Leon Draisaitl in der NHL:Der Eishockey-Nowitzki

Bundestrainer hofft auf WM-Teilnahme von Draisaitl

Edmontons Leon Draisaitl glänzt in der NHL.

(Foto: dpa)
  • Eishockeyprofi Leon Draisaitl legt in Nordamerika in der NHL eine großartige Saison hin.
  • Der gebürtige Kölner ist sogar zweitbester Torschütze der besten Eishockeyliga der Welt.
  • Sein Werdegang in Amerika erinnert an Dirk Nowitzki.

Von Johannes Kirchmeier

Da war Saisontor Nummer 40: Von der rechten Seite schlenzte Leon Draisaitl den Puck nach einem Doppelpass mit Connor McDavid in Columbus ins Tor. Da war Nummer 41, sein momentan letztes Tor: eine Direktabnahme in Buffalo in Unterzahl. Und da war die Nummer 39: "So eines erlebe auch ich nicht oft", sagt Draisaitl. Tief aus der eigenen Zone rannte er in Toronto im Powerplay an, trickste auf dem Weg zum Gehäuse vier Gegenspieler aus, scheiterte erst am Torwart, wischte jedoch den Abstauber über die Linie. "Es war eines der schönsten Tore, die ich geschossen habe", sagt Draisaitl Tage später beim Interview in sein Smartphone.

Ein wenig euphorisch klingt er immer noch. "Aber ich bin keiner, der sich selbst auf die Schulter klopft." Das tun andere, sein Trainer Ken Hitchcock zum Beispiel, der über Draisaitl sagt: "Er ist ein Teufelskerl." 13 Spiele reiht der Stürmer der Edmonton Oilers nun schon aneinander, in denen er an mindestens einem Treffer beteiligt war, ein persönlicher Rekord für den 23-Jährigen, der in Köln geboren wurde. In dieser Saison hat er in der stärksten Eishockey-Profiliga NHL schon 14 Spiele vor Ende der Hauptrunde so viele Tore geschossen und Scorerpunkte erwirtschaftet wie kein Deutscher vor ihm: 41 Treffer, 45 Vorlagen.

Als erster Deutscher seit Olaf Kölzig im Jahr 2000 durfte er im Januar am All-Star-Wochenende teilnehmen und sicherte sich gleich den Sieg im Wettbewerb der besten Passgeber. In seiner fünften NHL-Saison hat sich Draisaitl ganz oben etabliert. Just während sich die Laufbahn des Basketballers Dirk Nowitzki, 40, ihrem Finale zuneigt, steigt also ein neuer deutscher Ausnahmekönner im nordamerikanischen Profisport empor.

Wenngleich Draisaitls persönlicher Erfolg derzeit nicht mit der Bilanz seiner Mannschaft korrespondiert. Trotz einer Serie von vier Siegen liegen die Oilers noch immer vier Siege hinter den Playoff-Rängen. Diesen Rückstand in einen Vorsprung zu wandeln, ist Draisaitls großes Ziel. Über eine WM-Teilnahme im Mai in der Slowakei will er deshalb erst entscheiden, wenn klar ist, wie die NHL-Saison endet.

Draisaitls 41 Tore sind der zweitstärkste Wert der Liga, nur Alexander ("der Große") Owetschkin traf häufiger (46). Der Russe von den Washington Capitals hat die Maurice-Richard-Trophäe für die meisten Treffer abonniert, er gewann sie fünfmal in den letzten sechs Jahren (nur Sidney Crosby von den Pittsburgh Penguins war 2017 noch erfolgreicher). In dieser Saison wird es nun eng für Owetschkin, obwohl Draisaitl behauptet: "Der geborene Torschütze war ich noch nie."

Er knallt gerne drauf

Gute Hände, wie man es im Eishockey nennt, wenn ein Spieler mit Schläger und Puck umgehen kann, hatte Draisaitl, das Auge für den richtigen Pass auch. Doch mit den Abschlüssen haperte es lange beim Sohn des einstigen Nationalspielers Peter Draisaitl. Bis zu dieser Saison: "Ich habe im Sommer ein bisschen was Neues ausprobiert, ich habe viel gearbeitet." Besonders Direktabnahmen versteht er aus jeder Position aufs Ziel zu knallen wie nur wenige andere. 21,6 Prozent seiner Schüsse landen im Netz, ein Spitzenwert. Vor einem Jahr waren es 12,9 Prozent. "Er hat sein Spiel auf ein anderes Niveau gehoben", findet Hitchcock.

Trockenübungen und Tüfteln am Schuss im Sommer daheim in Köln? Da landet man wieder bei Nowitzki, der einst dank der Einheiten mit Holger Geschwindner, seinem Mentor, den Wurf in Würzburg perfektionierte. Den Vergleich mit dem Basketballer kennt Draisaitl, seit ihn die Oilers 2014 beim Draft, der jährlichen Mustermesse für Talente, an Nummer drei auswählten und die Zeitungen vom "Eishockey-Nowitzki" schrieben. "Ich vergleiche mich da ungern", sagt Draisaitl: "Dirk Nowitzki ist eine Legende. Was er erreicht hat, ist schwer im Eishockey zu erreichen."

Doch seine junge Karriere weist erste Parallelen zu der von Nowitzki auf. So wie die Nordamerikaner nicht mit einem Top-Basketballer aus der Fußballnation Deutschland rechneten, überrascht jetzt der Aufstieg Draisaitls. Wie Nowitzki wurde Draisaitl bei den schweren Jungs anfangs für zu leicht befunden, er wurde in die Juniorenliga und ins Farmteam versetzt. Doch beide, nächste Parallele, entwickelten sich an der Seite eines Kanadiers. Nowitzki brillierte zunächst gemeinsam mit Steve Nash in Dallas. Draisaitl überzeugt neben Ausnahmestürmer McDavid, 22, der in dieser Saison schon 94 Scorerpunkte auf dem Konto hat.

Edmonton hat das Duo langfristig gebunden, Draisaitl verdient 8,5 Millionen Dollar pro Jahr bis 2025, McDavid 12,5 Millionen bis 2026. Während die Offensive fleißig punktet, geht es im Kampf um die Playoffs nun darum, defensiv stabiler zu werden: Die Oilers stellen die zweitschwächste Verteidigung der Western Conference. Auch Draisaitl müsse sich defensiv verbessern, finden Kritiker. Der neue Torjäger weiß also, woran er im Sommer daheim in Köln arbeiten könnte.

Zur SZ-Startseite
Die Deutsche Eishockey-Nationalmannschaft im Olympia-Finale 2018

Deutsche Eishockey Liga
:"Viele Talente fliehen"

Vor dem Start der DEL-Saison ist das Bild des deutschen Eishockeys noch durch die Silbermedaille bei Olympia geprägt. Doch DEB-Sportdirektor Stefan Schaidnagel sagt: So ein Erfolg kann Augenwischerei sein.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: