Vizepräsident des DOSB:Eine Ohrfeige mit Ansage

Vizepräsident des DOSB: DOSB-Präsident Thomas Weikert bei der Mitgliederversammlung in Weimar im Dezember.

DOSB-Präsident Thomas Weikert bei der Mitgliederversammlung in Weimar im Dezember.

(Foto: Michael Reichel/dpa)

Ein ungesehener und erstaunlicher Vorgang: Die Bundesregierung verbietet CSU-Politiker Stephan Mayer vorerst, als DOSB-Vize tätig zu sein. Verbandsboss Thomas Weikert könnte davon profitieren.

Kommentar von Johannes Aumüller

Nahezu das komplette Führungspersonal hat der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) seit dem unrühmlichen Ende der Amtszeit von Alfons Hörmann ausgetauscht. An der Spitze steht seit einem Monat der frühere Tischtennis-Funktionär Thomas Weikert, ins Präsidium kamen durchweg Neueinsteiger, und Vorstandschef wird bald Torsten Burmester, ehedem persönlicher Referent von Bundeskanzler Gerhard Schröder und zuletzt Geschäftsführer des Behindertensportverbandes.

Aber Ruhe ums Personal kehrt nicht ein, im Gegenteil. Nun hat die Bundesregierung dem zum DOSB-Vize gewählten CSU-Politiker Stephan Mayer untersagt, das neue Amt auszuüben - zumindest in den nächsten zwölf Monaten. Das ist ein Vorgang, den es in der Sportpolitik so noch nie gab und der aus diversen Gründen erstaunlich ist.

Denn es war eine Ohrfeige mit Ansage: Mayer war von 2018 bis zum Regierungswechsel im Dezember Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium - und damit auch für den Sport zuständig. So rasch die sportpolitischen Seiten zu wechseln, ist unter Good-Governance-Gesichtspunkten nicht angemessen. Und es ist kaum verwunderlich, dass die neue Bundesregierung, die frisch ausgeschiedenen Staatssekretären für neue Aufgaben eine Erlaubnis erteilen muss, Mayer nach einer Empfehlung des zuständigen Gremiums eine Abkühlphase verordnete.

Der nun entstandene Schwebezustand dürfte dem Sport noch manchen Ärger bereiten

Umso erstaunlicher wirkt es daher, dass die deutsche Sportfamilie Mayer im Dezember überhaupt ins Vizepräsidenten-Amt wählte. Dass der Politiker selbst davon ausging, die Erlaubnis zu bekommen. Und dass sich mancher Funktionär hinter den Kulissen für ihn ins Zeug legte, insbesondere der Trupp der Ballsportvertreter um den Basketball-Präsidenten Ingo Weiss und den sportpolitisch allgegenwärtigen Strippenzieher Rainer Koch, den Interimspräsidenten des Deutschen Fußball-Bundes.

Vizepräsident des DOSB: Stephan Mayer (CSU) wartet während einer Konferenz der Mitgliedsverbände des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) vor dem Saal. Seine Kandidatur für das Amt des DOSB-Präsidenten zog er zurück, nun darf er vorerst nicht Vizepräsident werden.

Stephan Mayer (CSU) wartet während einer Konferenz der Mitgliedsverbände des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) vor dem Saal. Seine Kandidatur für das Amt des DOSB-Präsidenten zog er zurück, nun darf er vorerst nicht Vizepräsident werden.

(Foto: Marius Becker/dpa)

Nun ist ein schräger Schwebezustand entstanden, der dem Sport noch manchen Ärger bereiten dürfte. Ein Jahr lang so zu tun, als gehöre Mayer nicht zum Präsidium - wie soll das funktionieren? Aber so peinlich der ganze Vorgang ist, so sehr könnte der neue DOSB-Präsident Weikert davon auch profitieren.

Anders als die meisten anderen neuen Präsidialen war Mayer nicht Teil des Teams, mit dem Weikert vor der Wahl warb - vielmehr war der CSU-Mann einige Tage lang sogar sein Gegenkandidat für den Chefposten, ehe er zurückzog. Im neuen Präsidium wäre Mayer qua seines Auftretens und seiner Kontakte inoffiziell so etwas wie erster Vizepräsident gewesen. Nun sortiert sich das Präsidium anders, und wenn die Karenzzeit in einem Jahr abläuft, steht ohnehin schon die Neuwahl des Gremiums an. Sollte sich Mayer vorher komplett zurückziehen, dürfte sich gemäß Satzung das DOSB-Präsidium selbst aussuchen, wen es an seiner Stelle beruft. So könnte sich Weikert auf Umwegen ein Präsidium komplett nach seinem Geschmack basteln.

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