DressurreitenMutter und Tochter im Sattel von Vater und Sohn

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Ein Team für die Zukunft: Noraya Reichert und ihr vierbeinigen Partner Springdance bei ihrem Achtungserfolg.
Ein Team für die Zukunft: Noraya Reichert und ihr vierbeinigen Partner Springdance bei ihrem Achtungserfolg. (Foto: Josephine Carstens, Revive Moments/oh)
  • Yara und Noraya Reichert gewinnen bei den bayerischen Dressurmeisterschaften jeweils Silber, wobei ihre Pferde Springbank und Springdance Vater und Sohn sind.
  • Die 15-jährige Noraya überwindet ihre Angst vor Springdance nach einem Schockerlebnis und reitet ihn erfolgreich, obwohl sie die Prüfungen kaum üben konnte.
  • Yara Reichert, derzeit auf Platz 75 der Weltrangliste, erreicht mit Springbank den zweiten Platz im Grand Prix und Grand Prix Special hinter Lisa Müller.
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Yara und Noraya Reichert gewinnen bei den bayerischen Meisterschaften jeweils Silber in der Dressur. Auch ihre Pferde Springdance und Springbank sind ein Familiengespann.

Von Sabine Neumann

„Bieni hat gewonnen. Es war so eine schöne Vorstellung.“ Die Freude von Yara Reichert über den Sieg ihrer Tochter in der finalen der drei Junioren-Prüfungen bei der bayerischen Meisterschaft im Dressurreiten war größer als die über ihren eigenen zweiten Platz im Grand Prix Special. Am Ende gab es für Mutter und Tochter jeweils eine Silbermedaille. Dass ihre vierbeinigen Partner, Springbank II VH und Springdance, Vater und Sohn sind, machte das Glück perfekt. Dieser Doppelerfolg eines Familiengespanns ist einmalig in der Geschichte des bayerischen Reitsports – und er kam völlig unerwartet.

Noraya Reichert, auch Bieni genannt, wollte Springdance nämlich gar nicht reiten. Bei der Kadersichtung auf der Olympiareitanlage im Februar war der bis dahin als brav geltende Sechsjährige plötzlich so hochgestiegen, dass die Gefahr bestand, er würde umfallen und Noraya unter sich begraben. Nach dem Schockerlebnis wurde der gekörte (zuchttaugliche) Hengst kastriert, denn mit sinkendem Testosteronspiegel werden die Pferde in aller Regel ruhiger und umgänglicher. Nach der Genesung übernahm Alexander Kömpf den Beritt des Wallachs. Er stellte „Baby“, so sein Stallname, auch auf Turnieren vor. Zuletzt war der Dunkelbraune beim internationalen Pfingstturnier im Wiesbadener Schlosspark Erster und Zweiter geworden.

Noraya Reichert indes hatte das Vertrauen zu diesem Pferd gänzlich verloren. Sie ritt ihre beiden Ponys und zwei Stuten. Doch die beiden Pferdedamen laborierten kurz vor den bayerischen Meisterschaften plötzlich an einem dicken Bein. „Es gab nur zwei Möglichkeiten, entweder Noraya reitet gar nicht oder sie reitet Baby“, berichtete Mutter Yara Reichert. Die 15-Jährige überwand ihre Furcht und gab „Baby“ eine zweite Chance. Nur einmal konnte sie die Aufgabe für den ersten Tag durchreiten, die Aufgaben für den zweiten und dritten Tag gar nicht.

Jeden Tag stand die 15-Jährige um fünf Uhr morgens auf und betüdelte ihren Partner. So entstand Vertrauen.

Springdance wird gespürt haben, dass es um etwas Besonderes ging. Transport, ein fremder Stall, Turnieratmosphäre und ein anderer Tagesrhythmus sind für junge Pferde ungewohnt. Außerdem verlangte man plötzlich etwas anderes von ihm als in den vergangenen Monaten. Da hatte er den Fliegenden Galoppwechsel gelernt, die Schlüssellektion in Prüfungen der Klasse M. Doch Junioren der Altersklasse U16, wie eben Noraya Reichert, reiten auf L-Niveau, also eine Klasse tiefer. Hier ist die Schlüssellektion der Außen- oder Kontergalopp, sozusagen der „falsche“ Galopp. So etwas kann ein erst sechsjähriges Pferd verwirren. Doch Springdance meisterte seine neue Aufgabe mit Bravour. Das rund 700 Kilogramm schwere Pferd ließ sich von einem Fliegengewicht mit 45 Kilo durch die ungewohnte Prüfung reiten.

Und in jeder Vorstellung steigerte sich das Paar. „Ich habe mich immer sicherer auf Baby gefühlt und mich noch mehr zu reiten getraut“, erzählte Noraya glücklich. Ihre Mutter wünschte sich schon lange, dass die beiden zueinanderfinden. „Mit Baby hat sie ein Pferd für die Zukunft“, ist Reichert überzeugt. Natürlich entsteht eine besondere Verbindung nicht nur übers Reiten. Jeden Tag stand die 15-Jährige um fünf Uhr morgens auf, versorgte, putzte und ritt ihre beiden Ponys und Springdance, ging mit ihnen Spazieren und zum Grasen, um den fehlenden Weidegang zu kompensieren, und betüdelte ihre Vierbeiner.

„Babys“ Vater Springbank II VH kam siebenjährig in Reicherts privaten Stall in der Nähe von Landshut. Nach ihren Worten ist er ebenso wie seine Nachkommen „ein Pferd, das alles für seinen Reiter tut“. Der in Schweden gezogene, ganggewaltige, gekörte Fuchshengst sorgte früh mit seinem imposanten Auftreten für Aufsehen und ist im Stall der unangefochtene Boss. „Er ist wie eine Naturgewalt, ein Alphatier. Trotzdem hört er mir zu“, charakterisiert Reichert ihre „ganz große Liebe“.

Wie der Vater so der Sohn: Springdance (li.) ist der Filius von Hengst Springbank II VH.
Wie der Vater so der Sohn: Springdance (li.) ist der Filius von Hengst Springbank II VH. (Foto: Josephine Carstens/Revive Moments/oh)

Das Duo hat sich – nicht zuletzt dank sehr guter Trainer – vom Jungpferde-S-Niveau bis zum Grand-Prix-Niveau weiterentwickelt. Im vergangenen Jahr gelang Reichert der Sprung bis auf internationales Fünf-Sterne-Niveau. Derzeit liegt die 55-Jährige auf Platz 75 der Weltrangliste. Bei den bayerischen Meisterschaften ritt sie zum ersten Mal beide Prüfungen, den Grand Prix und den Grand Prix Special, und wurde jeweils Zweite. Lisa Müller, 56. der Weltrangliste und Gattin von Fußballprofi Thomas Müller, verteidigte mit dem erst zehnjährigen Mondrian erfolgreich ihren Titel vom Vorjahr. „Ich habe diesmal auf das junge Pferd gesetzt, weil ihm alles so leichtfällt. Jetzt bekommt er eine längere Pause“, sagte die 36-Jährige strahlend.

Auch der elfjährige Springbank wird eine längere Turnierpause haben. Anfang August stellt Reichert ihr siebenjähriges Nachwuchspferd Skyline to B bei den Weltmeisterschaften der Jungen Dressurpferde in Verden vor. Vor vier Jahren begann die gemeinsame Karriere mit Springbank auf genau diesem Championat.

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