Dortmunder 1:0 gegen Gladbach:Kramer beschenkt den BVB aus 45 Metern

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Welch ein Unglück: Christoph Kramer traf aus beträchtlicher Distanz ins eigene Tor. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Borussia Dortmund schnauft tief durch: Jürgen Klopps Elf spielt gegen Gladbach wie ein Spitzenteam - benötigt zum 1:0-Sieg aber ein kurioses Eigentor. Weltmeister Christoph Kramer dürfte diesen Abend nicht so bald vergessen.

Es war also tatsächlich passiert. Am Samstagabend. Bremen gewann, Freiburg gewann - und Borussia Dortmund war: Tabellenletzter. Der Irrsinn war gewissermaßen perfekt. Nicht, dass sich die Mannschaft von Jürgen Klopp als Tabellenvorletzter bisher besonders wohl gefühlt hätte. Aber das erneute Abrutschen war doch sinnbildlich dafür, wo die Schwarz-Gelben nun angekommen waren: ganz unten.

Und dann kam einen Tag später auch noch die andere Borussia zum Punktspiel nach Dortmund, die aus Mönchengladbach. In dieser Saison noch unbesiegt. Bayern-Jäger - auch wenn sie das in Gladbach natürlich nicht zugeben.

Dortmund musste gewinnen, um nicht auch die kommenden zwei Wochen ganz unten und damit weiter im Zustand des Irrsinns zu verbringen: in der Champions League unter den ersten 16 Teams Europas - aber nicht unter den ersten 16 der Bundesliga? Das Gute, das Beruhigende war: Gleich in den ersten Minuten machten die Dortmunder klar, dass sie auch jetzt nicht auftreten würden wie ein Tabellenletzter.

Nach einer guten Minute schon hatte sich Marco Reus auf der linken Seite durchgesetzt - sein flacher Schuss strich um Haaresbreite am Pfosten des Gladbacher Tores vorbei. Nach acht Minuten kam erneut Reus nach einer Flanke von Henrikh Mkhitaryan zum Abschluss. Doch Gladbachs Torwart Yann Sommer lenkte den Ball mit einem grandiosen Reflex an den Pfosten.

Das Beunruhigende war: So hatten die inzwischen sieben Dortmunder Niederlagen in dieser Saison eigentlich meistens ausgesehen. Dortmunder Großchancen, die nie, nie, nie reingehen - was wiederum dazu führte, dass die BVB-Spieler im Laufe der Partie dermaßen den Glauben an sich verloren, dass sie auch weiterhin vorbei schossen.

Doch diesmal gewannen die Dortmunder, nach zuvor fünf Niederlagen in Serie, tatsächlich mal wieder, 1:0 (0:0). "Ich hatte das schon so lange nicht mehr, dass ich kaum Worte dafür finde", sagte Klopp; die Erlösung war mit Händen zu greifen. Nötig war dafür allerdings eines der kuriosesten Eigentore der Liga- Geschichte. Weltmeister Christoph Kramer wollte den Ball unbedrängt zurück zu Sommer spielen, chippte ihn aber über seinen Keeper hinweg ins Tor (58.). So kurios, so verdient: Eine dermaßen dominante, auch spielerisch überzeugende Leistung wie nun gegen Gladbach war den Dortmundern in dieser Saison nämlich noch nicht gelungen; auch nicht beim FC Bayern vor einer Woche. "Ein überragendes Spiel", sagte Klopp. Die Gladbacher kamen schlicht nicht dazu, Initiativen zu ergreifen, so sehr waren sie mit den Dortmunder Angriffswellen beschäftigt.

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Das Pressing der Dortmunder war konsequent wie zu besten Zeiten, auch ihr weltweit berüchtigtes Umschaltspiel brachten sie immer wieder zur Geltung. Und dass es der Plan des Trainers Lucien Favre war, den BVB-Spielern derart viel Platz zu lassen, ist auch eher unwahrscheinlich.

Doch das Versagen beim Abschluss blieb der Knackpunkt: Lukasz Piszczek verzog überhastet, nachdem er von Mkhitaryan eindrucksvoll freigespielt worden war (30.). Mkhitaryan setzte einen kunstvollen Außenrist-Schuss knapp über die Latte (37.). Und einen gut gezielten Freistoß von Pierre-Emerick Aubameyang fing wiederum Sommer ab (45.). 5:0 Ecken, 13:0 Torschüsse, das also gab es zum Tabellenletzten nach 45 Minuten zu sagen. Gladbach? Gab in der ersten Halbzeit nicht einen einzigen Torschuss ab.

Auch in der zweiten Halbzeit, vor Kramers Blackout, dominierte die Elf von Jürgen Klopp sofort wieder das Spiel: Reus, Lattenkreuz, 59. Minute. Den einzigen Wirkungstreffer der Gladbacher gab es vor der Partie - gegen die Münchner Bayern.

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Da hatte Borussia-Sportchef Max Eberl in diversen Interviews das Vorgehen von Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge im Poker um Marco Reus als "unsauber" gegeißelt: "Vertragsinhalte gibt man nicht preis", sagte Eberl, "sie haben in der Öffentlichkeit nichts zu suchen - weder die eigenen noch die eines Mitkonkurrenten." Rummenigge hatte Reus' Ausstiegsklausel beim BVB ausgeplaudert.

Warum der Nationalspieler Reus sehr begehrt ist, bewies er auch diesmal: Acht Torschüsse gab er bis zu seiner Auswechslung kurz vor Schluss ab. Mann des Spiels war aber unfreiwillig doch ein anderer. Was hat sich Christoph Kramer wohl in dieser 58. Minute gedacht? Von ihm selbst stammt lediglich die Erkenntnis: "Ich habe heute Grütze gespielt." Und außerdem die Frage: "Ich weiß nicht, ob schon mal einer ein Eigentor von weiter weg geschossen hat."

Sei's drum, die Lage bleibt irrwitzig genug: Die Dortmunder sind jetzt, ohne selbst ein Tor zu schießen, der mit Abstand beste Tabellen-Fünfzehnte der Welt.

Neun Punkte fehlen noch bis zum Champions-League-Qualifikations-Rang.

© SZ vom 10.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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