Süddeutsche Zeitung

DOSB-Präsident Alfons Hörmann:Ärger mit den Biberschwänzen

Es sind unglückliche Tage für den frisch gewählten DOSB-Präsidenten Alfons Hörmann. Das Bundesinnenministerium will kein Geld zuschießen, der Bundespräsident boykottiert die Olympischen Spielen, Hörmann selbst droht ein Verfahren. Der Präsident gibt sich gelassen.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner

Es sind bittere Tage für Alfons Hörmann. Am Samstag wurde der Allgäuer Unternehmer zum Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) gewählt, zur Feier des Tages gab ihm das Bundesinnenministerium einen Korb: Es werden keine zusätzlichen Mittel in den Sport fließen.

Am Sonntag dann erklärte Bundespräsident Joachim Gauck, dass er die Winterspiele im russischen Sotschi nicht besuchen werde, was Hörmann am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin zu der zerknirschten Erkenntnis brachte, dass es "aus heutiger Sicht sicherlich viele kritikwürdige Punkte an der Vergabe nach Sotschi" gäbe.

Zu dem Zeitpunkt baute sich bereits die nächste Krisenkonstellation um den neuen Hoffnungsträger des deutschen Sports auf. Hörmann holt seine berufliche Vergangenheit ein, ihm droht nun ein Gerichtsprozess wegen des Vorwurfs illegaler Preisabsprachen in der Baubranche.

Der SZ sagte am Dienstag ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft, die Behörde habe die 2008 vom Bundeskartellamt erhobenen Vorwürfe "geprüft und uns zu eigen gemacht". Diese Vorwürfe richten sich gegen Firmen und Personen aus der Dachziegelbranche, die nach Überzeugung der Behörden "wettbewerbsbeschränkende Absprachen" getroffen hatten. Der Entschluss der Staatsanwaltschaft hat die Eröffnung eines Verfahrens vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf zur Folge.

Erstmals bestätigte die Staatsanwaltschaft nun auch, dass Hörmann, seinerzeit Vorstandsvorsitzender des in den Fall involvierten Tondachziegel-Herstellers Creaton, persönlich ein Betroffener im Verfahren ist. Bisher hatte die Behörde dies nicht explizit geäußert. Auch der deutsche Sport hatte dies bisher auf konkrete Anfrage vermieden, zugleich aber in einer Pressemitteilung eine solche Interpretation nahegelegt.

Hörmann hatte das DOSB-Präsidium, so hieß es vergangene Woche, detailliert zum Sachverhalt informiert. Sein Bericht wurde dem Compliance-Beauftragten Jürgen Thumann zur Prüfung vorgelegt. Der Arbeitgeber-Funktionär befand, dass ein Bußgeldverfahren Hörmanns Berufung ins DOSB-Amt nicht beeinträchtige.

Hörmann habe Thumann "ausführlich schriftlich und mündlich über den Vorgang informiert", hatte der DOSB dazu in der vergangenen Woche mitgeteilt. Warum Hörmanns persönliche Rolle nicht schon vor der DOSB-Kür klarer dargelegt wurde, erklärte DOSB-Sprecher Christian Klaue am Dienstag so: "Weil es nicht unsere Aufgabe ist, Details aus einem laufenden Verfahren bekannt zu geben."

Laut Generalstaatsanwaltschaft könnte eine Geldbuße, sofern das OLG eine verhängt, bis zu eine Million Euro betragen - und zwar "pro Tat", wie der Sprecher ausführte. Das hieße formal, es könnte insgesamt um eine Dimension von bis zu zwei Millionen Euro gehen: Den konkret wird Hörmann in diesem Verfahren die Teilnahme an zwei Absprachen angelastet.

Das bestätigt auch der behördliche Fallbericht zur Dachziegel-Branche (Aktz. B1-200/06). Hier geht es einmal um eine Preisabsprache auf dem Markt für Tondachziegel: Diverse Firmen der Branche hatten nach Auffassung des Kartellamtes bei einem Verbandstreffen im Sommer 2006 einen "Energiekostenzuschlag" beschlossen.

Zudem geht es aber auch um Absprachen auf dem Markt mit Biberschwanzziegeln, die früher stattgefunden haben sollen. Im Bericht heißt es: "Zuvor hatten sich bereits im Frühjahr Creaton (. . .) über eine massive Preiserhöhung bei Biberschwanzziegeln, einem speziellen Segment der Tonziegelbranche, verständigt."

Auf SZ-Anfrage, ob ihm eine Verwicklung von Alfons Hörmann in zwei Preisabsprachen bekannt sei, sagte DOSB-Generaldirektor Michael Vesper am Dienstag: "Ich wüsste nicht, dass es zwei Vorgänge auf die Person Hörmann bezogen gibt". Er sei bisher stets "von einem Vorgang Hörmann und einem Vorgang Creaton" ausgegangen. Zugleich bestätigte Vesper, dass er die Erklärung Hörmanns an den DOSB gelesen habe.

Das Bundeskartellamt hatte Ende 2008 eine Strafe über insgesamt 188 Millionen Euro verhängt; ursprünglich richtete sich dieses Verfahren gegen neun juristische und zwölf natürliche Personen. Für Hörmann selbst hatte das Amt wegen der beiden Absprachen ein Bußgeld von insgesamt 150 000 Euro verhängt. Gegen seine damalige Firma Creaton wurden 66 Millionen Euro veranschlagt; das war der dickste Brocken. Hörmann bestreitet, sich bei Creaton an Preisabsprachen beteiligt zu haben.

"Ich habe seit fünf Jahren vom Verfahren nichts mehr gehört und hoffe, auch nichts mehr zu hören", hatte er noch vergangene Woche öffentlich erklärt. Zugleich hatte auch DOSB-Funktionär Rainer Brechtken, Sprecher der Spitzenverbände, mitgeteilt, Hörmann vertrete die "klare Position, dass er nicht beteiligt war an irgendwelchen Absprachen".

Vor dem OLG, wo am Montag die Verfahrens-Akten eintrafen, geht es neben Hörmann und Creaton noch um jeweils eine natürliche und eine juristische Person. Laut einer Sprecherin sei im Frühjahr mit einer mündlichen Verhandlung zu rechnen.

"Durch die Aktenabgabe an das OLG hat sich in der Sache des Ordnungswidrigkeitenverfahrens nichts geändert", teilte Hörmann am Dienstag mit. "Unabhängige Prüfungen der Faktenlage durch den Deutschen Skiverband 2008" sowie von Thumann hätten ergeben, "dass keinerlei Auswirkungen auf die Ausübung von haupt- oder ehrenamtlichen Spitzenpositionen zu erwarten sind".

Die DOSB-Mitglieder hätten ihn "in Kenntnis dieser Faktenlage mit einem klaren und aussagekräftigen Votum gewählt". Er werde das anlaufende Verfahren so "bearbeiten, dass eine ordnungsgemäße Ausübung des Amtes im DOSB gesichert ist". Sein Anwalt ergänzte im Hinblick auf die formale Dimension eines möglichen Bußgeldes, es sei "völlig fernliegend, dass das OLG (...) den gesetzlichen Bußgeldrahmen ausschöpfen könnte".

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1840544
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 11.12.2013/fued
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.