sind ja keine Maschinen. Lacoste und ich haben alles gegeben, und ich bin sehr zufrieden mit unseren Leistungen." Deswegen darf Lacoste nun auch erst einmal in den wohlverdienten Weideurlaub, für Netz hingegen geht es direkt weiter. Nach zwei weiteren Etappen des Piaff-Förderpreises, der größten deutschen Dressurserie für Nachwuchsreiter, steht in vier Wochen auch noch die deutsche Jugendmeisterschaft der U21-Reiter an, dann jedoch mit einem anderen Partner. Eine willkommene Abwechslung nach einer von Turnierausfällen geprägten Saison.

Netz weiß, dass er seine Karriere auch seinen Förderern zu verdanken hat, den Werndl-Geschwistern. "Es ist ein absolutes Privileg, bei ihnen in Aubenhausen zu reiten und meine Pferde dort ausbilden zu dürfen. Wir arbeiten sehr eng zusammen, sind fast immer zusammen auf dem Platz oder in der Halle, ich lerne also jeden Tag dazu." Er ist sich aber sicher: "Meine Karriere hat nicht erst in Aubenhausen begonnen. Auch wenn sie seitdem vielleicht an Fahrt aufgenommen hat. Den Grundstein habe ich bereits vor über zehn Jahren gelegt." Dass Netz seine Zukunft im Reitsport sieht, war ihm damals schon klar. "Ich wusste immer, dass das Reiten meine Berufung ist. Und das sage ich ganz bewusst - nicht mein Beruf, sondern meine Berufung. Ich arbeite unheimlich gerne mit Pferden, bilde sie gerne aus, gebe Unterricht." Deshalb habe er die Entscheidung, nach Bayern zu ziehen, "auch noch keine Sekunde bereut."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: